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Indiana Jones 5 "Das Rad des Schicksals": Das hat er nicht verdient


"Indiana Jones und das Rad des Schicksals"
Das hat er nicht verdient

  • David Digili
MeinungVon David Digili

Aktualisiert am 27.06.2023Lesedauer: 5 Min.
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Von einem Szenenbild zum nächsten: Harrison Ford in "Indiana Jones und das Rad des Schicksals".Vergrößern des Bildes
Von einem Szenenbild zum nächsten: Harrison Ford in "Indiana Jones und das Rad des Schicksals". (Quelle: IMAGO)

Zum fünften und letzten Mal spielt Harrison Ford den Filmhelden Indiana Jones. Das ist schade – und doch besser so. Denn der Abschied missglückt komplett.

Da steht er an einer Ampel in New York, gerade wurde er mit einer dürftigen Verabschiedung aus dem Büro in den Ruhestand komplimentiert, unter dem Arm eine biedere goldene Uhr als Ausstandsgeschenk – und als es grün wird, drückt er den Zeitanzeiger einem zufällig vorbeikommenden Passanten in die Hände, um dann die Straße zu überqueren.

Ganz klar: Das war nicht der Abschied, den sich Indiana Jones vorgestellt hat.

Nach Sichtung des 154 Minuten langen "Indiana Jones und das Rad des Schicksals", den t-online vor Kinostart (29. Juni) anschauen konnte, ist auch klar: Dieser Film, der fünfte und letzte in der legendären Reihe um den abenteuernden Archäologen, ist genauso geraten wie diese Szene gegen Anfang des Films: Weder "Indy" noch Hollywood-Grande Harrison Ford, der den Helden mit Fedorahut und Peitsche seit 1981 verkörpert, haben so einen Abschied verdient.

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In "Rad des Schicksals" muss der gealterte "Indy" einmal mehr einen Nazi (Mads Mikkelsen als Jürgen Voller) bekämpfen, der im Jahr 1969 nach einer Wiedererstarkung trachtet – mithilfe des titelstiftenden Artefakts aus Zeiten des griechischen Mathematikers Archimedes, der damit einen Mechanismus erfunden haben soll, dessen Fähigkeiten den Lauf der Geschichte verändern könnten.

Ford zur Seite steht dabei Phoebe Waller-Bridge (Autorin und Hauptdarstellerin der Erfolgsserie "Fleabag", die aber auch das Drehbuch zum verhunzten finalen Daniel-Craig-Bond "Keine Zeit zum Sterben" mitverursacht hat) als Helena Shaw, Indys trickreiche, risikofreudige Patentochter. Auch die beliebte Figur Sallah, bereits im ersten und dritten Film der Reihe von John Rhys-Davies gespielt, hilft "Indy" nach Kräften. In Nebenrollen sind unter anderem Antonio Banderas, Boyd Holbrook, Shaunette Renée Wilson, Toby Jones und Thomas Kretschmann zu sehen. Wieder einmal geht es um die Welt an verschiedenste Orte, wieder einmal muss Indiana dabei halsbrecherischste Situationen überstehen.

John Williams' Soundtrack brilliert – sonst aber nichts

Der Film startet dabei vielversprechend. Die im Zweiten Weltkrieg spielende Eröffnungsszene, musikalisch in gewohnter Perfektion vom mittlerweile 91-jährigen Star-Komponisten John Williams untermalt, macht Hoffnung auf mehr, startet ähnlich furios und packend wie aus der Reihe gewohnt. Dazu beeindruckt, wie ähnlich der digital verjüngte Harrison Ford sich selbst vor 35 Jahren sieht. Doch so sehr Williams' Kompositionen auch im weiteren Filmverlauf brillieren, virtuos wie in besten Zeiten – sie sind der einzige Glanzpunkt der Produktion.

Denn dieser Film – und einen leidenschaftlichen Fan der Reihe schmerzen diese Worte – enttäuscht mit seiner Mittelmäßigkeit, mit seiner Unentschlossenheit, seiner Belanglosigkeit. Er bleibt den Nachweis seiner Daseinsberechtigung nicht nur schuldig, er arbeitet sogar daran, ebendiese in Zweifel zu ziehen. Diesen Film hätte es so nicht gebraucht. Einem echten Fan von Indiana Jones muss er wehtun.

Nach der Intro-Szene geht es in die Film-Gegenwart im Jahr 1969. Hier ist der Held desillusioniert, verbraucht, irgendwie fehl am Platz. Er beschwert sich bei seinen jungen Hippie-Nachbarn über laute Musik, nur, um von denen dann nicht ernst genommen zu werden. Er vegetiert abseits vom Beruf in einer augenscheinlich seit längerer Zeit nicht mehr aufgeräumten Wohnung vor sich hin – denn auch privat steht er vor einem Trümmerhaufen.

"Rad des Schicksals" will ein Film über Hoffnung sein

Ein Motiv, mit dem Regisseur James Mangold so oder so ähnlich schon Sylvester Stallone (als übergewichtiger, seines Berufs müder Polizist Freddy Heflin in "Cop Land"), Joaquin Phoenix (als Johnny Cash in der immerhin auf Fakten basierenden Filmbiografie "Walk the Line") oder Hugh Jackman (als heruntergekommener Marvel-Superheld Wolverine in "Logan") durch schwerste Sinn- und Lebenskrisen gehen ließ. Hier nun wird Ford/Jones zum Spielzeug für Mangolds fatalistischen Heldenzerstörungstrieb. Immerhin aber lässt er ihm sein Feuer und sein Herz, die nur auf eine Initialzündung warten – und sie durch Shaw (Waller-Bridge) bekommen.

"Indiana Jones und das Rad des Schicksals" will auch ein Film über Hoffnung, über Familie, über Zuversicht sein – ein hehrer Ansatz, für dessen erfolgreiche Umsetzung aber über die verehrte Hauptfigur hinaus sympathische Charaktere, in die das Publikum Emotionen investieren kann, vonnöten sind. Stattdessen hinterlässt die quirlige Shaw, die seltene archäologische Fundstücke zu Spottpreisen verhökert und ein ums andere Mal betont, dass es für sie im Leben doch nur ums Geld gehe, zwar keinen unsympathischen, aber nur wenig herzerwärmenden Eindruck.

Kein Platz für Überraschungen

Andere Figuren – wie Banderas' Seebär Renaldo – werden eingeführt und wieder entsorgt, ohne nach vielversprechendem Start etwas Wichtiges zum Fortgang der Story beigesteuert zu haben. Beim – so viel Spoiler muss erlaubt sein – frühzeitigen Ableben von US-Agentin Mason (Shaunette Renée Wilson) kommt fast schon Genugtuung auf. Denn nicht nur wird von Behördenseite offenbar mehr oder weniger achselzuckend hingenommen, dass Vollers schießwütige Handlanger skrupellos morden. Mason und ihre Vorgesetzten waren dazu offenbar jahrelang über alle Maßen blind für Vollers finstere Ziele, obwohl der sich nicht mal große Mühe gibt, seine Verachtung für seinen neuen Arbeitgeber und seine Verbitterung über den Ausgang des nun vor fast 25 Jahren beendeten Zweiten Weltkriegs zu verstecken. Selbst dem Hotel-Zimmerservice (!) macht er klar: "Ihr habt nicht gewonnen – Hitler hat verloren."

Für feine Zwischentöne, unerwartete Plot-Twists oder gar Überraschungen ist tatsächlich kein Platz.

Kein fein nuancierter Bösewicht wie Indy-Widersacher Belloq (Paul Freeman) aus "Jäger des verlorenen Schatzes" (1981), ein gerissener Archäologe, der mit den Nazis zusammenarbeitet, aber bei aller Verschlagenheit trotzdem stets eine gewisse Distanz zu seinen tumben Verbündeten wahrt. Keine emotionale Bindung, wie sie der Filmheld zu seinem kleinen Helfer "Short Round" (Ke Huy Quan) in "Indiana Jones und der Tempel des Todes" (1984) pflegt. Auch kein skrupelloser Kollaborateur wie der Geschäftsmann Donovan (Julian Glover) aus "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" (1989), der erst im Laufe des Films sein wahres Gesicht zeigt, oder eine berührende Beziehung wie die zu seinem Vater Henry (Sean Connery) aus demselben Film.

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Der Film macht nichts besser als seine Vorgänger

In "Indiana Jones und das Rad des Schicksals" bekommen Zuschauer, was sie sehen, voll drauf, unaufhaltsam muss die Handlung vorangetrieben werden. Dabei verliert sich der Film in der Folge auch zusehends in einem Wust aus Szenenbildern, die dann aber doch nur beiläufig vorbeirauschen, ohne nachhaltig in Erinnerung zu bleiben. Ob Marokko, Sizilien oder Griechenland, ob Dialoge oder Action – nichts verfängt, nichts macht wirklich Eindruck, während Indy und seine Mitstreiter durch das Drehbuch hecheln.

Der einzige Eindruck, der sich verfängt: Die Autoren – immerhin Regisseur Mangold selbst, David Koepp, Jez Butterworth (u.a. "Spectre") und dessen Bruder John-Henry – haben sich die ersten drei – legendären – Filme der Reihe angeschaut, Papier und Bleistift in der Hand, und eilig eine Liste erarbeitet, welche Elemente denn unbedingt auch in ihrem Film vorkommen sollten.

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Das Problem dabei: Der Film nimmt diverse Anleihen bei seinen Vorgängern, zu Nostalgie verbrämt, in Wahrheit aber nur Zeugnis kollektiver Einfallslosigkeit – und macht dabei aber nichts besser oder zumindest genauso gut. Schon der verunglückte vierte Teil mit dem ungelenken Titel "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels" (2008, an dem Koepp ebenfalls schon beteiligt war) enttäuschte auch aus diesem Grund.

Selbst das Ende dieses neuen Films, das unbedingt emotional sein will und, um eben so emotional zu sein, eine emotionale Szene aus einem der vorherigen Filme neu interpretiert, ist wie der Großteil der zweieinhalb Stunden zuvor alles – nur eben nicht emotional.

Und so ärgert der Film zum Schluss sogar noch: Denn so viel sich die Macher bei den Vorgängern abgeschaut haben – ausgerechnet das perfekte Ende haben sie übersehen: In "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug", dem furiosen Abschluss der wunderbaren ursprünglichen Trilogie, reiten Indy, sein Vater, Sallah und Weggefährte Marcus Brody (Denholm Elliott) nach besiegter Gefahr gemeinsam in den Sonnenuntergang. Dabei hätte es bleiben müssen.

Verwendete Quellen
  • "Indiana Jones und das Rad des Schicksals"
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