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Trotz Corona-Chaos: DHB-Stars gegen EM-RĂŒckzug
Die Euphorie ĂŒber die guten EM-Leistungen des jungen DHB-Teams wird von tĂ€glich neuen Corona-FĂ€llen ĂŒberschattet. Trotz der Infektionsgefahr haben sich die Spieler gegen ein vorzeitiges Turnierende entschieden.
Ein RĂŒckzug der deutschen Handballer von der EM in Ungarn und der Slowakei ist vorerst vom Tisch. Nach den weiteren Corona-FĂ€llen am Mittwoch werden Lukas Stutzke, David Schmidt (beide Bergischer HC) und Tobias Reichmann (MT Melsungen) neu zum Team stoĂen. Die ist das Ergebnis einer Krisensitzung des Deutschen Handballbundes (DHB) mit Vertretern der Bundesliga.
"Wir haben intensiv mit den Spielern, Delegationsmitgliedern, den HBL- und EHF-Vertretern diskutiert. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir es verantworten können, im Turnier zu verbleiben. Wir haben gröĂten Respekt vor allen Delegationsmitgliedern", sagte DHB-Vorstandschef Mark Schober in einer virtuellen Medienrunde am Mittwochabend.
"Wir haben in der Mannschaft darĂŒber gesprochen, wie wir das Turnier fortsetzen und zu Ende bringen können. Das ist unser klares Ziel, alles andere war nicht unser Thema", betonte DHB-KapitĂ€n Johannes Golla, der zudem sagte: "Auch wenn wir alle auf Abstand unterwegs sind â so einen Zusammenhalt wie in den vergangenen Tagen habe ich selten erlebt."
DHB lĂ€sst sich HintertĂŒr fĂŒr einen RĂŒckzug offen
Nach der Entscheidung fĂŒr einen vorzeitigen Verbleib bei der EM schlieĂen die deutschen Handballer einen RĂŒckzug vom Turnier bei weiteren Corona-FĂ€llen dennoch nicht aus. "Die Situation ist dynamisch. Es kann durchaus sein, dass wir am morgigen Tag wieder eine andere Entscheidung treffen", erklĂ€rte Schober weiter.
"Wir lassen von der EuropĂ€ischen Handballföderation prĂŒfen, zu welchen Bedingungen ein RĂŒckzug zu einem spĂ€teren Zeitpunkt möglich ist." ZunĂ€chst sei man aber zum Schluss gekommen, "dass wir es verantworten können, im Turnier zu bleiben".
Am Tag vor dem Handball-Klassiker gegen Spanien hatte Omikron erneut gnadenlos zugeschlagen. Beim freiwilligen Training in Bratislava stand Bundestrainer Alfred Gislason nur noch ein Restkader zur VerfĂŒgung, wenig spĂ€ter sickerte durch: Drei weitere Spieler haben sich mit Corona infiziert â die personelle Lage im DHB-Team nimmt vor dem Auftakt in die Hauptrunde dramatische ZĂŒge an.
DHB reicht Antrag auf Spielverlegung ein
Trotz inzwischen zwölf coronabedingten AusfÀllen will die deutsche Mannschaft zumindest im Hauptrunden-Auftakt gegen Titelverteidiger Spanien antreten. Der DHB hat bei der EHF beantragt, das erste Hauptrundenspiel der deutschen Mannschaft am Donnerstag (18 Uhr im Liveticker auf t-online) gegen Spanien auf Samstag oder Montag zu verlegen.
Durch die positiven Befunde bei Sebastian Heymann, dem bislang besten DHB-SchĂŒtzen Christoph Steinert (17 Tore) und Djibril M'Bengue hatte sich die Zahl der deutschen Spieler in QuarantĂ€ne am Nachmittag auf zwölf erhöht. Elf der ursprĂŒnglich 17 fĂŒr die EM nominierten Spieler fallen mittlerweile aus â dazu noch der nachtrĂ€glich berufene Hendrik Wagner. Durch die bisherigen Nachnominierungen befinden sich momentan insgesamt 25 DHB-Spieler in Bratislava, nur 13 von ihnen sind fĂŒr das Spanien-Spiel einsatzfĂ€hig.
"Man muss momentan festhalten, dass die Infektionskette nicht abreiĂt. Da ist unser EM-Team leider ein Spiegelbild der Gesellschaft", sagte LigaprĂ€sident Uwe Schwenker der Nachrichtenagentur SID: "Jetzt aber unendlich mit Spielern aus der Bundesliga nachzuladen, macht keinen Sinn." Und so bleibt einzig die Hoffnung auf ein ganz schnelles Ende der "Corona-Explosion" (Gislason).
Keine AusfÀlle beim spanischen Team
Die Spanier haben dagegen bislang noch keinen Ausfall vermeldet. Alles lĂ€uft auf ein ungleiches Duell mit dem groĂen Turnierfavoriten hinaus.
Bob Hanning hatte bereits vor dem virtuellen Krisentreffen vor SchnellschĂŒssen gewarnt, zumal die KrankheitsverlĂ€ufe bei den Spielern "milde" seien und kaum ĂŒber einen Schnupfen hinausgingen. Der frĂŒhere DHB-VizeprĂ€sident und Manager der FĂŒchse Berlin sagte bei ntv, er sei selbst "ein groĂer Freund davon, das Turnier fortzusetzen, weil ich auch glaube, dass einige Spieler zum Ende der Gruppenphase wieder zurĂŒckkommen". Nach fĂŒnf Tagen können sich Infizierte beim Turnier in der Slowakei freitesten.
Gislason hatte die "sehr absurde Situation" bereits vor den nÀchsten Omikron-Nachrichten anschaulich beschrieben. "Das ist die spannendste Zeit des Tages, das Warten auf die Resultate des Covid-Tests", sagte der IslÀnder. Die Lust auf die Kracher in der Hauptrunde ist ebenso groà wie die Angst vor weiteren Corona-FÀllen. Und die blieben nicht aus.
Dabei machen die bisherigen Vorstellungen sportlich Appetit auf mehr â und sorgten bei den Spielern im Kampf ums Halbfinale fĂŒr eine breite Brust. "Wir haben jetzt vier Finalspiele, die wir im Idealfall gewinnen. Wenn wir das schaffen, ist ganz viel möglich", hatte etwa TurnierdebĂŒtant Steinert forsch gesagt â bevor auch er ausgebremst wurde. Elf der ursprĂŒnglich 17 nominierten Spieler fallen mittlerweile aus â dazu noch der nachnominierte Hendrik Wagner.
In der Heimat verfolgen immer mehr Zuschauer die lebendigen Auftritte der schwer angeschlagen Auswahl des Deutschen Handballbundes. Mehr als fĂŒnf Millionen Zuschauer sahen den Vorrundenabschluss gegen Polen, die bislang beste deutsche Turnierleistung. Nun wartet nicht nur fĂŒr den erfahrenen Gislason der "auf dem Papier und in der RealitĂ€t schwerste Gegner ĂŒberhaupt". Seine Mannschaft wĂ€re auch ohne ein Dutzend Infektionen "krasser Underdog".