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FC Bayern: Joshua Kimmichs Impf-Begründung ist hanebüchen


Ungeimpfter Bayern-Star
Kimmichs Begründung ist hanebüchen

  • Dominik Sliskovic
MeinungVon Dominik Sliskovic

Aktualisiert am 24.10.2021Lesedauer: 4 Min.
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Joshua Kimmich: Der Bayern-Star ist ungeimpft, seine Argumentation, weshalb er sich so entschieden hat, dünn.Vergrößern des Bildes
Joshua Kimmich: Der Bayern-Star ist ungeimpft, seine Argumentation, weshalb er sich so entschieden hat, dünn. (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)

Dass Joshua Kimmich sich nicht impfen lässt, ist sein gutes Recht. Das Problem ist sein windschiefes Verständnis von Solidarität. Denn damit lässt der Fußballstar nicht nur seine Fans im Stich.

Joshua Kimmich ist ungeimpft. Diese Meldung bestimmte am gestrigen Samstag nicht nur die Sportwelt. Einer von Deutschlands besten und erfolgreichsten Fußballern hat sich bewusst dagegen entschieden, sich mit zwei Piksen gegen eine schwere Erkrankung durch das Coronavirus zu schützen. Das ist Kimmichs gutes Recht, die Selbstbestimmung über den eigenen Körper ist in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft ein hohes Gut. Problematisch ist jedoch Kimmichs hanebüchene, fast schon infantile Argumentation, warum er diese Entscheidung für sich getroffen hat.

Er habe Bedenken, erklärte er im Anschluss an den Kantersieg seines FC Bayern gegen die TSG Hoffenheim (4:0) am Mikrofon von Sky Sport, "gerade, was fehlende Langzeitstudien angeht." Nur kann der schwammige Verweis auf das Fehlen von Langzeitstudien per se nicht als Bedenken gelten. Warum wird Kimmich nicht konkreter? Welche Folgen befürchtet er durch die Impfung? Welche Gerüchte hat er möglicherweise gelesen, die ihn so unsicher machen? Zudem: Was gilt für ihn als Langzeitstudie? Und warum genügt ihm eine Nebenwirkungsrate im Promillebereich bei Milliarden von Impfungen nicht als Beweis der Sicherheit und Wirksamkeit der Impfung?

Kimmich konstruiert ein fragwürdiges Verantwortungsverständnis

All das lässt Kimmich im Dunklen. Stattdessen konstruiert er ein fragwürdiges Verantwortungsverständnis in der Pandemie, wenn er erklärt, er halte sich ansonsten an alle Hygienemaßnahmen, werde "alle zwei, drei Tage" getestet (auf Vereinskosten, übrigens) und sei ja ohnehin die meiste Zeit des Tages an der frischen Luft, wo das Infektionsrisiko deutlich geringer sei.

Nur geht es in der Pandemie und ihrer Bekämpfung nicht allein um Kimmich, sondern um die gesamte Gesellschaft. Und auch ein Joshua Kimmich ist nicht den lieben langen Tag an der frischen Luft. Auch er schläft mit seiner Familie in einem Haus mit vier Wänden und einem Dach, auch er muss mal, salopp gesagt, im Stadion oder auf dem Vereinsgelände an der Säbener Straße auf die Toilette (wo die Infektionsgefahr aufgrund der Abgeschlossenheit und Enge der Räume wesentlich erhöht ist).


Mit seinem Egoismus gefährdet Kimmich nicht nur sich, sondern auch seine Familie und unzählige Mitbürgerinnen und Mitbürger. Denn, man hat nicht erst an seinem (doppelt geimpften) Cheftrainer Julian Nagelsmann gesehen: Eine Corona-Infektion kann jeden treffen – ganz egal, wie stringent man sich an vermeintliche Hygienemaßnahmen hält.

Kimmich fühlt sich von "der Gesellschaft" in die Ecke gedrängt

So weit scheint Kimmich jedoch ganz offensichtlich nicht zu denken. Er greift lieber "die Gesellschaft" an, die Menschen wie ihn sofort als "Corona-Leugner und Impfgegner" diffamiere. Das ist eine plumpe rhetorische Volte einer privilegierten Person, die sich in die Ecke gedrängt fühlt. Deshalb noch einmal: Es ist Kimmichs gutes Recht skeptisch zu sein und sich nicht impfen zu lassen. Nur sollte er sich auch seiner Vorbildfunktion als Profifußballer bewusst sein.

Im Sky-Sport-Interview erklärt er nämlich: "Es gibt immer wieder Impfdurchbrüche, geimpfte Menschen lassen sich nicht mehr testen und können das Virus so weiter verbreiten."

Mit diesem Konter stellt sich der Bayern-Star endgültig ins Abseits, weil er de facto der Corona-Schutzimpfung den Sinn abspricht. Oder anders gesagt: Weil eine Impfung keinen 100-prozentigen Schutz gegen eine Infektion bietet, ist sie offensichtlich für Kimmich unnötig.

Die Frage, wie eine Gesellschaft, in der die Mehrheit der Menschen wie Kimmich denken würden, die Pandemie in den Griff kriegen solle, stellte Sky Sport-Reporter Patrick Wasserziehr leider nicht. Die Antwort darauf liegt jedoch auf der Hand: Sie würde die Pandemie nicht in den Griff kriegen und würde dies mit einer tiefgreifenden Durchseuchung ihrer Bevölkerung bezahlen.

Kimmich lässt seine Fans im Stich

"Weil Gesundheit über allem steht, ist jetzt Solidarität notwendig – im Großen wie im Kleinen", heißt es auf der Website der von Kimmich mitbegründeten Initiative "We Kick Corona", die seit dem Frühjahr 2020 Millionenspenden für den Kampf gegen die Folgen der Pandemie eingesammelt hat. Es ist traurig und erschütternd, dass gerade die Person, die sich in den vergangenen Monaten mit dieser preisgekrönten Organisation profiliert hat, ein so windschiefes Verständnis von Solidarität hat.

Während Millionen von Fußballfans den solidarischen Gang in die Impfzentren und Arztpraxen angetreten sind, um nun nach über eineinhalb Jahren Pandemie wieder die Stadien füllen und Stars wie Kimmich auf dem Fußballplatz bejubeln zu können, lässt ausgerechnet der, zu dem sie aufblicken, sie im Stich.

Durch seine Entscheidung gegen die Impfung erhält Kimmichs – über die Jahre und mithilfe vieler Doku-Reportagen – aufgebautes Bild des reflektierten, differenziert denkenden Fußballers schwerwiegende Risse. Dabei wäre er doch wie kaum ein Zweiter aufgrund seiner Reichweite und Popularität dafür prädestiniert, Bedenken gegenüber der Corona-Schutzimpfung aus dem Weg zu räumen.

Man stelle sich nur vor, welche Wirkung eine Diskussionsrunde mit Kimmich und etwa drei der anerkanntesten Immunologinnen und Immunologen Deutschlands hätte. Eine Fragerunde, in der ein geachteter Fußballer all seine Sorgen offen adressieren kann und von renommiertem Fachpersonal Antworten erhält: Das wäre nicht nur ein Gewinn für Kimmichs Image, sondern für die Wissensbildung der gesamten Gesellschaft.

Diese Chance hat Kimmich – bislang – nicht in Betracht gezogen. Vielleicht ja auch, weil er befürchtet, dass die Medizinier ihn dann über die Langzeitfolgen von Schmerzmittelkonsum bei Profisportlern aufklären. Unwahrscheinlich, dass beim FC Bayern vor jeder Spritze mehrere hundertseitige Studien ausgehändigt werden. Aber so weit scheint Kimmich ganz offensichtlich nicht zu denken.

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