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"Der Preis ist heiß"-Comeback: Dieser Mann war einst der bessere Harry Wijnvoord


"Der Preis ist heiß"-Comeback
Dieser Mann war einst der bessere Harry Wijnvoord …


Aktualisiert am 04.05.2022Lesedauer: 6 Min.
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"Der Preis ist heiß": Harry Wijnvoord führte bereits von 1989 bis 1997 durch die Sendung und darf sie nun wieder für RTL neu auflegen.Vergrößern des Bildes
"Der Preis ist heiß": Harry Wijnvoord führte bereits von 1989 bis 1997 durch die Sendung und darf sie nun wieder für RTL neu auflegen. (Quelle: IMAGO / Jöran Steinsiek)

Mit der RTL-Rateshow "Der Preis ist heiß" kehrt ein Quiz-Klassiker der frühen Neunzigerjahre zurück. Für unseren Autor Ingo Scheel eine ganz persönliche Angelegenheit.

"Warum hat sich eigentlich niemand bei uns gemeldet?", das war wohl mein erster Gedanke, als ich vor einiger Zeit vom "Der Preis ist heiß"-Revival erfuhr. Ein Anruf vom Sender hätte genügt, und wir wären zumindest ins Grübeln gekommen.

Wir, das sind mein Kumpel Andreas "Butzi" Butzlaff und ich. Im vergangenen Jahrtausend, anno 1990, um genau zu sein, spielen wir in Kiel zusammen Fußball. LFC Subway, so heißt unser Team. "Subway", das Indie-Mekka an der Förde, wo ich als DJ am Start bin, LFC, das Kürzel für "Letzter Fußball-Club", unsere Spielklasse, die Kieler Kneipenliga. Ganz unten stehen wir nur in der ersten Saison, danach werden Titel in Reihe gesammelt, Teams mit so illustren Namen wie "Haake Kate", "Imbiss Bremm", "Oma Plüsch" an diesigen Samstagnachmittagen oder chronisch übernächtigten Sonntagmorgen auf dem Nordmarksportfeld niedergerungen.

Ich stehe unter dem Künstlernamen Dr. Peter Kunter im Tor, Butzi spielt auf geniale Weise das, was man heute wohl einen 6er oder einen 8er nennen würde, anschließend Stiefeltrinken im Clubheim. Heuer stehen Dutzende Pokale in der Privatvitrine von Subway-Chef Willy Möller, rund um die Uhr bewacht von einer eigens dafür angestellten Security.

Wenn wir unter der Woche trainieren, orientieren sich unsere Einsatzzeiten zumeist am Fernsehprogramm. Am späten Nachmittag, um 17 Uhr, läuft auf RTL eine Show, die binnen kürzester Zeit unsere telemediale Leib- und Magenspeise geworden ist, und auf keinen Fall verpasst werden darf: "Der Preis ist heiß", eine Ratesendung mit Moderator Harry Wijnvoord und Sidekick Walter Freiwald. Eine halbe Stunde lang kämpfen Kandidaten und Kandidatinnen, die Marga oder Caro, Günther oder Tobias heißen, um Waren, deren Preis geraten werden muss: Camping-Sitzgruppen in dottergelb, Mobiltelefone mit 200 Meter Reichweite, komische Karaffen, Stereoanlagen mit Dolby B und C, sogar eine Gesichtssauna ist einmal dabei.

Walter gibt dabei eine Art Conferencier, liest Produkttexte vor, die zwischen herkömmlicher Gebrauchsanleitung und Tutorials für Kurzsichtige schwanken, dazu schweben Assistentinnen durch die Kulisse, Gitta und ihre Gang, und führen eine Art Preis-Pantomime auf, unterstreichen Walters Monologe mit allerlei Fingerzeigen und Handbewegungen rund um die jeweiligen Gegenstände.

Über allen und allem aber steht Harry Wijnvoord, der seehundschnäuzige Grand Seigneur dieser Quizshow, ein telemedialer Tulpengeneral auf den Spuren von Rudi Carrell und Lou Van Burg. Die Ratespiele heißen "Absturz", "Plinko", "Panzerknacker" oder "Muschelspiel". Wichtig ist, dass man "nicht überbietet". Am Ende kommt das große Rad, Finalrunde, der Superpreis und natürlich: Schalten Sie auch morgen wieder ein. Das mit dem "morgen wieder einschalten" nehmen nicht nur Butzi und ich so ernst wie die Abseitsregel, auch meine damalige Freundin und ich organisieren unseren Tag rund um den 17-Uhr-Sendetermin. "Der Preis ist heiß" läuft, das Telefon wird ausgestöpselt. Kein Anschluss unter dieser Nummer.

"Der Preis ist heiß"-Adaption auf der Bühne

Als es schließlich an die Planungen für eine Mannschaftsfeier des LFC in den Räumen des "Subway" geht, um den "Tanz in den Mai", gibt ein Wort das andere, wird aus dem "Wie wäre es denn, wenn ihr …" binnen zwei Bierlängen ein "Das machen wir!". Butzi und ich entscheiden uns, eine "Der Preis ist heiß"-Adaption auf die Bühne zu bringen. Nichts wird dem Zufall überlassen, Harry und Walter haben die Latte hoch gelegt, wir schicken uns an, an diesem Niveau zumindest zu kratzen.

Im Schnellrestaurant Olm treffen wir uns regelmäßig zum Arbeitsessen, um bei Currynudelsalat und Frikadellen, vulgo Bremsklötze, Texte für jene Produkte zu schreiben, die wir uns vom schmalen Show-Budget leisten können: Pottkieker Konserven und Mümmelmann Magenbitter von Aldi, ein Weißwein von "Mosel, Saar und Ruwer", Karlsquell Bier. Und eine vom Krankenhaus, in dem ich Pflegehelfer-Dienste schiebe, ausgemusterte WC-Ente.

Am Abend der Abende stehen Butzi und ich also auf der Bühne des "Subway" in der Kieler Bergstraße. In meinem Goldlamé-Jackett sehe ich aus wie ein angetrunkenes Elvis-Double aus der mittleren Vegas-Phase, Butzi dagegen als lässiger 70s-Crooner in taubenblauem Zweireiher und kanariengelbem Trevira-Hemd, early Roland Kaiser meets Peter Frankenfeld junior, kurz gesagt: oberstes Bord.

Die Show selbst rauscht durch wie das Adrenalin in unseren Adern. Unsere Freundinnen übernehmen den Part der Assistentinnen, meine Band-Gesangsanlage kommt als P.A. zum Einsatz, Butzi und ich spielen Bonmot-Pingpong wie die Großen. "Was auf den Tisch kommt, das weiß vor dem Essen nur der Pottkieker", "Mümmelmann, der einzige Hase, der keine Schonzeit hat" … unser Script in Katzengold getunktes Show-Vokabular. Wir spielen "Muschelspiel", "Schleuderpreis" und "Mehr oder weniger", schwupps ist das Ganze schon vorbei. Es gibt einen Sieger. Stehende Ovationen. Schnaps. Schalten Sie auch das nächste Mal wieder ein.

Holländischer Akzent? Eher van Gaal als Wijnvoord

An dieser Stelle könnte die Geschichte zu Ende sein, aber wie heißt es so schön: The show must go on. Unser Erfolg spricht sich herum. Wenige Wochen später schon die zweite Auflage unserer "Der Preis ist heiß"-Variante. Die Damen-Fußballmannschaft des Tus Gaarden hat uns eingeladen, vor den Toren des Vereinsheims am Blaschkeplatz ziehen wir die Nummer noch einmal durch. Fast hat sich schon so etwas wie Routine eingestellt, alles läuft wie am Schnürchen, auch wenn ich es mit dem holländischen Akzent mittlerweile übertreibe, und eher nach einem angetrunkenen Louis van Gaal auf einer PK beim FC Bayern klinge als der große Wijnvoord selbst.

Am Ende gibt es eine Siegerin, natürlich, die Dame alles andere als ein Rookie: Kurz zuvor hatte sie im wirklichen Leben beim "Glücksrad" abgeräumt. Keine 50 Meter entfernt verfolgt meine Omma das Geschehen von ihrem Balkon aus. "Na, bei euch war ja ordentlich Remmidemmi", lacht Omchen, als ich das nächste Mal zum traditionellen Fensterputzen mit anschließender Gulasch-Verkostung erscheine.

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Und das ist immer noch nicht das Ende der Fahnenstange. Bis nach Flensburg dringt die Kunde dieses Rate-Remmidemmis. Über unseren Mitspieler und Kumpel Bernd Baumeister wird der Kontakt zum dortigen Fotoladen Remmer hergestellt, in puncto Etat nehmen wir auf der Erfolgsleiter die nächsten fünf Stufen auf einmal. Die Läden aus der Roten Straße stellen uns Preise en masse zur Verfügung: Bilderrahmen, Uhren, Geschirr, ein mehrbändiges Lexikon, sogar ein ganzer Schinken. Lediglich mit der zeitlichen Orga gibt es im Vorfeld ein paar Unwegsamkeiten.

Am Tag des Altstadtfests bin ich mit meiner Freundin in Jübek beim Open Air eingebucht, aber Bettina und ich beißen die Zähne zusammen. Am Vortag schütteln wir uns bei Konzerten von Zeltinger, Stiff Little Fingers und Saga das Bier schaumig, am Morgen danach schwingen wir uns in Bettinas VW-Käfer Richtung Flensburg. Im Rückspiegel sehen wir gerade noch, wie drei Leute ein besetztes Dixi-Klo auf die Seite kippen und sich jemand vor unserem Zelt erbricht. Zwei Stunden später betreten wir die Geschäftsräume von Foto Remmer, wo Butzi gerade noch letzte Hand an seine Moderationstexte legt. There's no business like show business.

Unsere Bühne ist diesmal die Ladefläche eines LKW, Bettina steigt von der Assistentin zur Kandidatin auf. Um die 200 Zuschauer und Zuschauerinnen haben sich an der Seite des Trucks eingefunden, wieder geht alles ganz schnell, läuft das Programm ab wie ein filigran eingefädeltes Filmchen. War die Sause im 'Subway' noch eine Nummer unter Freunden, ist das hier nun fast schon Echtzeit-Entertainment, fühlt sich alles offiziell und real und, man muss es so sagen, dezent glamourös an. Muschelspiel. Schleuderpreis. Bitte nicht überbieten. Am Ende begeisterte Ovationen. Gäbe es beim heißen Preis so etwas wie Zugaben, in Flensburg hätten wir wohl eine bringen müssen.

Wie im Fernsehen? Nein, besser als das Original

Als der Pulk sich langsam auflöst, die Leute sich wieder Krakauer Würstchen, Spezi und Poffertjes zuwenden, kommt ein älterer Herr auf Butzi und mich zu. "Super wart ihr", platzt es aus ihm heraus. Wir bedanken uns höflich. "Das war wie …", stammelt er, "…wie…". "Wie im Fernsehen", soufflieren Butzi und ich spontan. "Nein!", erwidert der Mann. "Besser! Und jetzt will ich Autogramme!" Spricht's und nestelt dabei an seiner Gesäßtasche. Zum Vorschein kommt ein etwas betagtes Portemonnaie, aus dem er eine zusammengefaltete Karte hervorzieht, darauf zahlreiche, zum Teil verblasste Unterschriften. "So", sagt er. "Jetzt müsst ihr unterschreiben, aber mit Harry Wijnvoord und Walter Freiwald, damit das mal klar ist." Butzi und ich nehmen also die Karte, lassen uns einen Stift geben und unterschreiben, zwischen den Namen von Rex Gildo, Johannes Heesters und Wencke Myhre. Natürlich mit Harry Wijnvoord und Walter Freiwald. There's no business …

Am 4. Mai geht alles wieder von vorn los. "Der Preis ist heiß" kehrt zurück. Harry Wijnvoord ist wieder mit dabei und wer weiß, vielleicht klingelt ja doch noch einmal das Telefon. Und denken Sie immer dran: Bitte nicht überbieten.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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