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Union Berlin trifft auf den FC Bayern: Wer hat darauf bitte Lust?


Union Berlin
Wer hat darauf bitte Lust?

MeinungEine kommentierende Analyse von Benjamin Zurmühl

Aktualisiert am 24.02.2023Lesedauer: 5 Min.
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Spieler von Union Berlin bejubeln ein Tor: Das Team aus Berlin-Köpenick überrascht Woche für Woche.Vergrößern des Bildes
Spieler von Union Berlin bejubeln ein Tor: Das Team aus Berlin-Köpenick überrascht Woche für Woche. (Quelle: IMAGO/Sebastian Räppold/Matthias Koch)

Union Berlin marschiert durch die Bundesliga und die Europa League. Die "Eisernen" scheinen nicht aufzuhalten zu sein. Warum ist das so?

Wer Union Berlin schlagen will, braucht Geduld, viel Geduld. Denn das eigene Tor bewachen die "Eisernen", wie sie sich nennen, wie eine Festung. Sie schmeißen sich in jeden Zweikampf, blocken nahezu alle Schüsse, und wenn mal ein Ball durchrutscht, ist Torwart Frederik Rönnow zur Stelle. Der Weg bis zum Tor von Union ist nicht nur hart, er tut gegen die aggressiv verteidigende Defensive gerne auch mal weh. Das wird wohl auch der FC Bayern am kommenden Sonntag im Spitzenspiel der Bundesliga zu spüren bekommen.

Das größte Problem für die Gegner: Die Berliner können nicht nur gut das eigene Tor beschützen, sie können auch gut kontern. Nach einem Ballgewinn geht es in wenigen Sekunden nach vorne, ehe der Ball im Netz zappelt. Und dann geht der Spaß von vorne los. Wieder angreifen, irgendwo eine Lücke im Berliner Bollwerk suchen, die Geduld bewahren und bloß nicht den Ball verlieren, sonst droht Gefahr für das eigene Tor.

Welcher Gegner hat darauf bitte Lust?

Niko Kovac zumindest nicht. Der Trainer des VfL Wolfsburg sagte im Januar auf einer Pressekonferenz: "Ich glaube, es ist im Moment leichter, in München zu spielen als in Berlin." Damit meinte er nicht Hertha BSC im Westen der Hauptstadt. Er meinte Union Berlin im Südosten. Was macht diese Mannschaft also so erfolgreich?

Eine schlechte Woche

Unions Fußball ist nicht schön, besonders kreativ und chancenreich. Er ist in erster Linie effektiv. Während Trainer wie Kölns Steffen Baumgart eher darauf setzen, ein Tor mehr zu schießen als der Gegner, legt Unions Urs Fischer großen Wert darauf, eins weniger zu kassieren als das Gegenüber. Sein Prunkstück ist die Defensive.

Und die "Eisernen" haben die vielleicht beste der Liga. Zwar hat der FC Bayern drei Gegentreffer weniger (21) als Union (24). Das liegt aber auch an einer einzigen Woche kurz vor der WM in Katar. Die Berliner kassierten in den Spielen gegen Bayer Leverkusen, den FC Augsburg und den SC Freiburg insgesamt elf Tore. Das ergibt fast die Hälfte aller Gegentreffer nach 21 Spieltagen. Der Grund: Union spielte zuvor zehn Spiele in 34 Tagen. Die Spieler waren müde und mussten nun wieder dreimal binnen einer Woche ran. Es fehlte an Konzentration, was anhand der schlechten Abwehrleistungen sofort zu sehen war.

Im neuen Jahr präsentiert sich Union frischer und wieder in alter Form. In sechs Bundesligaspielen im Jahr 2023 hat die Elf von Coach Fischer erst vier Gegentreffer hinnehmen müssen. Verloren hat Union keins dieser Spiele und grüßt nun von Tabellenplatz drei. Punktgleich mit dem FC Bayern (Platz eins) und Borussia Dortmund (Platz zwei), die aufgrund eines besseren Torverhältnisses vor den Berlinern sind – noch.

Eine Schwäche ist weg

Unions defensive Qualitäten haben aber auch einen Preis: Der Gegner hat meist den Ball, die "Eisernen" müssen ihn permanent unter Druck setzen und immer wieder neu anlaufen. Union hat im Schnitt lediglich 43,5 Prozent Ballbesitz. Nur der FC Augsburg und Hertha BSC haben weniger. Das stellte Union längere Zeit vor ein großes Problem: Wenn der Gegner in Führung ging, konnten die Köpenicker nur selten ein Spiel drehen, weil sich dieser zurückzog und Union das Spiel machen ließ. Es gab keinen Platz mehr zum Kontern und so fehlten die Ideen.

Die Folge: In der Europa League verloren die "Eisernen" im September 2022 zu Hause gegen Royale Union Saint Gilloise aus Belgien und in Braga (Portugal) jeweils mit 0:1. In der Bundesliga kamen sie nach Rückständen in Frankfurt und Bochum nicht mehr zurück und mussten ebenfalls ohne Punkte im Gepäck die Heimreise antreten.

Doch selbst diese Schwäche hat Union inzwischen ausgemerzt. Allein im neuen Jahr drehte die Fischer-Elf ein Spiel nach dem anderen. Gegen Hoffenheim wurde Mitte Januar aus einem 0:1 ein 3:1. Wenige Tage später in Bremen aus einem 0:1 ein 2:1. Das DFB-Pokal-Achtelfinale gegen Wolfsburg gewann Union mit 2:1 nach einem frühen 0:1-Rückstand. Und das Bundesliga-Topspiel gegen RB Leipzig vor zwei Wochen ging mit 2:1 an Union, obwohl Leipzig das erste Tor erzielte.

Die Gefahr liegt in der Luft

Das Erfolgsrezept dabei sind keine wunderschönen Passkombinationen durch die gegnerische Defensive oder atemberaubende Dribblings. Es sind in erster Linie Standardsituationen, also Ecken, Freistöße und Elfmeter, die oft die Wende bringen. Oder auch einfach Hereingaben aus dem Spiel heraus. Nur der 1. FC Köln schlägt mehr Flanken als die Berliner.

Union hat zwölf Tore mit dem Kopf erzielt. Das sind mit weitem Abstand die meisten in der Bundesliga. Auf Rang zwei folgt Werder Bremen mit acht. Besonders gefährlich ist Innenverteidiger Danilho Doekhi, der in seinen 20 Pflichtspielen bereits fünf Tore erzielte – alle per Kopf.

Doekhi ist aber nicht der einzige, der bei Flanken und Standards gefährlich ist. Auch die Mittelstürmer Jordan Siebatcheu und Kevin Behrens sind Ungeheuer in der Luft. Doekhis Partner in der Abwehr, Robin Knoche, strahlt ebenfalls Gefahr aus. Dahinter steckt ein Konzept. Union setzt auf den Flügeln auf starke Flankengeber und im Zentrum auf große Spieler. Das ist keine Neuigkeit. Bereits in der Saison 2019/20 hatte der Klub mit durchschnittlich 187,3 cm die größten Spieler. Der 1. FC Köln auf Platz zwei war genau zwei Zentimeter im Schnitt kleiner.

Neben dieser Stärke in der Luft zeichnet Union auch eine beeindruckende Effizienz aus. Laut dem Datenanbieter "understat.com" hat der Verein in der laufenden Saison 22,48 Expected Goals angesammelt. Das bedeutet, dass rein statistisch Union anhand der Qualität ihrer Torchancen 22 bis 23 Treffer auf dem Konto haben müsste. Mit diesem Wert liegt Union sogar hinter Bundesliga-Schlusslicht Schalke 04 mit 23,49. Tatsächlich geschossen hat Union 35 Tore, Schalke 14.

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Wie kann Union geschlagen werden?

Am Sonntag muss ab 17:30 Uhr der FC Bayern darauf aufpassen, gegen Union die Hoheit im eigenen Strafraum zu bewahren. Das Hinspiel im Stadion an der Alten Försterei endete mit 1:1. Schon damals rannten die Bayern permanent an, hatten 75 Prozent Ballbesitz und dreimal so viele Torschüsse wie Union. Mehr Punkte als die Gastgeber nahm das Team von Trainer Julian Nagelsmann aber nicht mit nach Hause.

Auch am Sonntag werden die Bayern das Spiel voraussichtlich kontrollieren und die Lücke in der Berliner Abwehr suchen, während der Gast auf Konter lauern wird. Geduld ist gefragt. Doch wer die "Eisernen" schlagen will, sollte selbst eisern auftreten. Viele Bundesligisten tun sich mit der physischen und aggressiven Spielweise schwer, schrecken bei Zweikämpfen zurück. Das kommt Union entgegen. Doch gerade die Teams, die ebenfalls mit hoher Intensität spielen, haben den Berlinern Probleme bereitet. Mainz 05 und der FC Augsburg holten in der Hinrunde jeweils ein Unentschieden gegen Union. Freiburg, Frankfurt und Bochum konnten ihre Spiele sogar gewinnen.

Alle fünf Teams sind in der oberen Tabellenhälfte zu finden, wenn es um die meisten Fouls in der Liga geht. Auf Rang zwei: Union Berlin. Wer mit den Köpenickern mithalten will, muss in erster Linie dagegenhalten. Angst ist oft der erste Schritt zur Niederlage.

Dem ist sich Bayerns Trainer Julian Nagelsmann bewusst: "Union wird immer ihren Fußball auf den Platz bringen. Tief verteidigen, sehr kompakt (stehen, Anm. d. Red.), auf Konter ausgelegt sein, lange Bälle in die rote Zone und mit ihrer Körperlichkeit die zweiten Bälle sofort wieder scharfmachen. (...) Sie so zu bespielen, ist nicht so leicht. Du darfst wenig Fehler machen", sagte er auf der Pressekonferenz am Freitag.

Sein Ziel für die Partie ist klar: "Es geht darum, den direkten Konkurrenten wieder auf Abstand zu bringen."

Verwendete Quellen
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