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Traditionsunternehmen Lebkuchen-Schmidt: "Wir liefern überall hin, außer Nordkorea"


Tradition aus Franken
Lebkuchen-Chef: "Wir liefern überall hin, außer Nordkorea"

InterviewVon Jonas Voss

Aktualisiert am 09.02.2023Lesedauer: 4 Min.
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Eine "Lebkuchen-Botschaft" des Unternehmens (Archivbild): Lebkuchen-Schmidt blickt trotz Krisen auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr. Was das Unternehmen für die Zukunft plant, erklärt der Geschäftsführer im Interview.Vergrößern des Bildes
Eine "Lebkuchen-Botschaft" des Unternehmens (Archivbild): Lebkuchen-Schmidt blickt trotz Krisen auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr. Was das Unternehmen für die Zukunft plant, erklärt der Geschäftsführer im Interview. (Quelle: Imago)

Lebkuchen-Schmidt ist ein Nürnberger Traditionsunternehmen. Geschäftsführer Jürgen Brandstetter erklärt die großen Pläne des Konzerns – trotz Energiekrise und Inflation.

Es gibt Produkte, die aufs Innigste mit dem Ort ihrer Herkunft verbunden sind: Champagner aus der französischen Region Champagne, Spargel aus der Region Schrobenhausen, Lebkuchen aus Nürnberg. Letztere gehören für sehr viele Deutsche zum Weihnachtsfest, Energiekrise hin, Preissteigerung her. In Nürnberg hat die Lebkuchenproduktion eine lange Tradition, die bis ins Mittelalter reicht und bis heute nichts von ihrem Ansehen eingebüßt hat.

Unter den Lebkuchenfabrikanten gehört das Unternehmen "Schmidt Lebkuchen" zu den größten, nach eigener Bezeichnung ist man sogar "der größte Lebkuchen-Versandhändler der Welt". Lebkuchen von Schmidt erhält man nur über den Shop des Unternehmens oder in einigen ausgewählten, saisonalen Geschäften – Geschäftsführer Jürgen Brandstetter nennt sie im Gespräch mit t-online "Lebkuchen-Botschaften". Im Interview mit t-online erklärt Brandstetter, wie sich das Unternehmen mitten im Ukraine-Krieg, Inflation und Energiepreisschocks behauptet. Und ob Lebkuchenfans sich auf höhere Preise einstellen müssen.

Haben sich die Deutschen im vergangenen Jahr trotz der vielen Probleme weiterhin Ihre Lebkuchen geleistet?

Jürgen Brandstetter: Die Herausforderungen im vergangenen Jahr waren auch für uns insgesamt sehr groß. Dennoch konnten wir unseren Umsatz um sechs Prozent auf 114 Millionen Euro steigern. Sicher hat uns geholfen, dass nur wenige Lebensmittel so positiv besetzt sind wie der Lebkuchen.

Konnten Sie trotz Krisen auch Ihren Gewinn steigern?

Von den explodierenden Energie- und Rohstoffkosten wurden auch wir nicht verschont. Der Gewinn ist daher natürlich hinter der Umsatzentwicklung zurückgeblieben. Wir sind allerdings zum Glück nicht auf jeden Euro Rendite angewiesen, was uns und unseren Mitarbeitern sehr hilft. Denn unser Hauptgesellschafter ist eine gemeinnützige Stiftung.

Können Sie genauer erklären, wie schwierig die Situation für Ihr Unternehmen aktuell ist?

Unser Hauptgeschäft machen wir natürlich in der Weihnachtszeit, im vergangenen Jahr waren da viele Menschen sehr beunruhigt wegen der Energiemärkte. Auch uns trafen die Preise beim Gas massiv. Auch wenn wir früher als sonst mit unserer Produktion begonnen haben, mussten wir hier fast fünf Millionen Euro mehr aufwenden als zuvor. Dank der staatlichen Energiepreisbremse ist der Anstieg in diesem Bereich für heuer gestoppt – allerdings kennen die Rohstoffpreise weiterhin nur eine Richtung – nach oben: Im Vergleich zu 2021 sind die Preise bei vielen Rohstoffen im zweistelligen Prozentbereich angestiegen. Manche sogar um mehr als 100 Prozent!

Von welchen Rohstoffen sprechen wir?

Für uns sind insbesondere Ölsaaten wie Haselnüsse und Mandeln wichtig. Und natürlich zahlreiche Gewürze, dazu noch Zucker, Eier und Mehl ...

Mussten Sie denn bereits Preise in Ihrem Sortiment erhöhen?

Im vergangenen Jahr mussten wir leider unsere Preise erhöhen, aber so maßvoll wie möglich. Hätten wir alle Mehrkosten umgeschlagen, wären es bei manchen Produkten 50 bis 100 Prozent gewesen. Wir haben dann im Durchschnitt im einstelligen Prozentbereich erhöht.

Müssen sich Kunden auch in diesem Jahr auf erhöhte Preise einstellen?

Wir warten erst einmal ab, wohin sich die Rohstoffpreise noch entwickeln. Unser neues Geschäftsjahr hat gerade erst im Februar begonnen. Wir hoffen, es geht ohne Preiserhöhungen – aber davon gehe ich eher nicht aus. Für uns ist es extrem wichtig, dass wir die Arbeitsplätze unserer Mitarbeiter halten können: Wir haben vergangenes Jahr trotz der Krisen unsere Stammbelegschaft um 10 Prozent erhöht. Mit einem wachsenden Personalstamm versuchen wir, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Ihr Sortiment umfasst nicht nur Lebkuchen. Gibt es da Abstriche, angesichts galoppierender Kosten?

Wir konnten im vergangenen Jahr unser komplettes Sortiment im gewünschten Umfang produzieren, und das wird uns auch in diesem Jahr gelingen. Ein gewisser Wechsel im Sortiment gehört dabei seit Jahren zur Firmenkultur, unsere Bäcker sind sehr innovativ. Auf unsere klassischen Zartbitter-Schoko-Elisenlebkuchen setzten wir hier nicht allein, auch wenn dieses Produkt mit rund 70 Prozent Kaufanteil den Löwenanteil unter unseren Lebkuchen ausmacht.

Sie verkaufen vor allem in Deutschland, nehme ich an.

Traditionell ist Deutschland unser wichtigster Markt. Wir sagen aber ganz unbescheiden, "wir sind der größte Lebkuchenversandhandel der Welt". Wir liefern also überall hin, außer nach Nordkorea (lacht). Hauptwachstumsmarkt außerhalb Europas für uns sind die USA, viele Amerikaner mögen deutsche Spezialitäten. Asien ist zwar grundsätzlich für viele Wirtschaftszweige der Wachstumsmarkt schlechthin, für Lebkuchen ist es aber nicht ganz so einfach: Die Menschen dort haben insbesondere bei Gewürzen ein anderes Geschmacksempfinden. Wir konnten aber etwa unseren Umsatz in Japan verdoppeln, wenn auch auf niedrigem Niveau.

Die Energiekrise ist ja noch längst nicht ausgestanden. Sehen Sie da kein Hindernis für Ihre Wachstumspläne?

Noch sind wir auf Erdgas als Energieträger in unserer Produktion angewiesen, da können wir auch nicht kurzfristig umsteigen. Wir steigern aber seit Jahren unsere Effizienz, bereits vor der Krise haben wir deshalb ein eigenes Blockheizkraftwerk in Betrieb genommen. Jüngst haben wir im Rahmen unserer Nachhaltigkeits-Strategie alle Lampen im Unternehmen gegen sparsame LEDs ausgetauscht. Das mag erst einmal trivial klingen, spart uns aber 250.000 kw/h Strom im Jahr – so viel wie 1.500 Waschmaschinen pro Jahr verbrauchen! Und wir ersetzen Stück für Stück alte Maschinen gegen neue, energiesparendere. Das drückt natürlich kurzfristig den Gewinn, ist aber eine Investition in die Zukunft.

Deutschland will zukünftig vermehrt auf Wasserstoff als Energiequelle setzen. Denkbar auch in der Lebkuchenproduktion?

Gas wird mittelfristig der Energieträger in unserer Produktion bleiben. Allein, weil die Lieferzeiten für gasunabhängige Maschinen derzeit mindestens rund 18 Monate betragen. Eine technische Lösung für einen Wasserstoff-Backofen ist mir noch nicht bekannt. Aber wenn es die gibt, sind wir dafür offen.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Jürgen Brandstetter
  • Eigene Recherchen
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