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FC Bayern – Kommentar zum umstrittener Sponsor: Sie haben nichts gelernt


Der FC Bayern und das Geld
Sie haben nichts gelernt

  • David Digili
MeinungVon David Digili

Aktualisiert am 29.08.2023Lesedauer: 3 Min.
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Bayern-Präsident Hainer (r.) und Trainer Thomas Tuchel (l.): Der Klub macht sich durch das neue Sponsoring von "Visit Rwanda" wieder angreifbar. (Quelle: IMAGO/Anke Waelischmiller/Sven Simon)

Der deutsche Rekordmeister wirbt künftig für den Tourismus in einer bitterarmen De-Facto-Diktatur. Überraschend? Leider nicht.

Als hätte der FC Bayern München plötzlich zwei Gesichter. Der gute, unschuldige, ahnungslose FC Bayern und der böse FCB, der die liebenswerte Fassade gnadenlos ausnutzt. Tatsächlich würde ein Psychologe dem deutschen Rekordmeister akute Schizophrenie diagnostizieren. Denn die neue Partnerschaft des deutschen Rekordmeisters mit "Visit Rwanda" beantwortet so viele Fragen wie sie aufwirft. Und liefert drei ernüchternde Erkenntnisse:

  • Die Bayern sind auch nicht besser als andere Großklubs

Moralisch flexibel? Skrupellose Geschäftemacher? Das waren doch stets die anderen, die Real Madrids, Barcelonas, Juves und Manchester Citys dieser Fußballwelt. Waren. Denn die Selbstdemaskierung des deutschen Rekordmeisters zum ebenso gewissenlosen Profitunternehmen begann mit dem Sponsoring durch Qatar Airways und setzt sich nun fort.

"Afrika ist ein Kontinent der Chancen", wird Vorstandschef Jan-Christian Dreesen in der Ruanda-Mitteilung allen Ernstes zitiert, und es gehört nicht viel Bosheit zur Vermutung, dass er die Chancen dabei vor allem für seinen Klub sieht.

  • Die Bayern haben ihre Glaubwürdigkeit verspielt

Erst vor einer Woche riefen die Münchner ganz stolz das Projekt "Obacht" ins Leben. Ein Projekt, das für größere Sicherheit der Zuschauer bei Spielen in der heimischen Allianz Arena sorgen soll. Ein Projekt, das zum Ziel habe, "dass man aufeinander schaut, sich gegenseitig unterstützt", so die blumige Erklärung des mitgliederstärksten Fußballvereins der Welt. Vorstandsvize Michael Diederich ergänzt: "Jeder Mensch soll sich willkommen, wohl und sicher fühlen. Grenzüberschreitendes, übergriffiges und diskriminierendes Verhalten wird bei uns nicht toleriert."

So lobenswert der Ansatz auch ist: Bei anderen, so muss das Attest mittlerweile ausfallen, tolerieren der FC Bayern und seine Macher grenzüberschreitendes, übergriffiges und diskriminierendes Verhalten offenbar sehr wohl. Wie anders ist die hochnotpeinliche Einlassung seines langjährigen Vorstandschefs und heutigen Aufsichtsrats Karl-Heinz Rummenigge zu verstehen, der es "mit Verlaub, absolut okay" fand, wie Spaniens Verbandschef Luis Rubiales der Nationalspielerin Jennifer Hermoso einen Kuss auf die Lippen zwang.

Video | Nach Kuss-Skandal: FIFA suspendiert Rubiales
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Ob die Bayern auch das meinen, wenn sie von "Mia san mia" sprechen?
Einen ähnlich fatalen Mangel an Fingerspitzengefühl legte der Klub beim Katar-Deal an den Tag – und demonstriert ihn auch nun bei der Kooperation mit der Tourismusbehörde Ruandas.

Wie glaubhaft sind da alle Bekundungen pro Menschenrechte und Diversität beziehungsweise kontra Rassismus und Diskriminierung, wenn ein ums andere Mal der unbehagliche Eindruck entsteht, ein dicker Scheck reicht aus, dass die hehren Grundsätze nicht mehr ganz so hoch priorisiert werden? Zumal es eher als Verpflichtung denn Schmeichelei gemeint sein soll, dem FC Bayern Mühelosigkeit bei der Akquise vielleicht nicht derart betuchter, aber zumindest untadeligerer Sponsoren zu unterstellen.

  • Die Bayern haben nichts dazugelernt

Fünf Jahre lang saßen die Klubchefs an der Säbener Straße Fan-Proteste und Kritik aus, um weiterhin die kolportierten 17 Millionen Euro pro Saison einzustreichen, die Qatar Airways pünktlich überwies. Als Gegenleistung prangte auf den Trikotärmeln des deutschen Rekordmeisters das Logo der staatlichen Fluglinie eines Landes, das es mit Menschenrechten und Pressefreiheit nach westlichen Standards, nett formuliert, nicht ganz so genau nimmt. Eine Tatsache, die Fans und Öffentlichkeit über Jahre auf die Barrikaden brachte und zu einem Eklat auf der Jahreshauptversammlung 2021 führte.

Das Ende der Geschäftsbeziehung in diesem Sommer wurde dann mit großem Aufatmen vernommen. Dass vermutet wird, das Ende des Sponsorings ging von der Fluglinie aus und nicht von den Bayern, ist eine weitere kuriose wie bezeichnende Anekdote.

Jetzt also macht sich Deutschlands größter, erfolgreichster und beliebtester Fußballverein völlig ohne Not erneut angreifbar. Und, verheerender noch: Die Bayern verzwergen sich zu willfährigen Komplizen der fadenscheinigen Imagekampagne eines diktatorisch regierten Landes, in dem 60 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben, das aber trotzdem lieber viele Millionen Euro in teure Hochglanzkampagnen steckt, statt seinen Bürgern aus dem Elend zu helfen.

"Das wird eine sehr spannende und umfassende Zusammenarbeit" erklärt Bayerns Marketingchef Andreas Jung. "Wir werden das ruandische Sportministerium bei der Entwicklung von Jugendfußballprogrammen unterstützen, so auch mit dem FC Bayern Youth Cup. Außerdem werden wir 'Visit Rwanda' als Tourismusziel sichtbar machen."
Entweder glauben die Großkopferten dieses PR-Sprech tatsächlich, oder aber sie sind sich der dreisten wie offensichtlichen Euphemisierung ihrer windigen Geschäftemacherei bewusst, und es ist unklar, welche Variante eigentlich schlimmer ist.

Das alles muss aufregen. Das alles muss wütend machen. Und: Das alles muss traurig machen. Da ist er dann nämlich nicht der gute, unschuldige, ahnungslose FC Bayern, sondern der böse FCB.

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