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Aue-Sieg gegen FCN – Schuster: "Fast einen Kabelbrand im Herzschrittmacher"


Dirk Schuster über das Spiel des Jahres
"Fast einen Kabelbrand im Herzschrittmacher bekommen"

InterviewVon Robert Hiersemann

Aktualisiert am 20.10.2019Lesedauer: 4 Min.
Interview
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Unerwartet starke Saison: Durch das 4:3 gegen Nürnberg bleibt Trainer Dirk Schuster (M.) mit Erzgebirge Aue in Reichweite der Aufstiegsplätze.Vergrößern des Bildes
Unerwartet starke Saison: Durch das 4:3 gegen Nürnberg bleibt Trainer Dirk Schuster (M.) mit Erzgebirge Aue in Reichweite der Aufstiegsplätze. (Quelle: imago-images-bilder)

Sieben Tore, eine Rote Karte, sechsmal Videobeweis und ein gehaltener Elfmeter in der neunten Minute der Nachspielzeit: Aues Sieg gegen Nürnberg war das wohl verrückteste Spiel der Saison. Im Interview mit t-online.de spricht er über die irre Partie, den Videobeweis und seine Rückkehr nach Darmstadt.

Durch ein spektakuläres 4:3 (0:0) im Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg hat sich der FC Erzgebirge Aue in der Spitzengruppe der 2. Bundesliga etabliert. Dabei fielen allein drei Treffer in der Nachspielzeit, die beinahe eine Viertelstunde dauerte. Nachdem FCE-Keeper Martin Männel kurz vor Abpfiff (90. +9) auch noch einen Elfmeter hielt, brachen bei Aues Spielern und Verantwortlichen alle Dämme. Nur Trainer Dirk Schuster blieb auffallend zurückhaltend.

t-online.de: Herr Schuster, Ihre Spieler bildeten allein in der verrückten Nachspielzeit gegen den FCN mehrmals Jubeltrauben, Sie allerdings standen fast statisch am Spielfeldrand. Was war los?

Dirk Schuster (51): Einerseits ging es mir darum, klaren Kopf zu bewahren, um die richtigen Entscheidungen zu treffen, beispielsweise bei Einwechslungen. Dazu kam: Durch die häufigen Unterbrechungen des Videobeweises bringt es oft nicht viel, wenn ich wild rumjubele. Aber klar: Sieben Tore allein in Hälfte zwei, Platzverweis, ein gehaltener Last-Minute-Elfmeter – innen drin sah es schon etwas anders aus: Bei diesem irren Spiel hat man ja fast einen Kabelbrand im Herzschrittmacher bekommen (lacht).

Zum Videobeweis: Im Spiel gegen Nürnberg gab es allein sechs davon! Was genau meinen Sie, wenn Sie sagen, dass es nichts bringt, sich nach außen hin zu freuen?

Es hat keinen Sinn, wenn man sich nach einem gefallenen Tor ausgiebig freut, jubelt oder vielleicht mal aus der Emotion heraus eine Flasche auf den Boden wirft: Denn die Entscheidungen werden häufig noch zurückgenommen – oder zumindest ausgiebig überprüft. Die Zeit zwischen dem Ereignis und der Entscheidung, die ist oft zu lang, um den Emotionen beim Fußball freien Lauf zu lassen.

Wie denken Sie allgemein über den Videobeweis?

An sich macht der Videobeweis den Fußball schon fairer. Aber ich glaube, der Videobeweis muss noch modifiziert werden, um das Ursprüngliche im Fußball zu bewahren. Und speziell Emotionen spielen dabei eine riesige Rolle – deshalb lieben wir alle diesen Sport, vor allem auch die Fans. Diese Emotionen dürften nicht verloren gehen!

Haben Sie einen Vorschlag, um dies wieder hinzubekommen?

Wenn jeder Verein während eines Spiels beispielsweise zweimal das Recht hätte, etwas überprüfen zu lassen, und danach aber nichts mehr geht und man deshalb genau überlegen müsste, wie man die zwei Optionen einsetzt: Dann wäre allen geholfen, finde ich. Das ist aber nur meine persönliche Meinung. Ich akzeptiere auch die aktuelle Regel und habe ohnehin wenig Einfluss darauf.

Mit Aue stehen Sie nach zehn Spieltagen auf dem vierten Tabellenplatz. Eine Sensation für den Klub aus dem Erzgebirge. Sie haben das Wunder vom Aufstieg mit Darmstadt schon einmal herbeigeführt. Klappt es nun erneut?

Ich möchte solchen Vorstellungen den Wind aus den Segeln nehmen, die Umstände sind ganz andere. Bei aller Euphorie, die rund um den Verein gern herrschen darf und die das Team auch beflügeln kann: Wir bleiben demütig und bodenständig. Wir haben mit Aue bisher 18 Punkte geholt, und das sind 18 Zähler für den Klassenerhalt.

Sie waren als Trainer vor allem für Ihre starken Defensivabteilungen bekannt. Nun hat Aue nach zehn Ligaspielen selbst bereits 18 Tore auf dem Konto, zuletzt siegten sie zweimal zu Hause mit vier eigenen Treffern. Wie kann das sein?

Ich habe mit Darmstadt in der dritten und zweiten Liga auch einige hohe Siege gelandet. Mein Trainerteam und mich auf die reine Abwehrarbeit zu reduzieren, fand ich schon immer unpassend. Wir wollen Tore schießen und ansehnlichen Fußball spielen lassen – das ist nicht erst jetzt so.

Was glauben Sie, woher dieses Defensiv-Image kommt?

Wir legen ganz viel Wert auf einen starken Teamgeist und Disziplin. Diese geforderte Geschlossenheit wird vielleicht manchmal zu sehr auf den Defensivverbund auf dem Fußballfeld projiziert. Doch man kann diese Geschlossenheit genauso gut offensiv ausleben und aus einem Kollektiv heraus, zielgerichtet nach vorn spielen. So lautet unsere Idee.

Am kommenden Wochenende reisen Sie mit Aue zu ihrem Ex-Verein nach Darmstadt. Es verbindet Sie so viel mit den "Lilien". Nicht, dass Sie am Freitag in die Heimkabine laufen…

(lacht) Nein, nein, aber ich freue mich riesig auf die Rückkehr! Ich werde viele bekannte Gesichter wiedersehen und hoffe natürlich auf eine herzliche Begrüßung in diesem tollen Stadion. Was wir damals alle zusammen mit Darmstadt erreicht haben, bleibt für mich unvergessen. Dennoch geht es mir am Freitag ganz klar um die drei Punkte für meinen neuen Verein.

Darmstadt steht aktuell auf dem zwölften Platz. Würde es Ihnen schwerfallen, Ihre alte Liebe in den Tabellenkeller zu schießen?

Während der 90 Minuten gibt es keine Sentimentalität, dann haben wir nur einen Auftrag: Mit dem FC Erzgebirge ein gutes Spiel zu machen und nach Möglichkeit auch drei Punkte mitzunehmen. Wir wollen an die vergangenen Spiele anknüpfen und vor den großartigen Zuschauern am Böllenfalltor ein tolles Abendspiel bieten. Alles Herzliche, was bei meiner Rückkehr nach Darmstadt sicherlich dazu kommt, wird im Vorfeld und nach dem Spiel "abgearbeitet" (grinst).

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