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Davie Selke im Interview: "Für mich gibt es nur Gott und meine Familie"


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Hertha-Star Davie Selke
"Für mich gibt es nur Gott und meine Familie"

InterviewVon Benjamin Zurmühl

09.05.2018Lesedauer: 5 Min.
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Ehrgeizig: Davie Selke nach einer vertanen Chance.Vergrößern des Bildes
Ehrgeizig: Davie Selke nach einer vertanen Chance. (Quelle: Bernd König/imago-images-bilder)

Davie Selke ist ein Spieler, der seine Emotionen nicht versteckt. Doch sein Ehrgeiz wird oft mit Arroganz verwechselt. Er ist das Idealbeispiel für einen Menschen, den man auf den ersten Blick falsch einschätzt.

Nach dem Aus in der Europa League und einer sehr wechselhaften Hinrunde, war die Hoffnung bei den Hertha-Fans auf einen Auswärtssieg in Leipzig am 17. Spieltag nicht sehr groß. Angesichts der schlechten Resultate gegen die Sachsen aus der Vorsaison (0:2, 1:4) war das auch verständlich.

Doch Hertha gewann mit 3:2, Davie Selke traf doppelt und zelebrierte seine Tore leidenschaftlich, baute sich vor der Trainerbank der Gastgeber auf. Warum? "Ich habe für RB in der Bundesliga kein Spiel in Leipzig von Anfang an machen dürfen. Das hat mir Hertha geschenkt", sagt Selke zu t-online.de. Er wollte es allen zeigen, beweisen, dass er es drauf hat. Schließlich ist der junge Stürmer ein sehr ehrgeiziger Mensch.

Aus Schwaben auf die große Bühne

Aufgewachsen ist Davie Selke im Schwabenland. "Ich bin in einer Zeit in der Nähe von Stuttgart groß geworden, in der Mario Gomez schon sehr beeindruckenden Fußball gespielt hat. Er ist Stürmer, ich bin Stürmer. Er ist auf jeden Fall mein Jugendidol", sagt Selke. Doch beim VfB packte er es nicht, wurde abgelehnt. Also versuchte es der talentierte Stürmer bei der TSG Hoffenheim.

Über den Kraichgau landete Selke in Bremen, wo er eine zweite Heimat fand. Bei Werder feierte er im zarten Alter von 18 Jahren sein Debüt. Doch sein wirklicher Durchbruch kam erst ein Jahr später. Nachdem er als Torschützenkönig die deutsche U19 zum EM-Titel schoss, startete Selke auch bei Werder durch. Im Trikot der Grün-Weißen erzielt er in der Saison 2014/15 neun Tore, bereitet vier weitere vor. "Ich erinnere mich immer gerne an meine erste Saison in Bremen zurück, die so nicht absehbar war", sagt Selke heute. "Damals ging alles Schlag auf Schlag. Erst habe ich ein Tor geschossen, dann wurden es immer mehr und plötzlich war ich Bundesliga-Stammspieler – echt Wahnsinn!"

Das verflixte zweite Jahr

Auch im Nachhinein kommt es einem bei all dem Lob für die Zeit in Bremen komisch vor, dass Selke im Sommer 2015 nach Leipzig in die zweite Liga wechselte. Bei Werder lag ihm alles zu Füßen, eine große Zukunft stand bevor. Doch er ging einen Schritt zurück, um zwei nach vorne zu machen. So war jedenfalls der Plan. Dass sein neuer Verein ausgerechnet Leipzig sein musste, stieß den Fans übel auf. "Das war hart, weil es zum ersten Mal für mich Gegenwind gab. Für mich als jüngeren Spieler war das sehr schwer", gibt Selke zu.

Trotz des Kontra war er fest entschlossen, dass Leipzig das Richtige für ihn war. Sein Wechsel hing vor allem mit einem Namen zusammen: "Die Gespräche mit Ralf Rangnick hatten mich damals überzeugt, ich halte auch heute noch sehr viel von ihm. Er ist eine beeindruckende Persönlichkeit." Unter dem Cheftrainer Rangnick hatte Selke einen Stammplatz und mit zehn Treffern einen beachtlichen Anteil am Aufstieg der Sachsen.

Der Junioren-Nationalstürmer war zufrieden: "Es ist alles eingetroffen, was er (Rangnick, Anm. d. Red.) gesagt hat. Außer natürlich mein persönliches Ende dort." Sein persönliches Ende hat viel mit Ralph Hasenhüttl zu tun. In das System des Österreichers, der 2016 den Aufsteiger RB Leipzig übernahm, wollte Selke nicht so recht reinpassen. Nur selten stand der inzwischen 23-Jährige in der Startelf und wurde allmählich ungeduldig. Nach einem Jahr unter Hasenhüttl war die Zusammenarbeit beendet, Reue empfindet Selke nicht, wenn er an die Zeit in Leipzig denkt: "Auf keinen Fall. Wenn ich zurückblicke, würde ich es wahrscheinlich noch mal machen – ohne dabei den Ausgang zu kennen, natürlich."

Der Knirps von früher

Im vergangenen Sommer schloss er sich Hertha BSC an. Selke passte perfekt ins Raster der alten Dame. Jung, talentiert, ehrgeizig. Außerdem passt er ideal in die Kampagne der Berliner, die dem Verein ein neues, modernes Image geben soll. Schließlich legt Selke großen Wert auf sein Aussehen. Mit seinen stets perfekt gestylten Haaren, vielen Tattoos und teuren Klamotten wird er dabei von vielen Bundesliga-Fans schnell in eine Schublade gesteckt.

Doch hinter der modischen Fassade steckt ein Mensch, dem Oberflächlichkeiten nicht so wichtig sind, wie es auf den ersten Blick den Anschein macht. "Ich hoffe mal, dass ich auf dem Boden geblieben bin", grinst Selke. Doch was hält ihn auf dem Boden? Sofort nennt Selke seine Familie und seinen Berater.

Doch auch ein anderer Faktor spielt eine entscheidende Rolle: sein Glaube. "Wenn ich mal in Stuttgart bin, gehe ich auch sehr gerne in die Gemeinde, in die ich auch schon als kleiner Knirps gegangen bin. In der 'Himmelsleiter' ist auch mein Onkel David sehr aktiv und wird dort zum Pastor ausgebildet. Die Leute dort sind sehr stolz auf mich, aber die sehen mich nur als Davie von früher. Da kann man gar nicht abheben."

Wo geht die Reise hin?

Nicht nur bei einem Heimatbesuch ist der Glaube für Selke essenziell. Auch im Tagesgeschäft wird er davon angetrieben. Denn Vorbilder hat er inzwischen keine mehr, sagt er. "Meine Familie inspiriert mich, mein Glaube inspiriert mich. Ich bekomme viel Kraft durch sie und orientiere mich auch daran. Für mich gibt es nur Gott und meine Familie."

Doch neben dieser Inspiration hat Selke noch einen weiteren Antrieb: seinen Ehrgeiz. "Du brauchst den Willen, alles erreichen zu wollen. Du musst verzichten können. Neben der Fußball-Karriere auf Partys zu gehen, ist nicht drin. Man muss dem Ziel alles unterordnen", sagt Selke bestimmt. Doch was ist sein Ziel? Lange überlegen muss er nicht. "Ich will auf jeden Fall gerne Champions League spielen."

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Mit Hertha ist Selke aktuell weit weg von der Königsklasse, dümpelt im Mittelfeld der Bundesliga herum. Auch er betont, dass er dieses Ziel kurzfristig mit Hertha nicht erreichen wird. "Das wäre etwas weit hergeholt, jetzt über die Champions League zu sprechen. Wenn wir es aber schaffen, den Kern der Mannschaft beisammen zu halten, können wir nach einer Top-Saison vielleicht mal oben reinrutschen."

"Dafür gebe ich alles"

Dass Selke früher oder später in der Champions League auflaufen wird, ist realistisch. Im DFB-Trikot ist er hingegen schon aufgelaufen, bisher aber "nur" für alle Junioren-Nationalmannschaften ab der U16. Für die erste Garde kam er noch nicht in Betracht. Auch bei der WM zählt er wahrscheinlich nicht zum Kandidatenkreis.

Doch langfristig kann er sich Hoffnungen machen. "Es wäre Unsinn, wenn ich jetzt erzählen würde, dass es nicht auch irgendwann das Ziel ist, in der A-Nationalmannschaft zu spielen. Ich will später einfach sagen können, dass ich alles aus meiner Karriere rausgeholt habe. Dafür gebe ich alles."

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