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Packing-Rate: Fußball-Statistik sorgt bei EM 2016 für Aufsehen


So funktioniert "Packing"
Daten-Tool soll Fußball-Statistik revolutionieren

t-online, Steffen Engesser

Aktualisiert am 15.06.2016Lesedauer: 4 Min.
Toni Kroos war auch hinsichtlich der "Packing"-Statistik beim EM-Auftaktsieg der deutschen Nationalmannschaft gegen die Ukraine der überragende Akteur.Vergrößern des BildesToni Kroos war auch hinsichtlich der "Packing"-Statistik beim EM-Auftaktsieg der deutschen Nationalmannschaft gegen die Ukraine der überragende Akteur. (Quelle: Teamfoto/imago-images-bilder)
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"Packing ist der Startpunkt zu einer Neubetrachtung des Fußballs" - mit diesem selbstbewussten Slogan wirbt das Start-Up-Unternehmen "Impect" für ein Daten-Tool, das die Spielanalyse um den Faktor Effizienz erweitert. Dadurch soll die Fußball-Statistik revolutioniert werden. Die Grundidee: Die Qualität des Passspiels soll mit "Packing" eingeordnet und messbar gemacht werden.

Die neue Achse im Koordinatensystem der Spielanalyse hat bereits einige Anhänger gefunden. Die Bundesliga-Klubs Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen und Aufsteiger RB Leipzig arbeiten schon mit dem neuen Daten-Tool. Zudem wird die deutsche Nationalmannschaft mit "Packing"-Statistiken versorgt. Auch die ARD setzt bei der EM-Berichterstattung auf die neue Datensammlung.

"Packing wird das Scouting und die Trainingsmethodik verändern", ist sich Mehmet Scholl sicher. Der ARD-Experte zeigte sich unlängst von der neuen Methodik der Passbewertung begeistert. Auch Taktik-Experte Christian Titz ist von der "Packing"-Grundidee angetan, mahnt jedoch zur einer differenzierten Betrachtung.

Zwei Bundesliga-Profis, eine Idee

Hinter der neuen Statistik-Idee stecken zwei alte Bekannte aus der Bundesliga: Ex-Profi Stefan Reinartz und Hertha-Profi Jens Hegeler. Reinartz, der seine Karriere bei Eintracht Frankfurt vor wenigen Wochen wegen gesundheitlicher Probleme beenden musste, gründete "Impect" gemeinsam mit Hegeler. Ihr Antrieb: Eine Statistik entwickeln, die Aufschluss über die Effizienz der Spieler gibt.

So funktioniert "Packing"

Die Grundidee von "Packing" ist recht einfach. Bewertet wird, wie viele Gegenspieler ein Akteur mit einem erfolgreichen Pass überwindet und so aus dem Spiel nimmt. Ausschlaggebend ist dabei, dass sich nach erfolgreichem Zuspiel weniger Gegenspieler zwischen Ball und gegnerischem Tor befinden als vor der Offensivaktion. Diese überspielten Gegner können ihr Tor nicht mehr verteidigen. Sie sind daher "gepackt". Querpässe in der eigenen Spielhälfte fließen also nicht in die Datenerhebung ein.

In folgendem Beispiel spielt der Passgeber den Ball der aus der eigenen Spielhälfte zu seinem Mitspieler und überwindet dadurch zehn Gegenspieler.

Die gegnerischen Spieler können durch Vertikalpässe, Diagonalbälle oder Dribblings überspielt werden. Die beim Mitspieler angekommenen Pässe oder die erfolgreichen Alleingänge in einem Spiel werden zur "Packing-Rate" aufsummiert. In diesem Beispiel würde der Passgeber für seinen erfolgreichen Steilpass zu seinem Mitspieler zehn "Packing-Punkte" erhalten.

Was ist der "Impect"-Wert?

Neben der "Packing-Rate" erstellen die Spiele-Analytiker noch einen weiteren Wert, der als "Impect" bezeichnet wird. Das Überspielen der gegnerischen Verteidiger, zu denen auch der Torwart zählt, wird gesondert erfasst, da es laut des Unternehmens "besonders effektiv" ist und "den größten Einfluss (engl. Impact) auf den Torerfolg" hat.

Dass man Mithilfe der beiden Kennzahlen erbrachte Top-Leistungen gut abbilden kann, zeigte sich zuletzt in der Bewertung von Toni Kroos im EM-Austaktspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen die Ukraine (2:0). Der Mittelfeldspieler von Real Madrid, nach dem Spiel von der UEFA zum "Man of the Match" gewählt, erreichte mit 112 aus dem Spiel genommenen Gegenspielern einen absoluten Spitzenwert.

WM-Halbfinale zwischen Brasilien und Deutschland als Gradmesser

Auch das Halbfinalspiel der WM 2014 zwischen Gastgeber Brasilien und Deutschland (1:7) verdeutlicht die Aussagekraft des neuen Daten-Tools. Während die dem Fußball-Fan geläufigen Statistiken wie Ballbesitz, Balleroberung, Torschüsse, Ecken und Flanken das wahre Kräfteverhältnis nicht widerspiegelten (siehe Bild), unterstrichen die "Packing"-Daten die Dominanz des späteren Weltmeisters.

Deutschland lag sowohl in der "Packing-Rate" (überspielte Gegner) mit 402 zu 341 als auch beim "Impect-Wert" (überspielte Verteidiger) mit 84 zu 53 deutlich vorne.

Titz: "Querpass kann hohe Wertigkeit haben"

Trotz der beeindruckenden Zahlenspiele ist für Experte Titz die richtige Einordnung der neuen Kennzahlen wichtig: "Packing ist mit Sicherheit ein interessanter Parameter, der über die Qualität der Pässe Auskunft geben kann. Man muss jedoch bei der Bewertung der Spieler differenzieren, von welcher Zone der Pass gespielt wird." So sei es beispielweise für einen Stürmer schwierig, eine bessere "Packing-Rate" zu erzielen, als ein passicherer Abwehr- oder Mittelfeldspielerspieler mit vielen Ballkontakten, da der Angreifer "viel weniger Gegenspieler vor sich hat" und somit mit seinen Pässen kaum punkten kann.

Auch die gleichzeitige Abwertung von Querpässen, die nicht für Raumgewinn sorgen, können für Titz wichtig sein: "Ein Querpass auf einen Mitspieler, der dann mit dem zweiten Pass erst mehrere Gegenspieler überbrückt, kann auch eine hohe Wertigkeit haben, da er den hoch bewerteten Packing-Pass vorbereitet."

Defensiv ausgerichtete Teams im Vorteil?

Für den Taktik-Experten wäre interessant zu wissen, ob gute "Packing"-Zahlen eng mit der gewählten Spielphilsophie zusammenhängen. "Italien beispielweise hat gegen Belgien aus der Tiefe mit weniger Ballbesitz gespielt. Doch hatten sie einen höheren Packing-Wert als Belgien oder Deutschland, welche hoch in des Gegners Hälfte spielten?"

Klar ist für Titz aber vor allem eins: "Im Fußball geht es darum, Gegner zu überspielen, um ein Tor zu erzielen. Packing scheint dabei interessante Daten zur Überspielung von gegnerischen Spielern zu liefern. Es wird interessant sein, was die Packing-Werte in den nächsten Spielen aufzeigen werden."

Über Christian Titz: Unser Taktikexperte Christian Titz ist DFB-Fußballlehrer und Autor mehrerer Fußballfachbücher. Aktuell ist er U17-Trainer beim Hamburger SV. Mehr Infos zu seinen Tätigkeiten finden Sie unter www.coaching-zone-portal.de oder in diesem Video.

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