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Alexander Zverev bei den US Open: Es wird Zeit


Zverevs Titeljagd
"Das beste Tennis meines Lebens"


26.08.2024Lesedauer: 5 Min.
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Alexander Zverev: Auf den ersten Grand-Slam-Triumph wartet er noch.Vergrößern des Bildes
Alexander Zverev: Auf den ersten Grand-Slam-Triumph wartet er noch. (Quelle: Goal Sports Images/imago-images-bilder)

Mehrfach stand Alexander Zverev kurz vor seinem ersten Grand-Slam-Triumph. Seinen großen Traum verwirklichen konnte er bisher aber nicht. Dabei wird es Zeit.

Tokio, Sommer 2021: Alexander Zverev wirft seinen Schläger von sich, sinkt ungläubig auf die Knie und schlägt die Hände über dem bis auf den Boden geneigten Kopf zusammen. Es ist der Moment, in dem der deutsche Tennis-Star realisiert: Er ist Olympiasieger.

"Das ist nicht eine Goldmedaille, die da um meinen Hals hängt, das sind die letzten 20 Jahre meines Lebens", sagte Zverev später über den Olympiaerfolg in einer Dokumentation unter Tränen. Titel der Doku: "Zverev – der Unvollendete". Und tatsächlich ist der Olympia-Triumph der bisher größte Erfolg in Zverevs Karriere.

So bedeutend eine Goldmedaille auch ist, im Leben eines Tennisspielers spielen die Olympischen Spiele eigentlich nur eine Nebenrolle. Woran man sich in der Welt der gelben Filzkugel eigentlich messen lässt, sind die Grand-Slam-Erfolge. Und da ist Zverev tatsächlich immer noch der Unvollendete. Schon dreimal war er ganz nah dran, doch scheiterte jedes Mal. Ab Montag startet Zverev nun einen erneuten Anlauf bei den US Open. Trifft im deutschen Erstrundenduell auf Maximilian Marterer, der den erkrankten Finnen Emil Ruusuvuori ersetzt. Es ist der Auftakt zu Zverevs nächster Chance. Kann er sie endlich nutzen? Die Zeit läuft nämlich gegen ihn.

Nervenschwäche und Verletzungen

Ausgerechnet bei den US Open sah Zverev schon einmal wie der sichere Sieger aus. Im Jahr 2020 bestritt der Deutsche das Finale gegen den Österreicher Dominik Thiem. Mit 2:0 Sätzen führte Zverev, holte sich im dritten Satz ein Break Vorsprung. Doch statt seinen ersten Grand-Slam-Sieg nach Hause zu servieren, ließ Zverev Thiem zurückkommen, gab nicht nur den dritten, sondern auch den vierten Satz ab. Im entscheidenden fünften Satz führte Zverev dann wieder 5:3 mit Break und musste nur noch ein einziges Aufschlagspiel zum Titelgewinn durchbringen. Doch wieder ließ er Thiem zurückkommen und verlor schließlich den Tiebreak mit 6:8. Aus der Traum vom ersten Grand-Slam-Titel.

Nicht einmal zwei Jahre später sollte sich die nächste Chance bieten. Paris. French Open. Halbfinale. Der Gegner hätte größer nicht sein können: Rafael Nadal. Damals bereits 13-maliger Titelträger von Roland Garros. Ein Sieg gegen Nadal und im Finale hätte mit Casper Ruud eine mehr als machbare Aufgabe gewartet.

Zverev präsentierte sich in Topform und leistete dem Sand-Dominator erbitterten Widerstand. Den ersten Satz hatte er nur knapp im Tiebreak abgeben müssen, der zweite steuerte erneut auf das 6:6 zu. Doch beim Stand von 6:5 und 30:40 knickte Zverev böse um und ging schreiend zu Boden. Später stellte sich heraus: Der Deutsche hatte sich mehrere Bänder im Knöchel gerissen. An ein Weiterspielen war natürlich nicht zu denken. Stattdessen wurde Zverev in einem Rollstuhl vom Platz gebracht. Schon wieder aus der Traum vom ersten Grand-Slam-Titel.

Es dauerte lange, bis sich Zverev von der schweren Verletzung erholt und auch wieder zu Form gefunden hatte. Doch im Jahr 2024 präsentierte sich der nunmehr 27-Jährige zurück in alter Stärke. Den Beweis erbrachte er spätestens bei den French Open, als er zwei Jahre nach seiner schweren Verletzung den Sprung ins Endspiel schaffte. Gegen Carlos Alcaraz führte er schon wieder mit 2:1 in den Sätzen, bevor er im vierten Satz aus unerklärlichen Gründen die Nerven verlor. Alcaraz schnappte sich gegen einen laut hadernden Zverev Satz vier und ließ sich den Sieg im Entscheidungssatz nicht mehr nehmen. Zum dritten Mal: aus der Traum vom ersten Grand-Slam-Titel.

Einige Wochen später in Wimbledon präsentierte sich Zverev dann sogar auf seinem vermeintlich schwächsten Belag, dem Rasen, in guter Form. Doch spät in der dritten Runde verdrehte er sich das Knie, im Achtelfinale war auch bedingt durch die Verletzung dann Schluss. "Es war kein schöner Moment in Wimbledon. Noch mal einen Grand Slam zu verlieren, weil man verletzt ist", sagte Zverev darüber später in der NDR-"Talkshow" in Anspielung auf die French Open 2022.

Zverev: "Spiele das beste Tennis meines Lebens"

"Ich hatte bei Wimbledon zum ersten Mal das Gefühl: Ich kann Wimbledon gewinnen. Ich habe wirklich das beste Rasenplatztennis gespielt, das ich je gespielt habe" analysierte er, um dann noch weiterzugehen: "Ich finde generell, dass ich momentan eine sehr gute Saison spiele und vielleicht sogar das beste Tennis meines Lebens spiele", sagte Zverev.

Doch genau darin liegt der Knackpunkt: Zverev hat es aus verschiedenen Gründen immer noch nicht geschafft, sich den Traum vom ersten Grand-Slam-Titel zu erfüllen. Auch nicht in diesem Jahr – dem vermeintlich besten seiner Karriere.

Vor den US Open gilt für ihn deshalb das Motto: Es wird Zeit. Im Vergleich zu anderen großen Namen des Welttennis ist Zverev nämlich spät dran. Zum Vergleich: Novak Djokovic hatte bis zu seinem 27. Geburtstag bereits sechs Grand Slams gewonnen, bei Rafael Nadal und Roger Federer waren es sogar zwölf.

Doch man muss für einen Vergleich nicht mal in das oberste Regal der Tennishistorie greifen. Jannik Sinner gewann Anfang des Jahres im Alter von 22 Jahren seinen ersten Grand Slam, Daniil Medwedew holte im Alter von 25 Jahren bei den US Open seinen ersten Major, und Carlos Alcaraz hat im Alter von 21 Jahren bereits vier der prestigeträchtigen Trophäen im Schrank.

Der Druck auf Zverev wächst also von Turnier zu Turnier. Immerhin möchte nicht nur er seinen ersten Major-Titel holen. Auch Tennis-Deutschland wartet sehnsüchtig auf den ersten Erfolg im Herrentennis seit Boris Beckers letztem Triumph bei den Australian Open 1996. Zverev war zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal geboren.

Nie hatte ein deutscher Tennisspieler so gute Voraussetzungen, das Warten zu beenden, wie Zverev. Für seine Größe von 1,98 Metern bewegt sich Zverev sehr gut, sein Aufschlag und seine Rückhand gehören zu den besten auf der Tennis-Tour.

Das Selbstbewusstsein ist da

Auch in die US Open geht Zverev wieder mit viel Selbstbewusstsein. Nach den gesundheitlichen Problemen in Wimbledon und dann bei den Olympischen Spielen, wo er mit körperlicher Müdigkeit zu kämpfen hatte, hat er seine Form wiedergefunden. Beim letzten Vorbereitungsturnier in Cincinnati erreichte er das Halbfinale, musste sich dort in einem fesselnden Match nur dem Weltranglistenersten und späteren Turniersieger Sinner mit 6:7 (9:11), 7:5 und 6:7 (4:7) geschlagen geben.

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Das Turnier in New York ist die letzte Grand-Slam-Chance für Zverev in dieser Saison. Klar, auch in den nächsten Jahren werden sich ihm noch Chancen bieten, seinen Traum zu erfüllen. Ein Beispiel, das ihm Hoffnung machen dürfte, ist der Schweizer Stan Wawrinka. Er holte 2014 bei den Australian Open, zwei Monate vor seinem 29. Geburtstag, seinen ersten Grand-Slam-Titel.

Ein mahnendes Beispiel

Dennoch: Dass Zverev das Niveau aus dieser Saison auch in die nächsten Jahre retten kann, ist keinesfalls gesichert. Zumal immer die Gefahr einer weiteren schweren Verletzung droht. Das wird allein mit Blick auf Zverevs US-Open-Finalgegner von 2020 deutlich: Dominic Thiem verletzte sich nur wenige Monate nach seinem Triumph schwer am Handgelenk, musste lange aussetzen und fand auch nach seinem Comeback nie wieder zu alter Form zurück. Am Ende der laufenden Saison wird der 30-Jährige seine Karriere beenden.

Auch Zverev wird wissen, dass die Uhr für ihn tickt. Die Voraussetzungen bei den US Open könnten zudem schlechter sein: Novak Djokovic schwächelt in diesem Jahr bei den Grand Slams, konnte noch keines der Turniere gewinnen. Branchenprimus Jannik Sinner hat mit dem Trubel um positive Dopingtests zu kämpfen (mehr dazu lesen Sie hier) und Carlos Alcaraz legte bei seinem Zweitrunden-Aus in Cincinnati eine derart frustrierende Leistung hin, dass er – vollkommen untypisch für ihn – seinen Schläger wutentbrannt zertrümmerte.

Zverev bietet sich in New York also eine beträchtliche Chance. Mal wieder. Kann er sie dieses Mal endlich nutzen? Es wird Zeit.

Verwendete Quellen
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