Sport Wolfgang Stark mit Lob überschüttet
Während sich Polen und Russland beim 1:1 (0:1) in Warschau einen von Willen und Leidenschaft, aber auch von Fehlpässen und Abwehrschwächen geprägten Kampf lieferten, blieb einer ohne Fehl und Tadel: Schiedsrichter Wolfgang Stark wurde nach der hervorragenden Leistung bei dem brisanten EM-Spiel von Spielern und ehemaligen Kollegen mit Lob überschüttet.
Für Lutz Wagner, Schiedsrichter-Lehrwart des DFB, war es "eine der zwei, drei Top-Leistungen der EM, wenn nicht sogar die beste." Ausschließlich positive Rückmeldung gab es auch vom Vorsitzenden der DFB-Schiedsrichterkommission. "Wolfgang Stark hat seine Spielleitung auf den Charakter des Spiels ausgerichtet, war großzügig bei Zweikämpfen und strikt gegen unsportliche Tendenzen", sagte Lutz-Michael Fröhlich. "Besonders hervorzuheben sind die Übersicht und auch die Teamarbeit. Es hat Spaß gemacht, dem Fußballspiel mit diesem Referee zuzuschauen."
Nur einer meckert
Einzig Dick Advocaat hatte was zu meckern. "Ich werde sicher nichts über den Schiedsrichter sagen. Sie haben gesehen, was ich auch gesehen habe, aber es macht keinen Sinn, darüber zu reden", sagte der Coach der russischen Nationalmannschaft. Was genau der Niederländer meinte, blieb sein großes Geheimnis. Vermutlich spielte Advocaat auf eine Szene wenige Sekunden vor dem Schlusspfiff an, als Alan Dsagojew auf dem Weg zum möglichen 2:1 im Zweikampf zu Boden ging.
Die Pfeife des FIFA-Referees blieb stumm. Es war die einzig wirklich diskutable Entscheidung in einem ansonsten ganz und gar Europameisterschafts-würdigen Auftritt des 42 -Jährigen. In der aufgeheizten Atmosphäre des Nationalstadions von Warschau agierte Stark gestenreich, autoritär, durchsetzungsstark, aber wenn nötig auch großzügig und gelassen.
Lob auch von Spieler-Seite
"Es war eine souveräne Vorstellung, eine gute Leistung, wie man es von ihm kennt", sagte der eingewechselte polnische Nationalspieler Adam Matuschyk, der vom Erstliga-Aufsteiger Fortuna Düsseldorf zum 1. FC Köln zurückkehrt. Matuschyks jüngste Erfahrungen mit Stark liegen noch gar nicht lange zurück. Der Bayer pfiff zuletzt das skandalöse Relegations-Rückspiel zwischen Düsseldorf gegen Hertha BSC, das eine zähe gerichtliche Verlängerung nach sich zog.
"Zu dem Spiel in Düsseldorf ist von meiner Seite alles gesagt. Grundsätzlich sind entscheidende Spiele für mich eigentlich die optimale Vorbereitung auf die EM, denn auch dort wird es in jedem Spiel um sehr viel gehen", hatte Stark noch kurz vor seiner Abreise am 4. Juni ins Schiedsrichter-EM-Quartier im Hilton-Hotel in Warschau gesagt.
Krug: "Stark hat die richtigen Akzente gesetzt"
"Er hat das Spiel laufen gelassen, gleichzeitig aber auch rechtzeitig zugegriffen, wenn es nötig war. Damit hat er die richtigen Akzente gesetzt", sah auch Hellmut Krug, Schiedsrichter-Beauftragter der DFL, eine tadellose Vorstellung der Deutschen. Nach 18 Minuten Spielzeit musste Stark ein lautstarkes Pfeifkonzert der polnischen Fans über sich ergehen lassen, weil er den Jubel über das vermeintliche 1:0 durch den Mainzer Eugen Polanski jäh stoppte - wegen einer korrekten Abseitsentscheidung.
Als es nach einer Stunde und dem dritten Turniertreffer von Alan Dsagojew (37.) sowie dem Ausgleich durch Dortmunds Meisterspieler Jakub Blaszczykowski (57.) kurz hitzig wurde und Robert Lewandowski und der Russe Igor Denisow aneinandergerieten, zückte Stark konsequent für beide Gelb. Und als Shootingstar Dsagojew meckerte, wurde er ebenfalls verwarnt (75.). Auch die packende dreiminütige Nachspielzeit absolvierte Stark mit Bravour - zur Belohnung gab es nach dem Schlusspfiff sogar einen freundschaftlichen Klaps vom Torschützen Blaszczykowski.