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Gino Mäder – So kam es zu dem tödlichen Unfall bei der Tour de Suisse


"... dann ist so ein Rad nicht mehr stabil"
Drama bei 100 km/h: So kam es zu Mäders tödlichem Unfall


16.06.2023Lesedauer: 4 Min.
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CYCLING-MADER/Vergrößern des Bildes
Gino Mäder: Der Schweizer wurde nur 26 Jahre alt. (Quelle: Jennifer Lorenzini)

Radprofi Gino Mäder starb nach einem Sturz in eine Schlucht. Doch wie kam es zu dem Drama? Ist der Radsport zu gefährlich? t-online hat einen Experten gefragt, der die Unfallstelle kennt – und selbst tragische Erfahrungen gemacht hat.

Die Nachricht vom Tod des Radprofis Gino Mäder hat die Radsportszene in Schockstarre versetzt. Der 26-jährige Schweizer war am Donnerstag auf der fünften Etappe der Tour de Suisse bei einer Abfahrt vom Albula-Pass in der Nähe von St. Moritz von der Straße abgekommen, in eine Schlucht gestürzt und musste reanimiert werden.

Danach wurde er ins Krankenhaus nach Chur gebracht, wo er am Freitagmittag seinen Sturzverletzungen erlag. Der Tod Mäders hat eine Diskussion über die Sicherheit im Profi-Radsport entfacht.

Auch der ehemalige Profi Fabian Wegmann ist schockiert. "Es ist ein sehr schlimmer, unfassbar trauriger Unfall. Er ist sehr schnell in die Kurve gefahren und wurde dann rausgetragen. Es ist unfassbar dramatisch, was da passiert ist. Mir fehlen die Worte", sagt Wegmann, der mittlerweile Sportlicher Leiter der Deutschland Tour ist, zu t-online.

Er hat eine ähnliche Situation in seiner Zeit als Profi hautnah miterlebt, als sein ehemaliger Team- und Zimmerkollege Wouter Weylandt 2011 nach einer Kollision beim Giro d’Italia verstarb.

Bei etwa 100 km/h von der Strecke abgekommen

Auch die Stelle, an der Mäder verunfallte, ist Wegmann aus seiner aktiven Zeit bekannt. "Ich war dort oft im Höhentrainingslager, kenne die Kurve und bin sie selbst schon während der Tour de Suisse gefahren", erklärt der Münsteraner.

Bei der Abfahrt erreichen die Fahrer Geschwindigkeiten um die 100 km/h. "Wenn man mit diesem Tempo in eine Kurve fährt, ist so ein Rad nicht mehr stabil. Wenn man sich dann verschätzt oder versteuert, kann so etwas leider passieren. Es scheint ein Fahrfehler gewesen zu sein, zumal die Strecke trocken war", führt Wegmann aus.

Video | Schweizer Radprofi stirbt nach Unfall bei Tour de Suisse
Quelle: Glomex

Nach dem Unglück kritisierten einige Radprofis die Organisatoren der Tour de Suisse teils deutlich. Der belgische Superstar Remco Evenepoel erklärte noch am Tag des Sturzes: "Ich hoffe, dass das heutige Finale der Etappe sowohl für die Organisatoren als auch für uns selbst als Fahrer ein Denkanstoß ist. Eine Bergankunft wäre problemlos möglich gewesen. Daher war es keine gute Entscheidung, uns die Etappe mit dieser gefährlichen Abfahrt beenden zu lassen."

Dann legte Evenepoel in der Schweizer Zeitung "Blick" nach: "Aber man braucht offenbar immer noch mehr Spektakel. Es muss wohl einfach etwas passieren, damit man reagiert."

Wegmann nimmt Veranstalter in Schutz

Fabian Wegmann, der bei Deutschland Tour und anderen Rennen selbst für die Streckenplanung zuständig ist, teilt diese Kritik nicht. "Ob man so kurz vor dem Ziel eine Abfahrt braucht, kann man natürlich diskutieren. Das birgt schon ein Risiko", so der 42-Jährige: "Ich kenne die Organisatoren und kann ausschließen, dass sie um jeden Preis Spektakel wollten – nach dem Motto 'Höher, schneller, weiter'. Sie schauen schon sehr auf das Risiko."

Zudem habe es die Stelle schon des Öfteren bei der Tour des Suisse gegeben, sie sei also nicht neu gewesen. Auch hätte es keine vorherigen Beschwerden von Fahrern gegeben.

Hätte die Abfahrt weiter vom Ziel entfernt sein müssen?

"Wenn das Ziel ein bisschen weiter von der Abfahrt entfernt gewesen wäre, wären die Fahrer dort möglicherweise nicht so risikoreich hinuntergefahren. Aber auch dann kann so etwas passieren", erklärt Wegmann.

Ähnlich sieht es Ralph Denk. "Der Unfall hat nichts damit zu tun, dass das Ziel kurz danach kam. Der Pass war der erste des Tages. Die Fahrer hinten gehen oft größeres Risiko als die, die um den Sieg fahren. Und für Gino ging es um nichts mehr, weder in der Tages-, noch der Gesamtwertung. Das macht es noch tragischer", so der Teamchef des deutschen Topteams Bora-hansgrohe zu "Bild".

"Meines Erachtens kann man von der Organisation her nichts vorwerfen, denn die Stelle war gut abgesperrt und dort stand beispielsweise kein Auto oder Zuschauer waren zu nah an der Strecke. Man kann eine hundert Kilometer lange Strecke leider nicht komplett absperren und an jeder Kurve Fangnetze aufbauen", so Wegmann weiter.

"Risiko hat schon immer dazugehört, so tragisch es ist"

Er sei sich sicher, dass Mäder die Abfahrt gekannt habe. Doch "weil man die Kurve schon zehnmal gefahren ist, heißt das aber nicht, das man dort nicht stürzen kann." Die Fahrer schauten sich die Abfahrten mittlerweile vorab im Internet an, aber deswegen sei man nicht vor einem Fahrfehler gefeit. "Das Risiko hat schon immer dazugehört, so tragisch es ist. Radsport ist ein gefährlicher Sport, der nun einmal auf der Straße stattfindet", so Wegmann.

Streckenänderungen bei der im August beginnen Deutschland Tour werde es trotz des Unglücks um Mäder nicht geben. "Nein, wir haben die Strecke unter Sicherheitsaspekten genau und lange im Voraus geplant", erklärte Wegmann.

Eine ähnliche Konstellation wie am Donnerstag mit einer Abfahrt relativ kurz vor dem Ziel vermeiden die Veranstalter allerdings. "Bei der Bergetappe nach Winterberg im Sauerland haben wir beispielsweise am Ende eine Runde eingebaut, damit das Ziel direkt nicht aus einer Abfahrt angesteuert wird", erklärt Wegmann.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Fabian Wegmann
  • youtube.com: Kanal von @gcnracingaufdeutsch – Tour de Suisse 2023 Highlights - Etappe 5
  • eurosport.de: TODES-DRAMEN IM RADSPORT: FABIAN WEGMANN ÜBER SCHRECKLICHE MOMENTE, GROSSE GESTEN UND TRAUERARBEI
  • eurosport.de: GINO MÄDER NACH STURZ GESTORBEN: RADSPORTSTARS UM REMCO EVENEPOEL UND TADEJ POGACAR TRAUERN UM SCHWEIZER
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen SID und dpa
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