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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Demos bremsen Einzelhandel "Am Montag kannst du ja nicht mehr in die Innenstadt"

Die Montagsdemos in der Innenstadt haben Auswirkungen auf die Nürnberger Wirtschaft: Einzelhändler berichten von weniger Kundschaft und Umsatzrückgängen.
"Am Montag kannst du ja nicht mehr in die Innenstadt": Sätze wie diese lassen im städtischen Wirtschaftsreferat die Alarmglocken läuten. Einzelhändler sollen sie von ihren Kunden zu hören bekommen. Gemeint sind damit die Montagsdemonstrationen, bei der sich auch Rechtsextreme, "Querdenker" und "Reichsbürger" versammeln. Das verursacht immer größer werdende Gegendemonstrationen, so wie am Montagabend.
Wirtschaftsreferentin Andrea Heilmaier erhalte regelmäßig Rückmeldungen aus Handel oder Gastronomie, in denen von verunsicherten Kunden berichtet wird, erklärt sie auf Anfrage von t-online. "Viele Menschen empfinden die Situation als beängstigend."
Rückläufige Besucherzahlen und spürbare Umsatzverluste
Die Folge: eingeschränkte Erreichbarkeit der Geschäfte, rückläufige Besucherzahlen und spürbare Umsatzverluste. Konkrete Zahlen habe die Stadt nicht, heißt es weiter, da Unternehmen ihre Umsätze nicht offenlegen müssen. Aber: "Die Rückmeldungen zeigen eine deutliche Tendenz, die wir ernst nehmen."
Die Sorgen und Nöte betreffen vor allem die Gewerbetreibenden im direkten Umfeld der Startpunkte der Demonstration. Sie befürchten langfristige wirtschaftliche Folgen. Es bestehe deshalb ein enger Austausch mit dem Ordnungsamt, der Polizei und den betroffenen Unternehmen.
Verlegung der Route scheiterte vor Gericht
"Sicherheit ist grundsätzlich ein zentraler Faktor für die Aufenthaltsqualität und Attraktivität der Innenstadt", erklärt die Wirtschaftsexpertin – damit sei es auch ein wichtiges Anliegen ihres Referates. Dennoch betont sie: "Die Versammlungsfreiheit ist ein unverzichtbares Grundrecht und Ausdruck unserer lebendigen Demokratie."
So versuchte die Stadt zuletzt, den Demonstrationszug aus der Innenstadt zu verlegen – "aufgrund der hohen Belastung der Innenstadt (...) mit Auswirkungen auf die Bevölkerung, auf (...) Besucher sowie Gastronomie und Einzelhandel und auch der hohen Belastung der Einsatzkräfte", heißt es auf der städtischen Webseite dazu.
- Zunehmend aggressiv: Die Polizei rüstet sich für Montagsdemos
Doch dieser Versuch scheiterte vor dem Verwaltungsgericht Ansbach. Demonstrationen genießen das Privileg, dass sie nur angezeigt und eben nicht genehmigt werden müssen. Eingriffe in Ort, Route oder gar Inhalt sind vonseiten der Behörden kaum möglich. Nur dann, wenn eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung besteht.
Auch der Oberbürgermeister sorgt sich
Auch Oberbürgermeister Marcus König zeigt sich auf Nachfrage sehr besorgt, insbesondere über die Gefahren einer Spaltung der Gesellschaft. Er spricht von teils schwer erträglichen Szenen bei den Demonstrationen. Gleichzeitig verweist er darauf, dass die Versammlungsbehörde der Stadt zur Neutralität verpflichtet sei. Politische Bewertungen seien rechtlich nicht zulässig, auch nicht durch den Oberbürgermeister selbst in seiner Rolle als Verwaltungschef.
Und was ist mit Nürnberg, das stolz den Titel "Stadt der Menschenrechte" trägt? König betont, dass die Stadt dadurch besondere Verantwortung trage. Diese solle auf jeder Ebene spür- und sichtbar zum Ausdruck gebracht werden. Gleichzeitig aber gelte eben: Die Stadtverwaltung ist als Behörde an Recht und Gesetz gebunden. Deshalb sei das Versammlungsgeschehen auch nicht zu "steuern".
- Anfrage bei Stadt Nürnberg
- Anfrage bei Oberbürgermeister Marcus König
- Eigene Recherchen
- nuernberg.de: "Montagsdemonstrationen": Stadt unterliegt im Eilverfahren (3. Juni)