t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeUnterhaltungStars

Andreas Gabalier polarisiert: "Wir haben verlernt, zu streiten"


Andreas Gabalier
"Wir haben verlernt, zu streiten"

InterviewVon Janna Halbroth

21.05.2025 - 12:21 UhrLesedauer: 7 Min.
Andreas Gabalier: Der Schlagerstar wünscht sich eine Streitkultur zurück.Vergrößern des Bildes
Andreas Gabalier: Der Schlagerstar wünscht sich eine Streitkultur zurück. (Quelle: IMAGO/Eibner-Pressefoto/Gerhard Wingender)
News folgen

Mit seiner Einstellung zum Gendern und anderen konservativen Positionen löste Andreas Gabalier Kontroversen aus. Im t-online-Interview schlägt der Sänger nun andere Töne an.

"Der von Ihnen gewünschte Gesprächspartner ist zurzeit nicht verfügbar. Bitte versuchen Sie es später noch einmal", ertönt es durch den Telefonhörer, als ich Andreas Gabalier zum vereinbarten Interview anrufe. Der österreichische Dialekt fällt sofort auf. Gabalier ist also ein Witzbold. Doch nicht alle können über ihn lachen.

In früheren Interviews äußerte sich der Sänger oft sehr konservativ, er gilt als traditionstreu, wenn nicht gar rückwärtsgewandt. Im t-online-Interview hingegen gibt sich Gabalier betont liberal. Leben und Leben lassen, scheint sein neues Motto zu lauten. Doch ganz aus seiner Haut kann er dann doch nicht. Der Schlagerstar verrät, inwiefern das Polarisieren auch Teil seines Geschäftsmodells ist, warum er sich oft missverstanden fühlt und wieso wir alle mehr streiten sollten.

t-online: Herr Gabalier, Lederhose, Sonnenbrille, breites Grinsen: Das sind Sie, der Volks-Rock'n'Roller aus Österreich. Haben Sie sich eigentlich jemals gedacht: Heute mache ich mal alles ganz anders?

Andreas Gabalier: Ich mache ja zum Beispiel für Weihnachtsshows schon mal eine Ausnahme, wenn etwa Carmen Nebel sich einen Anzug gewünscht hat. Ansonsten bleibe ich dabei. Die Lederhose gehört zu meinem Auftritt dazu und zieht sich wie ein roter Faden durch. Es ist, was es ist – eine Marke: der Volks-Rock'n'Roller.

Wie viel von dem Volks-Rock'n'Roller ist dann überhaupt noch Andreas Gabalier?

Ich habe nie in ein Kostüm schlüpfen müssen. Ich bin seit meiner Kindheit so groß geworden, mit vielen Festen, auf Hochzeiten, Geburtstagen, das fand alles immer in Tracht statt. Ich habe mich deswegen auch für die Bühne nie verkleidet gefühlt. Ich bin ich selbst und erzähle von und aus meinem Leben. Ich schmücke dabei natürlich vieles aus, manches ist mit einem Augenzwinkern gemeint. Aber ich muss mich in meinem musikalischen Dasein nicht verstellen.

Wie verletzend ist es dann, wenn Sie merken: Sie werden von vielen auch nicht gemocht?

Es ist ganz normal, dass mich nicht jeder mag. Das liegt auch an der Größe des Erfolgs. Wenn medial viel über mich berichtet wird, dann erreicht das auch Menschen, die sich eigentlich nicht mit mir beschäftigen wollen. Das ist für mich normales Zeitgeschehen. Es ist ja auch nicht jeder Fußballfan.

Wie meinen Sie das?

Es erfreut nicht jeden, wenn die Massen beginnen, herumzuprügeln und wir auf Steuerkosten Hundertschaften der Polizei brauchen. Da gibt es auch viele Kontroversen. Ich sehe das entspannt. Das ist ein Resultat des Erfolgs und der Massen, die man begeistert.

Gehört das Polarisieren zu ihrem Geschäftsmodell?

Wenn man mit seiner Marke begeistert, dann polarisiert man automatisch. Ich möchte den Leuten nicht egal sein, dann wären die Stadien nämlich auch leer. Dann würde ich auch diejenigen, denen ich eine große Freude bereite, mit meiner Musik nicht erreichen. Deswegen will ich auch gar nicht jedem gefallen. Ich begeistere seit 15 Jahren Millionen von Menschen. Am Ende ist Musik auch nur Unterhaltung. Jeder hat die Möglichkeit, dieses Konzert nicht zu besuchen, die Musik abzudrehen oder nicht zu kaufen. Ich bin ja kein Politiker, der neue Gesetze an den Tag bringt, an die sich jeder halten muss.

Die Thematik scheint Sie sehr zu beschäftigen.

Ich kann es manchmal gar nicht verstehen, wie meine Musik jemandem so sehr nicht gefallen kann. Man muss sich ja dann gar nicht damit beschäftigen. Eigentlich ist es voll easy. Ich drücke mich niemandem auf. Veganer müssen auch kein Fleisch essen und ich reg' mich als Steakliebhaber auch nicht über Leute auf, die kein Fleisch essen.

Fleischesser, die sich über Veganer aufregen, gibt es aber ja durchaus.

Ja, aber warum? Es ist ein Gesellschaftsproblem der heutigen Zeit. Das ist ein Wohlstandsproblem. Solange wir keine größeren Sorgen haben, als uns über Musik, Veganismus oder Elektroautos aufzuregen …

Wie meinen Sie das genau?

Es ist nicht jeder Tesla-Fan, ich kann trotzdem nicht verstehen, wieso man dann einen Tesla zerkratzt. Wir sollten mehr Toleranz an den Tag legen. Das würde das Leben in dieser stickigen bevölkerungszuwachsenden Welt maßgeblich erleichtern.


Quotation Mark

Die Welt bleibt nicht stehen, sie verändert sich. Es war immer schon so in der Geschichte. Das ist das Kernproblem der Menschheit: Wir können mit Veränderungen nicht umgehen, obwohl sich die Menschen immer verändern.


Andreas Gabalier


Sie fordern also mehr Liberalität in der Gesellschaft?

Ich bin selbst zwischen Berg- und Stadtleben groß geworden. Wir haben so unterschiedliche Nachbarsfreunde gehabt. Damals in den Neunzigerjahren hatten wir auch nicht alle die gleichen Interessen. Da waren so viele unterschiedliche gesellschaftliche Charaktere vereint. Es hat niemanden aufgeregt, wenn der eine auf dem Sportplatz gepöbelt hat und der andere in der Wiese lag, Kelly Family gehört und Hippie gespielt hat. Wir saßen dann alle am Sonntagabend mit einem Bier zusammen und haben uns unterhalten. Nach dem Motto: Sag mir deine Sorgen und ich sage dir meine. Diese ekelhaften Spannungen und Spaltungen, die es heute so unnötigerweise gibt, in unserem Gott sei Dank noch friedlichen Breitengrad, sind traurig und unnötig.

Sind die Debatten, die gerade geführt werden, etwa über Geschlechterrollen, Sprache oder Diversität, für Sie unnötig?

Die Welt bleibt nicht stehen, sie verändert sich. Es war immer schon so in der Geschichte. Das ist das Kernproblem der Menschheit: Wir können mit Veränderungen nicht umgehen, obwohl sich die Menschen immer verändern. Es fällt uns schwer, es muss erst einmal extrem sein, bis alles wieder normal wird. Man sieht das gerade in anderen Regionen, wo jetzt die Bomben fliegen. Das kann nicht unser Anliegen sein. Ich würde mir wünschen, dass wir alle mehr Toleranz und Miteinander an den Tag legen. Wir dürfen nicht alles, was der eigenen Anschauung auf den ersten Blick nicht zusagt, mit Händen und Füßen treten. Das ist ein Riesenproblem unserer Zeit.

 
 
 
 
 
 
 

Gleichzeitig ist es aber auch gut und wichtig, bestimmte Themen zu diskutieren. Viele Protagonisten aus der Schlagerbranche zeigen sich aber aalglatt, bleiben oft neutral. Woran liegt das?

Viele Künstler haben Angst. Man sieht, wie es mir ergangen ist. Seit einigen Jahren hat es sich etwas beruhigt. Aber bei mir gab es in den ersten zehn Jahren viele Kontroversen. Die Öffentlichkeit hat sich mit einer Missgunst auf mich gestürzt und teilweise viel mehr in die Sachen hineininterpretiert, als ich gesagt habe. Viele haben sich richtig daran ergötzt. Ich kann mir deswegen schon vorstellen, dass viele Künstler diesen Weg nicht gehen und lieber aalglatt sein wollen.

Loading...
Loading...
Empfohlener externer Inhalt
Youtube

Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen Youtube-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren Youtube-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.

Haben Sie sich aufgrund Ihrer Erfahrungen danach in gewissen Situationen mehr zurückgehalten?

Ich sage gern zu gewissen Themen meine Meinung, oder beziehe Stellung. Ich glaube aber auch, dass es die Öffentlichkeit gar nicht mehr so gut verträgt, wenn berühmte Personen Haltung annehmen. Trotzdem ist das mein Naturell. Wenn ich das Gefühl hatte, Äußerungen von mir sind in eine falsche Richtung abgedriftet, habe ich immer versucht, für Klarheit zu sorgen.

Wie haben Sie das gemacht?

Ich habe Antworten gegeben, an Diskussionsrunden oder Talksendungen teilgenommen und den Dialog gesucht. Ich habe versucht, Aufklärungsarbeit zu machen, weil es mir wichtig war. Man darf den Dialog nicht verlieren. Man muss Probleme, Ängste und Sorgen diskutieren und debattieren. Die Streitkultur ist verloren gegangen. Der Ton, der Respekt bringt und bekanntlich die Musik macht, an dem gilt es zu arbeiten. Damit sollten wir uns alle auseinandersetzen.

Was wäre Ihr konkreter Vorschlag, um diese Probleme zu lösen?

Sich andere Meinungen wenigstens anhören und darüber diskutieren, das würde helfen. Aber das ist meiner Meinung nach durch Social Media sehr verloren gegangen. Wir haben verlernt, zu streiten und zu diskutieren. Wir vergreifen uns da oft viel zu schnell und viel zu hart im Ton. Konzerte sind das beste Beispiel: da kommen Menschenmassen zusammen und sind friedlich und fröhlich. Warum geht das im Alltag nicht?

Waren Sie es je leid, sich erklären zu müssen?

Ich habe schon manches Mal gedacht: Jetzt reicht es auch. Die Stadien sind voll. Ich habe nicht ewig Lust, mich zu rechtfertigen für etwas, das ich nicht von mir gegeben habe. So viel Plattform darf man dem Ganzen auch nicht geben. Vor vier, fünf Jahren habe ich mir schon mal gedacht, das reicht jetzt. Aber zu 90 Prozent waren es immer Freuden in meiner Karriere. Ich bin sehr dankbar und das steht über diesen Kontroversen. Ich habe als junger Mensch lernen müssen, mich in diesem Haifischbecken zurechtzufinden. Man muss sich wund laufen und das gehört dazu, wie in anderen Branchen auch. Ich habe über die Jahre hinweg gelernt, mit dem Gegenwind umzugehen. Es ist wichtig in den Dialog zu gehen und Ungereimtheiten aus der Welt zu schaffen. Es ist eben auch nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen.

Bald startet Ihre "Ein Hulapalu auf uns"-Tour: Was empfinden Sie dabei als besonders anstrengend?

Es passiert Gott sei Dank nicht sehr oft, aber es kommt vor, dass man sich irgendwo auf diesen Reisen im Flugzeug oder im Auto wegen der Klimaanlagen den Hals verrenkt. Das ist das Einzige, was so ein wunderschönes Ereignis wie eine Tournee für mich anstrengend werden lässt. Ansonsten ist es eine Lebensfreude, die mit vielen Emotionen verbunden ist. Die Tour ist für mich das Jahreshighlight, auf das ich das ganze Jahr hinarbeite. Das Ziel ist jedes Mal, dass diese Konzerte auch wieder voll werden. Die Tournee ist für mich wie eine Belohnung. Belastend ist so eine Tournee für mich nach so vielen Jahren nicht mehr, sondern von Freude geprägt.

Wenn Sie nach einem Tourabend im Hotelzimmer sitzen – was läuft da: Netflix, Nachrichten oder Stille?

Im Regelfall stoßen wir danach an, wenn es am nächsten Tag nicht wieder eine Show gibt. Nach den Samstagskonzerten wird mit der Band das eine oder andere Bierchen geöffnet und sich des Lebens gefreut. Ich bin keiner dieser Künstler, die nach so einer großen emotionalen Publikumsshow im Hotelzimmer in ein einsames Loch fallen.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Andreas Gabalier
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...


Bleiben Sie dran!
App StorePlay Store
Auf Facebook folgenAuf X folgenAuf Instagram folgenAuf YouTube folgenAuf Spotify folgen


Telekom