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Renntalent Max Günther im Interview: "Die Formel E wird immer wichtiger"


Neue Rennsport-Klasse
Max Günther: "Formel E wird immer wichtiger werden"

  • David Digili
InterviewVon David Digili

Aktualisiert am 02.03.2020Lesedauer: 6 Min.
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Erfolgreich: In der Saison 2019/20 gehört Max Günther zu den besten Fahrern der Formel E.Vergrößern des Bildes
Erfolgreich: In der Saison 2019/20 gehört Max Günther zu den besten Fahrern der Formel E. (Quelle: imago-images-bilder)

Der jüngste Rennsieger der Formel-E-Geschichte und aktuell beste deutsche Fahrer spricht über den "Überlebenskampf" zu Karrierebeginn – und erklärt den Reiz der Serie.

Er ist der jüngste Sieger in der Geschichte der Formel E – und das aktuell wohl größte Talent der Rennserie. Max Günther ist der Aufsteiger dieser Saison in der Meisterschaft für Rennwagen mit Elektroantrieb. Der gebürtige Oberstdorfer gewann im Januar das dritte Saisonrennen in Santiago de Chile – im Alter von 22 Jahren und 200 Tagen. Kein Sieger der Formel-E-Historie stand jünger ganz oben auf dem Podium. Und am vergangenen Woche fuhr Günther zum nächsten Erfolg: Platz zwei in Marrakesch, aktuell belegt der Deutsche mit 44 Punkten Platz vier der Fahrerwertung.

In seinem zweiten Jahr in der Formel E startet Günther durch – seit dieser Saison fährt er für BMW i Andretti Motorsport, ein Topteam der Serie. Dort ruft der Bayer konstant starke Leistungen ab. Zuvor startete Günther seit seinem Formel-Sport-Debüt 2011 in den wichtigsten Nachwuchsserien, von der Europäischen Formel 3 (bestes Ergebnis: Gesamtplatz 2 im Jahr 2016) bis hin zur starken Formel 2, in der er für das Team BWT Arden trotz unterlegenem Auto den Großen Preis von Großbritannien gewinnen konnte.

Im Interview mit t-online.de erinnert sich Günther an den "Überlebenskampf" zu Beginn seiner Karriere, beschreibt den Konkurrenzkampf in den Nachwuchsserien – und verrät, was die Formel E so besonders macht.

t-online.de: Herr Günther, nach den ersten vier Rennen 2019/20 liegen Sie auf Platz acht der WM-Wertung, sind der beste deutsche Fahrer im Feld – auch dank des Teamwechsels?

Max Günther (22): Schon ab dem ersten Test habe ich mich im Team bei BMW unheimlich wohl gefühlt, wir haben direkt eine gute gemeinsame Linie gefunden und pushen in dieselbe Richtung. Es fühlt sich einfach gut an, genauso sind wir ja auch in die ersten Rennen gestartet, schon in Saudi-Arabien (zum Saisonauftakt, Anm. d. Red.) hatten wir eine sehr gute Pace. Leider haben wir dann aufgrund einer Strafe den zweiten Platz verloren, aber schon in Santiago konnten wir das mit Platz zwei im Qualifying und dann dem Sieg im Rennen ummünzen.

Im Januar in Chile haben Sie Ihr erstes Rennen in der Formel E überhaupt gewonnen…

Da ging für mich natürlich ein Traum in Erfüllung, das war bisher das absolute Highlight. In der Woche darauf in Mexico City dann aber haben leider einige Sachen nicht zusammengepasst, wir sind dadurch ohne Punkte geblieben. Aber auch diese Erfahrungen müssen wir nutzen und verarbeiten.

Weiß man so eine Entwicklung denn auch wirklich einzuschätzen?

Ich war mir schon direkt nach dem Sieg in Chile im Klaren darüber, dass das natürlich nicht so weitergehen würde (lacht). Dafür hat die Formel E einfach ihre eigenen Gesetze.

Was meinen Sie genau?

Das Fahrerfeld ist viel zu eng besetzt, auch unter den Teams ist die Konkurrenz so groß wie vielleicht in keiner anderen Rennserie. Wenn dann einmal nicht alles optimal zusammenpasst, bist du nicht vorne. Aber das ist es ja auch, was die Herausforderung ausmacht.

Ein Jahr davor wurden Sie bei ihrem damaligen Rennstall Geox Dragon noch kurzzeitig abgelöst – ist das auch so ein wenig Genugtuung?

Klar war das keine einfache Situation für mich. Ich kam als Rookie in die Rennserie und musste mein Cockpit nach drei Rennen wieder abgeben. Dann aber nur zwölf Monate später mein erstes Rennen zu gewinnen, das war schon sehr erfüllend.

Über Ihre Anfänge haben Sie gesagt: "Bei mir ging es ums nackte Überleben", weil Sie nicht wie andere Fahrer Millionen Euro im Hintergrund hatten. Wie sehr muss man kämpfen – und wie schwer ist es, sich durchzusetzen?

Es ist sicherlich ein extrem harter Weg. Gerade in diesem Sport, in dem schon im Nachwuchsbereich viele politische und finanzielle Entscheidungen eine Rolle spielen, ist es brutal schwer.

Da haben Fahrer, die schon finanzstarke Unterstützer mitbringen, einen Vorteil.

Das einzige, was ich über meine ganze bisherige Karriere hatte, waren die sportlichen Erfolge. Wenn die ausgeblieben wären – es ging wirklich ums Überleben, darum, Sponsoren zu finden. Und das war eben nur auf Basis der Erfolge möglich. So habe ich es dann Stück für Stück geschafft, und dass ich jetzt in der Formel E fahre, ist für mich ein Riesenerfolg. Dort ging der Überlebenskampf dann ja aber gleich weiter (lacht). Aber: Ich durfte mein Hobby zum Beruf machen, und wenn ich dabei etwas gelernt habe, dann, dass ich mich auf mich selbst konzentrieren muss. Alles andere habe ich eh nicht unter Kontrolle.

Wie ist der Konkurrenzkampf schon in den Nachwuchsklassen? Gibt es noch Fairness?

Die Stimmung im Fahrerlager ist auf jeden Fall deutlich angespannter als in der Formel E. Jeder möchte nach oben kommen, und jeder denkt nur an seinen eigenen Erfolg, keiner wünscht dem anderen Glück. Es ist weniger kollegial. In der Formel E dagegen ist der Respekt untereinander deutlich größer, wir haben alle ein gutes Verhältnis.

Wie erklären Sie das?

Ich glaube, hier wissen einfach alle, was dazugehört, es bis hierhin geschafft zu haben. Darum ist der Umgang anders. Außerdem kommt noch ein anderer Punkt dazu: Ich bin aktuell der jüngste Fahrer der Formel E, die meisten anderen sind zwischen 28 und 33 Jahren alt. Die haben schon extrem viel Erfahrung. In den Nachwuchsserien sind es alles junge, 20-jährige Heißsporne, die alle etwas erreichen wollen.

Sie haben mal gesagt: "Druck hast du immer. Der größte kommt von mir selbst" – wieviel Druck erlegen Sie sich gerade selbst auf?

Ich denke auf jeden Fall, dass mich meine bisherigen Erfahrungen weitergebracht haben. Ich habe es verinnerlicht, unter maximalem Druck meine volle Leistung abzurufen. Durch den Weg, den ich gegangen bin, war ich sicher oft in herausfordernden Situationen, aber gerade das hat jetzt vielleicht meine Stärken ausgemacht.

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Hat Sie an der Formel E eigentlich etwas überrascht?

Das Wochenendformat ist einzigartig. Alles findet an einem Tag statt, du hast also nur ganz kurze Trainingszeiten, zwei kurze freie Trainings, dann geht es ins Qualifying. Im Endeffekt hast du davor auf 250 Kilowatt also zwei Runden, in denen du dich auf die Strecke einstellen kannst, und dann diese eine Runde im Qualifying. Da musst du dann voll auf Attacke fahren, weil du eben nur diese eine Runde hast. Wenn du da dann den Bogen nur ein wenig überspannst, landest du gleich hinten. Jedes Rennen findet auf einem Stadtkurs statt, da ist die Fehleranfälligkeit besonders hoch. Aber auch die Art, Rennen zu fahren, ist ganz anders.

Wo liegen die Unterschiede?

Du fightest genauso um deine Position wie in jeder anderen Rennserie – hast aber immer im Hinterkopf, so effizient wie möglich zu fahren und so viel Energie wie möglich zu sparen. Das macht unheimlich viel Spaß, ist aber auch eine ganz eigene Herausforderung, besonders, wenn man neu ist. Aber von Rennen zu Rennen lernt man dazu.

Und was macht für Sie den Reiz aus?

Das Auto in der Formel E ist extrem filigran und anspruchsvoll zu fahren, es ist vielleicht das unberechenbarste aller Rennserien.

Das müssen Sie erklären!

Die Fahrzeuge sind voller moderner Technologie und unheimlich effizient, aber du hast dort trotzdem Carbonbremsen und fährst auf Stadtkursen, hast dort sehr wenig Anpressdruck durch die Konstruktion des Autos, und auch die Reifen bieten sehr wenig Grip.

Alles besondere Herausforderungen.

Das alles macht das Fahrzeug deutlich sensibler zu fahren. Ich würde sagen: In der Formel E ist das Talent des Fahrers noch mehr im Vordergrund, nirgendwo musst du im Cockpit mehr managen. Und als abschließender Punkt: Das Rennmanagement zusammen mit dem Team. Du musst schauen, wie du effizient fährst, auf das Rückgewinnungssystem achten, dir das Rennen strategisch einteilen.

Wie reagieren Sie denn auf Rennsport-Traditionalisten, die die Rennserie gerade am Anfang belächelt haben?

Es wird immer Kritiker geben, aber im Endeffekt darf man nicht vergessen: Der Rennsport war schon immer Vorreiter für den normalen Straßen-PKW. Wir sind in einem Zeitalter, in dem das Thema Nachhaltigkeit unheimlich wichtig ist. Elektrofahrzeuge und effiziente Antriebe werden auch im Straßenverkehr immer bedeutender. Und für BMW Motorsport ist der Rennsport die Option, diese Antriebe und Techniken zu testen und zu optimieren.

Sie sehen eine steigende Bedeutung?

Neun von zwölf Teams in der Formel E werden von großen Automobilherstellern gestellt, das gibt es so in keiner anderen Klasse. Das zeigt doch, wie wichtig diese Meisterschaft jetzt genommen wird.

Ist die Formel E auf Dauer eine echte Alternative zur Formel 1 – oder wird sie sogar mal die neue "Königsklasse"?

Ich glaube, dass sich die Formel E enorm weiterentwickeln wird in den nächsten Jahren. Die Formel E gibt es erst seit 2014, und sie ist schon jetzt eine der wichtigsten Rennserien der Welt. Diese Entwicklung wird weitergehen. Die Formel E wird immer wichtiger werden und an Bedeutung zunehmen.

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