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FC Schalke 04: Eine Gehaltsobergrenze ist nichts als eine Blendgranate


Schwierige Zeiten für S04
Gehaltsobergrenze? Der FC Schalke will nur ablenken

  • Dominik Sliskovic
MeinungVon Dominik Sliskovic

Aktualisiert am 29.06.2020Lesedauer: 4 Min.
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Omar Mascarell: Der Schalker Kapitän dürfte bei seiner nächsten Gehaltsverhandlung ähnlich sparsam drein gucken.Vergrößern des Bildes
Omar Mascarell: Der Schalker Kapitän dürfte bei seiner nächsten Gehaltsverhandlung ähnlich sparsam drein gucken. (Quelle: RHR-Foto/imago-images-bilder)

Schalke 04 will als erster Bundesligist eine Gehaltsobergrenze einführen. Das ist unnötige, opportunistische Selbsteinschränkung – und könnte dem Verein nachhaltig schaden.

Der FC Schalke 04 will in Zukunft seine Spielergehälter deckeln und keinem Akteur mehr als 2,5 Millionen Euro zahlen. Das berichtete die "Süddeutsche Zeitung" am Sonntagabend exklusiv. Von der "Bild" darauf angesprochen, wollte der Ruhrpott-Klub die Einführung einer solchen Obergrenze weder bestätigen noch dementieren. Ein Schweigen, das Bände spricht.


Zwar würden die Königsblauen mit diesem Schritt zu Bundesliga-Pionieren – zum ersten Klub, der auf die von DFB-Präsident Fritz Keller öffentlich ausgetragene Diskussion um eine Gehaltsgrenze reagiert –, sie würden sich jedoch auch massiv selbst einschränken. Das beträfe nicht nur die Möglichkeiten, den aktuellen Kader zusammenhalten, in dem mit Omar Mascarell und Benjamin Stambouli die zwei Säulen der grandiosen Hinrunde schätzungsweise über vier Millionen Euro pro Saison kassieren, sondern auch die mittelfristige Ausrichtung des Klubs.

Denn Schalke würde mit einem Mittelklasse-Etat auch zu einem Mittelklasse-Klub verkommen. Die Knappenschmiede, Schalkes legendäre und viel gelobte Nachwuchsakademie, mag weiter kontinuierlich Top-Talente produzieren. Doch heutzutage verfolgen bereits 17-jährige Jungprofis einen weitsichtigen Karriereplan. Gehälter in Höhe der kursierenden 2,5 Millionen Euro sind da nicht das Ende, sondern eher die zweite oder dritte Sprosse auf der Leiter ganz nach oben. Schalke würde zunehmend die Rolle einer Berufsschule zukommen, aus der sich die finanzkräftige Konkurrenz die besten Absolventen herauspicken kann.

Gehaltsdeckel keine neue Überlegung auf Schalke

Überlegungen zu einer Deckelung des Spieleretats sind dazu nichts Neues auf Schalke. Christian Heidel trat seinen Dienst als Schalker Sportvorstand 2016 mit dem Wunsch an, das Gehaltsniveau anzugleichen. Sollte sich sein Nachfolger Jochen Schneider nun mit seinem Plan durchsetzen, wäre das sicher auch eine späte Genugtuung für den sparsamen Mainzer, bei dem noch von einem Maximum zwischen drei und 3,5 Millionen Euro die Rede war.

Zur Geschichte gehört jedoch auch, dass Heidel seinen Grundsatz-Sparkurs ganz fix über Bord warf, als es darum ging, Leistungsträger Leon Goretzka an den S04 zu binden. Plötzlich sprach Heidel öffentlich darüber, wie er für den Verbleib des heutigen Bayern-Stars bis an die finanzielle Schmerzgrenze gegangen sei, Goretzka gar ein zweistelliges Millionen-Salär angeboten habe. Der Umworbene verließ den Klub dennoch und entschied sich – trotz eines finanziell schwächeren Angebots – für die Herausforderung FC Bayern. Die Büchse der Pandora war damit aber geöffnet und Heidels Gehaltsstrategie zum Scheitern verdammt. Spieler wie Max Meyer und Alexander Nübel pokerten daraufhin hoch, brachten Unruhe in den Verein und schwächten ihn mit ihren ablösefreien Abgängen.

Überraschend ist, wie positiv der neue Vorstoß in Richtung Gehaltsobergrenze beim Schalker Anhang ankommt. Verfechter des Sparkurses verweisen dabei gerne auf zwei andere Vereine, denen eine solche Strategie angeblich sogar gut tue: Ajax Amsterdam und RB Leipzig. Doch diese Verweise sind nicht nur unpassend, sondern zeugen auch von wenig Fachwissen. Denn: Ajax hat seinen Gehaltsdeckel in Höhe von einer Million Euro nach vier Jahren ohne Meisterschaft im Jahr 2018 gekippt, um die beiden Ex-Spieler (und Großverdiener) Dusan Tadic und Daley Blind aus der Premier League zurück in die Grachtenmetropole zu holen. Erst das Ende des selbstauferlegten Dogmas also ermöglichte das Erringen der 34. nationalen Meisterschaft sowie das Erreichen des Champions-League-Halbfinals.

RB Leipzig führte wohl 2016 eine Gehaltsobergrenze von drei Millionen Euro ein – als damaliger Bundesliga-Aufsteiger. Diese soll jedoch, den sportlichen Erfolgen der Sachsen Rechnung tragend, gekippt beziehungsweise stillschweigend nach oben korrigiert worden sein. Mit einem aktuellen Gehaltsgefüge zwischen fünf und sechs Millionen Euro ist der obendrein vom österreichischen Unternehmen Red Bull alimentierte Klub auf dem weltweiten Transfermarkt in der Spitzenriege konkurrenzfähig.

Die Probleme liegen in der Führungsriege, nicht in den Spielergehältern

So ist die nun wahrscheinlich kommende Gehaltsobergrenze auf Schalke nichts weiter als eine billige Blendgranate. Ein Manöver, das im Lichte der Corona-Krise von jahrelangem Missmanagement in der Gelsenkirchener Führungsriege ablenken soll. Statt sich selbst so unnötig und opportunistisch zu beschränken, sollte der Aufsichtsrat um den stark angeschlagenen Vorsitzenden Clemens Tönnies lieber seine vergangene Arbeit Revue passieren lassen – und sich fragen, wie man gemeinsam mit dem Vorstand über 150 Millionen Euro Transfererlöse allein aus den vergangenen fünf Jahren so sinnlos in den Sand setzen konnte.


Zwar würde eine Gehaltsobergrenze Schalke auch ein Stück weit vor teuren Transferflops und -missverständnissen wie Nabil Bentaleb (19 Millionen Euro Ablöse, vier Millionen Euro Gehalt) und Sebastian Rudy (16 Millionen Euro Ablöse, sechs Millionen Euro Gehalt) bewahren, sie wäre aber auch gleichbedeutend mit einem Verzicht auf spektakuläre Neuverpflichtungen wie Klaas-Jan Huntelaar (kassierte auf Schalke leistungsbezogen bis zu acht Millionen Euro) und den Anspruch, jährlich im internationalen Geschäft mitzumischen. Leistungsträger wie die begehrten Weston McKennie und Suat Serdar dürften dann recht bald Reißaus nehmen.

Nein, der geplante Etatdeckel würde Schalke nicht zum deutschen Ajax machen. Er würde den Klub vielmehr um Jahre in seiner Entwicklung zurückwerfen und ihn umso abhängiger von Leihspielern – und windigen Beratern – machen. Das wäre nicht einmal im Interesse eines gewissen sparsamen Mainzers gewesen.

Verwendete Quellen
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