Wirbel um Lanz-Sendung: ZDF hielt N-Wort eine Woche geheim

Seine Sendungen sind normalerweise hochaktuell. Doch in dieser Woche war bei "Markus Lanz" alles anders. Ausgerechnet eine Entgleisung legt das nun offen.
In dieser Woche kΓΆnnte manch Zuschauer des ZDF die Stirn gerunzelt haben. Wer sich spΓ€tabends die Talkshows des Moderators Markus Lanz ansah, bekam einen seltsam anmutenden Themenmix prΓ€sentiert. Da ging es mal um die Ukraine, mal um Astrophysik und schlieΓlich, im buchstΓ€blichen Sinne, um Gott und die Welt. So richtig tagesaktuell kam keine der "Markus Lanz"-Ausgaben in dieser Woche daher.
Zur Verwirrung dΓΌrfte auΓerdem beigetragen haben, dass an diesem Freitag, dem 29. September, der neue Podcast von Markus Lanz und Richard David Precht erschien mit dem Titel "Bericht aus der Ukraine". Lanz begrΓΌΓt darin die ZuhΓΆrer so: "Ich bin tatsΓ€chlich gerade in einem Hotelzimmer in Kiew." Er warte auf "den nΓ€chtlichen Luftalarm", es kΓΆnne also sein, dass die Podcast-Aufnahme jederzeit unterbrochen werden mΓΌsste: "Nichts ist wirklich planbar."
Markus Lanz musste seine Sendungen vorproduzieren
Ganz im Gegensatz zu seinen Sendungen im ZDF. Denn diese sind bereits seit vergangener Woche geplant. TatsΓ€chlich befindet sich Markus Lanz nΓ€mlich aktuell auf einer Reportage-Reise in der Ukraine und hatte daher Vorsorge fΓΌr seine Talkshow betrieben. Damit es wie gewohnt drei Ausgaben der Sendung pro Woche geben konnte, zeichnete Lanz die Folgen auf. Er legte dafΓΌr Doppelschichten ein und war zwischen dem 19. und 21. September lΓ€nger als gewohnt in Hamburg-Altona.
In seinem dortigen "Markus Lanz"-Studio herrschte Akkordarbeit: Eine ZDF-Talkshow wurde jeweils fΓΌr den Dienstag-, Mittwoch- und Donnerstagabend tagesaktuell abgedreht und im Anschluss kamen sogleich die nΓ€chsten GΓ€ste, mit denen dann die Episoden fΓΌr die Ausstrahlung zwischen dem 26. und 28. September produziert wurden. UngewΓΆhnlich ist das vor allem deshalb, weil Lanz zwar nur sehr selten live sendet, aber in aller Regel hΓΆchst aktuell β die Aufzeichnung also kurz vor Ausstrahlung stattfindet.
Warum dies nun ΓΌberhaupt zum Thema wird, hat mit einem Gast aus der Donnerstagssendung zu tun. Gregor Gysi von den Linken war eingeladen und sorgte mit einer rassistischen Entgleisung fΓΌr Wirbel. Gysi nutzte, vermeintlich ohne groΓ darΓΌber nachzudenken, das N-Wort: "Im SΓΌden der USA, wo die Neger ja furchtbar behandelt wurden und auch heute noch nicht wirklich gleichberechtigt behandelt werden", begann Gysi einen Satz.
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"Herr Gysi, Sie benutzen das Wort jetzt im historischen Kontext?", fragte Lanz nach β und Gysi machte den Eindruck, als wΓ€re ihm die Brisanz seiner Wortwahl nicht bewusst. "Es war gerade ein interessanter Moment: Sie haben gerade das N-Wort genutzt", so der Moderator. Gysi, sichtlich verwundert, stritt das ab: "Ich habe nur von Schwarzen gesprochen." Doch da machte die Formulierung schon die Runde und lΓΆste in den sozialen Medien EmpΓΆrung aus.
Das ZDF wusste bereits seit einer Woche von dem N-Wort
Immerhin 1,45 Millionen Menschen sahen sich zu dieser Zeit "Markus Lanz" an. Nur logisch, dass angesichts dieser Reichweite Reaktionen zu erwarten sind. Interessant ist diese Entgleisung nun auch vor dem Hintergrund, dass das ZDF bereits seit einer Woche davon weiΓ. Nach Informationen von t-online hat die Aufzeichnung der Gysi-Ausgabe vergangene Woche Donnerstag, am 21. September stattgefunden. Die Talkshow-Redaktion hat diese nun unzensiert und womΓΆglich weitgehend unbearbeitet versendet β nachdem sie diese sieben Tage lang im Archiv liegen hatte.
Auf eine Anfrage von t-online zu dem Thema hat das ZDF bislang nicht geantwortet. Warum beispielsweise kein redaktioneller Hinweis in die Sendung gesetzt wurde, um die zeitlichen ZusammenhΓ€nge oder die Brisanz der Entgleisung zu benennen, bleibt damit vorerst unklar.
- Eigene Recherchen
- ZDF: "Markus Lanz" vom 28. September 2023