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CSD in Nürnberg unter Polizeischutz: Wie sich queeres Leben verändert hat


Bedrohungen gegen queere Community
"Es tut auch ein Stück weit weh"


Aktualisiert am 05.07.2025 - 08:28 UhrLesedauer: 3 Min.
Marcel Schneider engagiert sich seit Jahrzehnten für die queere Community.Vergrößern des Bildes
Marcel Schneider engagiert sich seit Jahrzehnten für die queere Community. (Quelle: privat/t-online)
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Marcel Schneider engagiert sich seit Jahrzehnten für queere Sichtbarkeit – auch auf dem Land. Doch die Bedrohungslage hat sich verändert.

Morddrohungen und erhöhte Sicherheitsmaßnahmen beim CSD: Queer-Aktivist Marcel Schneider spricht über neue Unsicherheiten – und alte Routinen. Und der Nürnberger Promi-Friseur erklärt, wie er die politische Stimmung erlebt und was die fränkische Szene ausmacht.

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Marcel Schneider kennt die Szene gut. Seit Jahrzehnten ist er bei CSDs auf aller Welt mit dabei. So stünden etwa spanische CSDs teils schon seit Längerem unter Polizeischutz. Aber, so sagt er: "Mittlerweile werden ja auch europaweit CSDs abgesagt – aus Sicherheitsgründen." Da mache man sich natürlich Gedanken, erzählt er im Gespräch mit t-online.

Schneider lebt seit über 30 Jahren mit seinem Mann auf einem Bauernhof im bayerischen Landkreis Roth. Beide sind politisch aktiv – er als Kreisrat für die SPD, sein Mann seit Jahrzehnten im Gemeinderat. "Wir sind auch ein öffentliches schwules Paar", sagt der 56-Jährige. Am Anfang hätten sie ihre Beziehung verheimlicht, heute seien sie "mitten in der Gesellschaft". Trotzdem bleibe ein Restrisiko.

Morddrohungen und Verunglimpfungen

Er erzählt von Morddrohungen und Verunglimpfungen, die ihn über Jahre hinweg begleiteten. "Ich habe einen kleinen Hund, wir wohnen direkt an der Rednitz – und da hieß es: 'Pass auf, du schwule Drecksau, wo du am Abend mit deinem Hund entlangläufst.'" Die Drohungen erreichten ihn per Brief, direkt in den privaten Briefkasten. Einer der Absender sei gefasst und mittlerweile verurteilt, erzählt er im Gespräch mit t-online. Das Landeskriminalamt sei eingeschaltet gewesen, weil Schneider durch sein politisches Mandat als Person des öffentlichen Lebens gilt.

"Es tut auch ein Stück weit weh"

"Es tut auch ein Stück weit weh", sagt er. "Aber man muss lernen, damit umzugehen." Verstecken wolle er sich nicht – mit einer Einschränkung: "Ich gehe tatsächlich am Abend nicht mehr mit der Bella spazieren. Das gebe ich zu. Und ich achte auch darauf, dass unsere Garage zu ist. Dass der Wintergarten verschlossen ist." Diese Rituale geben ihm "ein kleines Stück Sicherheit". Er betont, dass er kein Angsthase sei: "Ich ducke mich nicht."

Der Nürnberger Promi-Friseur bemerkt ein Umkippen der politischen Stimmung. Wenn Bundestagsmitarbeitenden untersagt werde, während der Arbeitszeit am CSD teilzunehmen, sei das mehr als eine Verwaltungsentscheidung. Oder die jüngste Diskussion um das Verbot einer Regenbogenflagge am Bundestag, die Schneider für mehr als bedenklich hält. "Und dann heißt es: Braucht’s das überhaupt noch, diesen CSD?" Für Schneider ist die Antwort klar: "Natürlich brauchen wir einen CSD. Gerade jetzt."

"Ihr seid ja das normalste Paar"

Trotz aller Fortschritte spürt Schneider: Viele Menschen haben weiterhin stereotype Vorstellungen. "Als würde man da halb nackt durch die Straße rennen." Er glaubt an den persönlichen Kontakt. "Wenn man ins Gespräch kommt, ändert sich was." Oft höre er dann Sätze wie: "Ihr seid ja das normalste Paar."

In Nürnberg organisiert der Förderverein CSD e. V. vom 24. Juli bis zum 10. August 2025 die Pride Weeks – mit Kultur, Politik, Information. Der Höhepunkt: die große Demonstration am 9. August.

Laut dem Veranstalter Bastian Brauwer gibt es keine konkrete Gefährdungslage. Dennoch: Allein 2024 wurden in Bayern laut Fachstelle "Strong!" 289 queerfeindliche Vorfälle registriert – ein Anstieg um 26 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Besonders oft seien die Angriffe politisch oder religiös motiviert, sagte Brauwer im Gespräch mit t-online Mitte Juni.

Schneider sieht es als Fortschritt, dass mittlerweile auch in kleineren Städten in Franken CSDs stattfinden. "Früher war das wirklich nur in Nürnberg, vielleicht München, Hamburg, Köln", sagt er. Heute gebe es Veranstaltungen auch in Schwabach, Schweinfurt, Würzburg oder Augsburg. Entscheidend sei für ihn dabei nicht nur das Engagement der Community, sondern dass auch Städte und Bürgermeister eine klare Position beziehen. "Wenn die Stadträte sagen: Ja, wir stehen dazu – das ist auch ein queerer Mensch –, dann ist das ein wichtiges Signal."

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Marcel Schneider
  • Gespräch mit Bastian Brauwer
  • csd-nuernberg.de: Website (4. Juli)

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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