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MeToo: Ein Aufschrei aus Hollywood umrundet die Welt


#MeToo – Anklagen und Empörung
Ein Aufschrei aus Hollywood umrundet die Welt

ap, Jocelyn Noveck

23.12.2017Lesedauer: 4 Min.
Der US-Filmmogul Harvey Weinstein soll Schauspielerinnen zu sexuellen Handlungen gedrängt haben.Vergrößern des BildesDer US-Filmmogul Harvey Weinstein soll Schauspielerinnen zu sexuellen Handlungen gedrängt haben. (Quelle: Guillaume Horcajuelo/EPA/dpa-bilder)
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Es begann aus heiterem Himmel: Für Frauen weltweit wurde 2017 zu einem entscheidenden Jahr im Kampf für ihre Rechte. Der #MeToo-Aufschrei kam zuerst aus Hollywood, hat inzwischen aber die halbe Welt erreicht.

Dieser Artikel ist Teil unseres Jahresrückblicks. Hier finden Sie alle unsere Jahresrückblicke und Ausblicke auf 2018.

Es begann mit einem Zeitungsbericht, dann kam ein Tweet, und dann eine Lawine. 2017 wird wohl für immer als das "Jahr der Abrechnung" in Erinnerung bleiben. Oder besser vielleicht als das Jahr, in dem die Abrechnung begann. Denn kurz vor Jahresende deutet nichts darauf hin, dass das #MeToo-Phänomen an Kraft verliert. Es stürzte bisher mächtige Männer - von Hollywood bis zum Washingtoner Senat - vom Sockel. Und noch immer lässt sich praktisch jeden Morgen beim Aufwachen fragen: Wer ist heute dran?

Aber eine zunehmend aufkommende Frage ist auch, wie es nun weitergehen wird. Vollzieht sich wirklich ein Wandel, war dies tatsächlich das kulturelle Erdbeben, von dem manche sprechen und das sich viele erhoffen? "Das wissen wir nicht", sagt Frauenrechtlerin Gloria Steinem. "Aber was wir wissen, ist, dass Frauen zum ersten Mal Glauben geschenkt wurde." Steinem ist überzeugt, schon das mache im Vergleich zu vorher einen "immensen Unterschied".

Ein schmieriger Filmmogul

Vielleicht hatte es schon lange unter der Oberfläche gebrodelt. Im Oktober jedenfalls begann die Eruption mit einem Bericht der "New York Times" über schockierende Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen Hollywood-Mogul Harvey Weinstein. Hinter vorgehaltener Hand war über sein Verhalten schon seit Jahr und Tag geredet worden. Aber es war dann die Schauspielerin Ashley Judd, die den Anschuldigungen mit ihrem prominenten Namen Gewicht verlieh.

Sie berichtete von einem Vorfall in einem Hotelzimmer, bei dem Weinstein von ihr massiert und beim Duschen beobachtet werden wollte. Diese Situation kam vielen anderen Frauen bekannt vor. Und sie fühlten sich nun ermutigt, mit ihren eigenen Erfahrungen an die Öffentlichkeit zu gehen. Bis heute haben 80 Frauen Weinstein beschuldigt, sich sexuell übergriffig verhalten zu haben - es geht teils um Belästigung, aber auch um Vergewaltigung.

Donald Trump spielt eine Rolle

Dann kam am 15. Oktober der Tweet von Schauspielerin Alyssa Milano, der eine wahre Flutwelle auslöste. "Wenn alle Frauen, die sexuell belästigt oder angegriffen worden sind, "Me too" schrieben, dann könnten wir Leuten vielleicht die Größenordnung des Problems vermitteln." Als Milano am nächsten Morgen aufstand, hatten schon Zehntausende ihr "Ich auch" getwittert. Nicht einmal zehn Tage später waren es mehr als 1,7 Millionen in 85 Ländern.

"Was so überraschend gewesen ist, sind die Größe und Geschwindigkeit, mit der es passiert ist", sagt Milano. Aber sie glaubt auch, dass die Zeit bereits seit einem Jahr reif war: Die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten, der öffentlich mit dem Begrapschen von Frauen geprahlt hatte, hat nach ihrer Einschätzung eine wesentliche Rolle gespielt.

Enthüllungen haben Folgen

Im Laufe der Wochen wurde die Zahl der öffentlichen Anklägerinnen immer größer. Und zugleich auch die der Angeklagten. In Hollywood Kevin Spacey, Louis C.K., Brett Ratner und Dustin Hoffman. In der Musikwelt Russell Simmons. Im Nachrichtengeschäft die prominenten US-TV-Moderatoren Charlie Rose und Matt Lauer. Und in der US-Politik Senator Al Franken sowie Senatskandidat Roy Moore. Auch der US-amerikanische Starkoch Mario Batali wurde von der Welle erfasst.

Die Beschuldigten verloren Jobs, Shows, Buchverträge, einen Sitz im Senat - und das alles in rasender Geschwindigkeit. Einige entschuldigten sich, andere wie Weinstein beharrten darauf, nichts gegen den Willen der Frauen getan zu haben. Wiederum andere gingen in die Offensive: Simmons beispielsweise mit dem Hashtag #NotMe (Nicht ich). Manche Entschuldigungen kamen weniger gut an als andere. Schauspieler Spacey etwa verband seine mit der Enthüllung, schwul zu sei - eine Verknüpfung, für die er neue Kritik erntete.

Es gab einige Stimmen, die mahnten, dass es Unterschiede zwischen sexuellem Fehltritten gebe. Auch das fand beileibe nicht immer Anklang. Als Schauspieler Matt Damon etwa sagte: "Ich denke, dass wir anfangen müssen, Linien zwischen diesen Verhaltensweisen zu ziehen", entgegnete Milano auf Twitter, es gebe auch verschiedene Arten von Krebs. "Aber es bleibt Krebs."

Kein reines Promi-Problem

Nicht alle Frauen trauten sich unterdessen, an die Öffentlichkeit zu gehen, viele aus Furcht vor Vergeltung. Frauenanwältin Gloria Allred, die mit einer Reihe der Weinstein-Anklägerinnen vor die Presse trat, hat nach eigenen Angaben mit zahlreichen anderen Frauen gesprochen, die sich aber bisher scheuten, ihre Namen publik zu machen.

Und was ist mit den vielen Beschuldigten, die nicht zur Promi-Welt gehören? "Es gab schockierende Schilderungen von Farm- oder Fabrikarbeiterinnen, die auf dem Feld beziehungsweise am Fließband belästigt wurden und Berichte von belästigten Restaurantmitarbeitern", sagt Rechtsprofessorin Catharine MacKinnon. Sie hat vor Jahren den Grundsatz, dass sexuelle Belästigung eine Art sexueller Diskriminierung darstellt, ins Gesetzeswerk der Vereinigten Staaten eingeführt.

So viele Frauen seien Opfer sexueller Übergriffe von Männern, die keinen großen Namen hätten, sagt die Juristin. "Aber ich versichere Ihnen, für die Frauen, denen er (der Mann) es antut, ist er mächtig genug." MacKinnon meint: Jedes Mal, wenn einer Frau geglaubt werde, sei das ein Wunder. Das habe die Ereignisse seit Oktober auch so außergewöhnlich gemacht.

Für jene, die weiter an einem spürbaren Wandel zweifeln, hat sie einen Hinweis: Weiße Männer der höheren Schicht wendeten sich derzeit in Scharen von anderen weißen Männern ab. Das sei noch niemals zuvor geschehen, sagt sie. Die Männer hätten offensichtlich das Gefühl, sich nicht länger leisten zu können, mit den Vorfällen in Verbindung gebracht zu werden. "(Und) das ist kultureller Wandel. Das ist wirklicher sozialer Wandel."

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