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Tagesschau: Das Flaggschiff der ARD muss komplett umsteuern


Was wird aus der Tagesschau?
Für diesen Schritt ist es höchste Zeit


16.05.2025 - 17:00 UhrLesedauer: 1 Min.
Jens Riewa: Er moderiert regelmäßig die "Tagesschau".Vergrößern des Bildes
Jens Riewa: Der Chefsprecher steht wie kaum ein anderer für das Nachrichten-Flaggschiff der ARD. (Quelle: NDR/Thorsten Jander)
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Die Tagesschau soll umgebaut werden. Die Sendung um 20.15 Uhr soll künftig eine halbe Stunde dauern. Das ist zumindest ein Plan von ARD-Programmdirektorin Christine Strobl. Hat sie recht damit?

"Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau." Keine Institution im deutschen Fernsehen hat einen solchen Status wie die Hauptausgabe der Tagesschau. Punkt 20 Uhr liefert das Flaggschiff der ARD seit ihrer Gründung den Überblick über die wichtigsten Nachrichten des Tages. Ihre Sprecher sind Stammgäste in vielen deutschen Wohnzimmern.

Jetzt strickt "Das Erste" augenscheinlich an einer Reform. Die Tagesschau soll verlängert werden und künftig eine halbe Stunde dauern – so will es angeblich Christine Strobl, die mächtige ARD-Programmdirektorin, Tochter des verstorbenen Ex-Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble. Viele diskutieren deshalb:

Muss sich die Tagesschau von Grund auf verändern?

Pro
Philipp Michaelis
Philipp MichaelisBereichsleiter Aktuelles

Ja. Die Sendung ist aus der Zeit gefallen.

Die Weltlage erklärt sich nicht in einer Viertelstunde. Sie ist zu kompliziert, zu vielschichtig, zu widersprüchlich. Wer den Anspruch hat, seine Zuschauer allabendlich einmal "auf Stand" zu bringen (und das ist eine gute Absicht), der muss dafür mehr investieren als ein paar Minuten.

Die Tagesschau muss deshalb "mehr" werden. Sie genügt keinem Informationsauftrag, wenn sie nur Meldungen von Nachrichtenagenturen in Jens Riewas sonorem Bariton beglaubigt. Ihr Fand-statt-Journalismus wirft mehr Fragen auf, als er beantwortet. Ihr stoischer Vortrag hat mit der Aufmerksamkeitsspanne vieler Zuschauer nichts mehr zu tun. Ihre bieder-analoge Darreichung widerspricht jedem modernen Mediennutzungsverhalten. Die Lebenswirklichkeit eines Großteils der Deutschen hat sich längst von dem entkoppelt, was die Tagesschau als "Nachrichten" anbietet.

Sie muss genauer hinschauen, was im Land und auf der Welt passiert. Sie muss raus aus dem Hamburger Studio, muss auf ihre Reporter setzen. Nachrichten passieren draußen, nur dort sind sie echt und ungefiltert. Sie muss erklären, was Politiker sagen und was es auslöst, denn Politik versteht sich nicht von selbst. Wenn Politiker sich selbst nicht mehr erklären können, dann müssen die Medien beim Verstehen helfen. Die Tagesschau verweigert sich dem. Deshalb ist sie aus der Zeit gefallen.

All das braucht Raum. Deshalb muss das Flaggschiff umsteuern und länger werden. Der Schritt ist höchste Zeit – und doch gefährlich. "Erklären" heißt nicht "werten". "Einordnen" meint nicht "urteilen", wie es in der ARD ideologisch einseitige Zeigefinger-Formate wie "Monitor" und "Panorama" oder die konservative Empörungsrevue "Klar" tun, deren Macher sich für klüger halten als ihr Publikum. Sie sind mindestens so reformbedürftig wie die Tagesschau. Nur in die andere Richtung.

Guter Journalismus liegt dazwischen.

Kontra
Christoph SchwennickeBereichsleiter Exklusiv

Nein, bitte keine Tagesschau im Magazinformat

Manche Dinge sind so gut, dass sie am besten immer so bleiben, wie sie sind. Dazu gehören die Gummibärchen einer Firma aus Bonn und die Tagesschau des NDR aus Hamburg. In einer fluiden Zeit des Streamings gibt sie mit ihrer Viertelstunde ab 20 Uhr dem Tag eine letzte Struktur. Der Tag geht, die Tagesschau kommt – und mit ihr der Feierabend.

Die Redaktion stellt kompakt, kompetent und mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks das relevante Weltgeschehen zusammen. Vorgetragen in sachlicher und neutraler Form von Sprechern, nicht Moderatoren(!), die einen alle wie gute Bekannte abends im Wohnzimmer begrüßen. Dass irgendwann nicht mehr wie bei Dagmar Berghoff vom Blatt abgelesen wurde, sondern vom Teleprompter, das war okay.

Aber schon dieses vermeintlich lässige, tatsächlich verlorene Rumstehen der Sprecher im Studio hätte man sich schenken können. In den vergangenen Wochen war schon zu ahnen, dass es bald noch schlimmer kommt. Immer wieder sprenkelte die Redaktion magazineske Beiträge von großer Überflüssigkeit ein, in denen die Reporter ihren Geltungsdrang an einem vergleichsweise läppischen Thema stillten. Als hätte die RBB-Abendschau Pate gestanden: längliches Wenig bis Nichts in den Hauptnachrichten.

Was soll das?, fragte man sich bei diesen Beiträgen jedes Mal. Jetzt steht zu lesen, dass das alles Dehnübungen waren, dass an einem neuen Konzept gearbeitet werde und die Sendezeit auf eine halbe Stunde ausgedehnt werden soll.

Bitte, liebe ARD, lass das bleiben. Tagesschau kompakt um 20 Uhr, sonntags anschließend um 20 Uhr 15 Tatort. Wer will und noch nicht müde ist, kann danach noch die magazinigeren Tagesthemen schauen. So war das immer, so soll das bitte bleiben. Weil es genau so gut und richtig ist.

 
 
 
 
 
 
 

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