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FC Bayern München: "Niko Kovac ist verwundet aus der Saison gegangen"


Mentalcoach Kirchner über Bayern-Trainer
"Niko Kovac ist verwundet aus der Saison gegangen"

InterviewVon Patrick Mayer, München

Aktualisiert am 03.07.2019Lesedauer: 4 Min.
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

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Niko Kovac stand in seiner ersten Saison beim FC Bayern München unter großem Druck.Vergrößern des Bildes
Niko Kovac stand in seiner ersten Saison beim FC Bayern München unter großem Druck. (Quelle: ULMER Pressebildagentur/imago-images-bilder)

Niko Kovac steht vor seiner zweiten Saison als Trainer des FC Bayern – nach einem Jahr voller Kritik an seiner Arbeit. Wie ausgelaugt ist man nach einer solchen Spielzeit? t-online.de fragte einen Mentalcoach.

Niko Kovac wirkte sehr nachdenklich an jenem 18. Mai in München, gegen halb sieben in der Allianz Arena. Sein FC Bayern hatte sich etwas mehr als eine Stunde zuvor zum Deutschen Meister gekrönt – zum siebten Mal in Folge.

Niko Kovac: "Dieses Jahr war sehr, sehr anstrengend"

"Dieses Jahr war sehr, sehr anstrengend. Man sieht es wahrscheinlich auch an meinen Haaren und an meinem Bart", meinte der kroatische Trainer und verwies auf den Graustich auf seinem Kopf.

Kovac sah sich monatelang harter Kritik und Zweifeln ausgesetzt. Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge verweigerte zeitweise sogar öffentlich die Rückendeckung, ebenso Sportdirektor und Kumpel Hasan Salihamidzic.

Geht das an einem Trainer spurlos vorbei? t-online.de sprach mit dem bekannten Motivationstrainer und Mentalcoach Steffen Kirchner über die schwierige Ausgangslage von Kovac.

t-online.de: Herr Kirchner, Niko Kovac bleibt Trainer des FC Bayern, nach einem für ihn sicherlich nervenaufreibenden Jahr.

Steffen Kirchner: Er ist immer noch da! Den größten Krieg hat er erstmal gewonnen! Vor allem übersteht er offenbar mehrere Spieler, die es ihm in der Vergangenheit nicht leicht gemacht haben. In der momentanen Konstellation ist der FC Bayern ohnehin ein Verein, der extrem schwer zu trainieren ist. Die letzte Mannschaft war nicht wirklich seine Mannschaft. Die Frage ist: Kann er das neue Team zu seiner Mannschaft machen?

Welche Spieler hat er überstanden – Mats Hummels, der zum BVB wechselt, und gemeinhin als sehr kritisch gilt?

Jeder Mensch hat einen sogenannten Dominanzanteil im Gehirn. Ich will wichtig sein, ich will der "King" sein – der Machtanspruch ist bei Profifußballern unterschiedlich stark ausgeprägt. Bayern München hat sehr oft solche Spielertypen, was bei den Zielen des Klubs nicht verwundert. Es gibt immer mehrere Alphatiere. Wenn sich Spieler dann noch verdient gemacht haben, haben sie sich im Verein eingenistet. Und wenn sie dann auch noch intelligent sind, wird es richtig schwierig. Mats Hummels ist keiner, der hinterherläuft und sich von irgendjemandem was sagen lässt.

Zur Person: Steffen Kirchner gilt als renommierter Mentalcoach im Bereich des Spitzensports. Der einstige Tennisprofi hält Seminare zum Thema mentale Stärke und ist als TV-Experte regelmäßig im „BR“ und bei „Sky“ zu Gast. Bundesligaprofi Niclas Füllkrug, DEL-Coach Tobias Abstreiter, Volleyball-Nationalspielerin und Vizeeuropameisterin Lenka Dürr – viele deutsche Hochleistungssportler arbeiten mit dem Motivationstrainer zusammen.

Und diese Spieler haben Probleme mit Autoritäten?

Richtig! Was nicht heißt, dass sie nicht teamfähig wären. Ihnen, zum Beispiel auch einem Arjen Robben, muss ein Coach das Gefühl geben, dass sie mitgestalten dürfen. Wenn der Spieler gefühlt größer ist als der Trainer, will sich der Spieler auch so sehen. Robben ist in der Welt des Fußballs der größere Name als Kovac. Daraus entwickeln sich Ansprüche.

Kovac wirkte zuletzt ausgelaugt. Bei der Pressekonferenz direkt nach der Meisterschaft erzählte er, dass viele graue Haare dazu gekommen seien.

Was Kovac geschafft hat, war der Wahnsinn! Er hat einen Mehrfrontenkampf hinter sich. Nach innen mit Blick auf den Vorstandschef und den Präsidenten, die auch Alphatiere sind, und nach außen, weil er als Trainer noch nicht die ganz großen Erfolge wie Champions-League-Siege vorweisen konnte. Es ist unglaublich, dass er das überstanden hat. Es gibt ganz wenige Beispiele von Trainern, die sowas gemeistert haben. Das hat wahrscheinlich damit zu tun, dass er mit sich und seinem Leben im Reinen ist. Zumindest wirkt er so.

Wir reden von extremer mentaler Belastbarkeit?

Er ist ein Mentalitätsmonster! Nur auf introvertierte Art und Weise. Ein Jürgen Klopp ist durch seine Energie nach außen sehr stark wahrnehmbar. Kovac arbeitet weniger mit Lautstärke, sondern mit Ruhe, die er ausstrahlt. Die Belastung, die er durchlebt hat, sind die Geburtswehen eines großen Trainers. Große Trainer haben immer Schlüsseljahre.

Wie wird Kovac aber wieder „frisch“? Muss er mal raus aus der Druckkammer München? Seine Frau und seine jugendliche Tochter leben in Salzburg, es ist bekannt, dass er öfter über die A8 ins nahe Österreich fährt.

Jeder Mensch hat emotionale Grundbedürfnisse. Kovac ist, wie gesagt, ein introvertierter Trainer. Tatsächlich tankt so jemand eher im familiären Kreis Kraft. Erholung entsteht im Kopf immer durch Kontrasterfahrungen, zum Beispiel durch eine andere Stadt. Das erzeugt Verarbeitungsprozesse.


Beim Meister-Showdown gegen Eintracht Frankfurt feierten die, die sich dazugehörig fühlen, die Ultras der Schickeria, den Trainer mit Sprechchören. Und nicht nur sie.

Fans honorieren in der Fußballwelt eines: Dass Kovac sein Ego im Griff hat. Auf gut Deutsch: Er hat kämpferisch gearbeitet, obwohl er von allen Seiten kassiert hat. Trotz der Ergebnisse, die er erzielt hat, wurde er von allen Seiten angezweifelt. Doch er ist wie ein Krieger durch diese Situation gegangen und hat die Mannschaft geführt. Sowas respektieren Fußball-Fans. Niko Kovac wurde ein Stück weit zum Helden. Klar ist aber: Kovac ist angeschlagen und als verwundeter Sieger aus der Saison herausgegangen. Eine zweite Saison wie diese, würde er sicher mental und emotional nicht verkraften.

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