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Bayer Leverkusen – Kevin Volland über Fußball: "Alles ist extremer geworden"


Bayer-Star Volland warnt
"Alles ist extremer geworden und gerade für junge Spieler gefährlich"

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InterviewVon Alexander Kohne, Zell am See

Aktualisiert am 19.07.2019Lesedauer: 6 Min.
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Gibt die Richtung vor: Kevin Volland spielt seit 2016 für Bayer Leverkusen und ist mittlerweile Vizekapitän.Vergrößern des Bildes
Gibt die Richtung vor: Kevin Volland spielt seit 2016 für Bayer Leverkusen und ist mittlerweile Vizekapitän. (Quelle: imago-images-bilder)

Millionenfach geklickte Instagram-Videos von Übersteigern, überhypte Jungprofis und verkürzte Leistungszeugnisse – all das sind nicht die Sachen von Kevin Volland. Im Interview rechnet er mit einigen Entwicklungen im Fußball ab.

Mit 18 Jahren das Zweitligadebüt, mit 21 Jahren das erste Länderspiel für Deutschland – Bayer Leverkusens Stürmer Kevin Volland stand schon früh im Rampenlicht und kennt das Profi-Geschäft seit mittlerweile fast zehn Jahren. Besonders in der letzten Zeit irritieren ihn allerdings einige Entwicklungen. In Interview erklärt er warum und spricht über Leverkusens Ambitionen in der neuen Saison.

Sie sind Musikliebhaber, haben vor etwa fünf Jahren begonnen, Gitarre zu spielen. Hauen Sie immer noch in die Saiten?

Kevin Volland (26): Ja, eigentlich jeden Abend (lacht). Nur nicht hier im Trainingslager.

Was wäre der geeignete Song, um die neue Bayer-Saison zu beschreiben?

Puh (lacht). Schwer zu sagen. Da fällt mir spontan nichts ein. Grundsätzlich geht es auf jeden Fall darum, den nächsten Schritt zu machen und noch konstanter zu spielen. Denn in der letzten Saison haben wir zu viele Spiele unnötig aus der Hand gegeben. Es war dann brutal viel Arbeit, am Schluss doch noch auf Platz vier vorzurücken. Wenn wir die Konstanz der vergangenen Rückrunde jetzt bis zum Saisonende durchziehen, können wir in der Liga bis zum Schluss konkurrenzfähig sein.

Was heißt das genau?

Vor allem wollen wir so lange wie möglich an den oberen Plätzen dranbleiben. Dazu müssen wir unbedingt besser starten: In den vergangenen Jahren standen wir nach drei Spielen mit einem bzw. null Punkten da und mussten der Musik erst mal hinterlaufen. Diesmal wollen wir die ersten drei Spiele (gegen Paderborn, in Düsseldorf und gegen Hoffenheim, Anm. d. Red.) unbedingt erfolgreich bestreiten.

Mit Julian Brandt hat ein Schlüsselspieler Leverkusen verlassen. Wie kann das kompensiert werden?

Julian ist ein Klassespieler und sein Abgang tut uns natürlich weh. Aber mit Kerem Demirbay haben wir einen Spieler geholt, der auf einem ähnlichen Niveau spielt, dazu gute Standards schlägt und ein echter Kämpfer ist. Davon abgesehen wird sich vielleicht noch etwas auf dem Transfermarkt tun.

Apropos Transfermarkt: Leverkusen hat bereits 52 Millionen Euro für drei Neuzugänge ausgegeben. Ist Bayer nach Brandts Wechsel besser oder schlechter als in der vergangenen Saison?

Ich würde das unabhängig von Julian betrachten. Unsere drei Neuzugänge tun uns auf jeden Fall gut. Neben Kerem haben wir mit Moussa Diaby enorme Geschwindigkeit auf dem Flügel dazubekommen und mit Daley Sinkgraven einen feinen Kicker auf der linken Außenverteidigerposition.

Ist der größte Coup dieser Sommerpause trotzdem der Verbleib von Kai Havertz? Rudi Völler sprach da von einer "fundamentalen Entscheidung".

Klar, Kai ist ein sensationeller Spieler. Für sein junges Alter übernimmt er brutal viel Verantwortung, trifft fast immer die richtigen Entscheidungen. Und torgefährlich ist er sowieso. Für uns als Mannschaft ist enorm wichtig, dass er geblieben ist. Wir sind einfach froh, dass wir weiter mit ihm zusammenspielen dürfen.

Kommen wir noch einmal zu Ihnen zurück – und zum Musikalischen. Was wäre denn der Wunschsoundtrack für Ihre persönliche Saison?

Puh, da gibt es viele gute Lieder …

… wie wäre es mit "Get Back" von den Beatles? Da heißt es "Get back to where you once belonged" – die perfekte Untermalung für Ihre Rückkehr in die Nationalmannschaft. Zuletzt waren Sie viertbester Scorer (14 Tore, zehn Vorlagen) der Bundesliga. Wäre es nach drei Jahren nicht endlich Zeit für eine erneute DFB-Nominierung?

Na ja (lacht), die Entscheidung treffe ich ja nicht. Ich bin mit mir im Reinen, denn in den vergangenen Jahren habe ich konstant gute Leistungen abgerufen und dazu mit Bayer international gespielt. Von daher bin ich bei dem Thema absolut entspannt. Und da die letzte Nominierung schon drei Jahre her ist, sitze ich jetzt nicht jedes Mal da und frage mich, ob ich wieder dabei bin. Ich akzeptiere die Entscheidung. Dazu bin ich Sportler genug.

Das hört sich nicht allzu positiv an. Sind Sie etwas enttäuscht?

Nein, enttäuscht nicht. Die Situation ist halt so. Es herrscht eine Riesenkonkurrenz in Deutschland. Und dazu findet in der Nationalmannschaft ein Umbruch statt. In der nächsten Woche werde ich 27 Jahre alt, da bin ich auch nicht mehr der klassische "Umbruchspieler".

Könnte es auch damit zusammenhängen, dass Sie viele Wege machen, die andere nicht machen – dafür aber ein paar Tore weniger erzielen und nicht so im Blickpunkt stehen?

Vielleicht wäre ich – was die Torjägerkanone angeht – mit einer anderen Spielweise eher weiter vorn dabei, aber deshalb werde ich meinen Stil nicht ändern. Denn dieser Stil hat mich dort hingebracht, wo ich jetzt bin.

Immerhin haben Sie in einem Interview kritisiert: "Welcher Spieler viel arbeitet, wie oft Verteidiger hinten klären – das juckt nur noch wenige. Oft zählt nur noch, wer aktuell medial gehypt wird, die Tore schießt und gewinnt." Denken Sie, dass diese Sichtweise in den vergangenen Jahren zugenommen hat?

Damit meinte ich das Fußballgeschäft allgemein. Und dieser Trend hat sich beispielsweise durch Social Media verstärkt. Viele junge Fans wollen bei Instagram spektakuläre Tricks sehen, und Übersteiger-Videos generieren nun einmal viele Klicks. Aber das ist in meinen Augen nicht das Wesentliche im Fußball. Die Sichtweise auf den Sport hat sich extrem verändert. Als ich Profi wurde, und ich gehe jetzt in meine zehnte Saison, haben mir Leute gesagt: "Wow, hast Du heute viel gearbeitet für die Mannschaft." Das ist weniger geworden. Man bekommt den Eindruck: Entweder hast Du ein Tor gemacht, dann hast Du gut gespielt. Oder Du hast kein Tor gemacht, dann hast Du schlecht gespielt. Das ist die öffentliche Wahrnehmung. Entweder Schwarz oder Weiß. Da ist es umso wichtiger, dass deine Mannschaft, dein Trainerteam und deine engsten Vertrauten wissen, was du kannst. Und das ist bei uns im Team der Fall. Daran halten wir uns auch fest und blenden das andere ein Stück weit aus.

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Stört Sie die beschriebene Entwicklung?

Nein, nicht wirklich. Man passt sich eben an, gewöhnt sich an alles. Aber ich glaube, dass viele Fans das nicht gut finden. Vor allem die älteren – auch, dass du auf vier verschiedenen Plattformen Spiele anschauen musst, dass der Ton in den sozialen Netzwerken so rau geworden ist, dass du sehr schnell ganz oben, aber auch schnell wieder ganz unten bist. Das ist alles extremer geworden und gerade für junge Spieler gefährlich. Da denkt ein Spieler schnell: "Ich bin schon einer." Aber eigentlich hat er noch nichts erreicht. Dafür muss er erst mal zwei, drei Jahre in der Bundesliga seine Leistung bringen.

Was müsste sich ändern, um das Ganze zurück in andere Bahnen zu lenken?

Da kann man wenig machen. In dem Geschäft steckt viel Geld. Und die Vermarktung wird immer umfangreicher. Das kann man schwerlich aufhalten.

Wobei Sie davon natürlich auch profitieren. Würden Sie beispielsweise auf die Hälfte Ihres Gehaltes verzichten, um auf den zuvor beschriebenen Stand zurückkommen?

Das ist eine sehr hypothetische Frage. Das wird nicht so kommen. Trotzdem: Als ich als junger Spieler hochgekommen bin, geackert habe, Sachen auf den Platz tragen musste, hochgeguckt habe zu den älteren Spielern und auch auf die Socken bekommen habe – das war schon eine Zeit, die mich geprägt hat und von der ich profitiert habe.

Ihr Vater war Eishockey-Nationalspieler. Sie haben als Kind selbst beim EV Füssen gespielt. Haben Sie mal darüber nachgedacht, dass Sie als Eishockey-Profi ein ruhigeres Leben hätten und nicht überall erkannt würden?

Ich habe ein paar gute Kumpels, die im Eishockey-Business unterwegs sind und ganz ehrlich: Da hat man auch kein ruhigeres Leben. Eher im Gegenteil. Natürlich gibt es nicht diesen extremen Hype, diese Öffentlichkeit. Aber der Aufwand ist sehr hoch: Jede Woche fahren die teilweise zweimal mit dem Bus durch ganz Deutschland und halten Ihre Knochen hin.

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