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Fabrik bei Berlin geplant: Tesla ist alles – nur kein Heilsbringer


Fabrik in Berlin geplant
Tesla ist alles – nur kein Heilsbringer

Von Markus Abrahamczyk

Aktualisiert am 13.11.2019Lesedauer: 5 Min.
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Tesla-Gründer Elon Musk: So denkt Brandenburg über die geplante Giga-Fabrik vor den Toren Berlins. (Quelle: Reuters)

Milliarden-Subventionen und Massenentlassungen – verkündet per Twitter: Nicht jeder ist ein Fan von Tesla. Und schon gar nicht von Elon Musk, dem Kopf des Unternehmens. Aus guten Gründen.

Ein ganz großer Coup. Die deutsche Autoindustrie vorgeführt. Ein Paradigmenwechsel. Die Nachricht vom Tesla-Standort bei Berlin hält offenbar keinen auf dem Teppich. Dabei gäbe es dafür gar nicht wenige Gründe – wenn man sich das Unternehmen und seinen Kopf mal etwas genauer ansieht.

Das Unternehmen

Wer an Tesla denkt, meint Elon Musk (48). Der Multimilliardär (Vermögen: 24,2 Mrd. US-Dollar) ist das bekannteste Gesicht der Autowelt. Elon Musk ist Tesla. Gegründet hat er das Unternehmen allerdings nicht. Dafür aber hatte er ein feines Näschen und stieg schon 2004 – ein Jahr nach der Gründung – ein. Bis heute prägt er Tesla als Hauptaktionär (22 Prozent der Anteile) und CEO.

Erste Nachrichten machte der Hersteller 2005. Damals begann Tesla eine Zusammenarbeit mit Lotus (Sportwagen, Großbritannien), um das erste eigene Auto zu entwickeln. Der Tesla Roadster kam drei Jahre später (2008) auf den Markt. Zu einer Zeit, als Tesla kurz vor dem Aus stand, nicht zum letzten Mal übrigens, und nur durch die Geldspritze eines Investors gerettet werden konnte.

Nochmal zwei Jahre darauf, 2010 also, ging Tesla an die Börse. Der Kurs der Aktie stieg wie eine SpaceX-Rakete, zwischenzeitlich auf das 15-Fache des Ausgabewerts. Und der Umsatz machte mit: Noch 2010 setzte Tesla schlanke 117 Mio. US-Dollar um, 2018 waren es schon fette 21,5 Mrd. – das 183-Fache.

Das ist Tesla
Gegründet: 1. Juli 2003
Mitarbeiter: rund 48.800
Jahresumsatz: 21,5 Mrd. US-Dollar
Marktkapitalisierung: 47,2 Mrd. US-Dollar
Weltgrößte Unternehmen: Platz 694
Firmensitz: Palo Alto (Kalifornien/USA)

2014 begann der Bau einer ersten Batteriefabrik in der Wüste Nevadas. Dafür schnürte der US-Bundesstaat ein Paket, das Tesla insgesamt 1,9 Milliarden US-Dollar an Erleichterungen verspricht. Vorher prüfte Tesla etliche Standorte. Man darf annehmen, dass die finanziellen Erleichterungen bei der Wahl eine Rolle spielten.

Allerdings: Tesla hat bis heute kein Geld verdient. Im Gegenteil – auch die Verluste gehen in die Milliarden. Deshalb stand der Hersteller noch 2012 erneut am Rand der Pleite – und vor einer Übernahme durch Google, hieß es, die damals ein autonomes E-Auto entwickeln wollten. Die Übernahme wurde abgewendet, die Verkäufe zogen an. Denn nicht nur die Börse liebt Tesla, sondern auch Hollywood: Mit einem Mal war es dort cool, in einem E-Auto gesehen zu werden – und deshalb auch überall sonst. Tesla wurde Lifestyle. Der Hype ging so weit, dass Tesla 2017 kurzzeitig der wertvollste US-Autobauer war – bei 2,3 Mrd. US-Dollar Verlust in den zurückliegenden fünf Jahren.

Zuletzt überraschte Tesla immer wieder mal mit Quartalsgewinnen, gerade erst mit einem 143-Millionen-Überschuss im dritten Quartal 2019. Die Jahresbilanzen sind aber bis heute tiefrot. Deshalb haben Analysten lange bezweifelt, dass das Unternehmen langfristig überleben kann. Und noch heute ist nicht jeder davon überzeugt. Musk glaubte, ein Zeichen setzen zu müssen. Dieses Zeichen kam 2018.

Die Kontroversen

Offenbar planlose Entlassungen

Beinahe jeder Zehnte muss gehen: Tesla werde die Belegschaft um neun Prozent zusammenschrumpfen, meldete Elon Musk im Juni 2018 – per Twitter. Er erklärte den Schritt mit der "Notwendigkeit, Kosten zu senken und profitabel zu werden." Anfang 2019 hieß es dann, rund 3.000 Mitarbeiter würden entlassen. Offenbar sollte dieser Kahlschlag aber nicht einer Restrukturierung dienen, sondern allein der Kosten-Kosmetik: "Gefeuert wurden mehrheitlich gute Leute, die mit am längsten in der Firma waren", zitiert die Website gruenderszene.de einen ehemaligen Mitarbeiter.

Auch Musk selbst wurde teilweise harsch kritisiert. Ein Ex-Manager sagte demnach: "Elon führt, indem er Angst verbreitet. Er ist unvorhersehbar." Musk glaube, dass er alles besser wisse als jeder andere. Der Manager weiter: "Deswegen ist er von unfähigen Mitarbeitern umgeben, die ihm niemals sagen, dass er falsch liegt." Aber nicht nur in Musks Nähe sei das Arbeitsklima ausbaufähig, heißt es. Vom Lohnniveau mal ganz zu schweigen.

Rückzug vom Rückzug

Im August 2018 twitterte Musk, dass sich Tesla von der Börse zurückziehen wolle. Kleinaktionäre sollten im Zuge des Rückkaufs 420 US-Dollar pro Aktie erhalten. Daraufhin machte die Aktie einen Kurssprung um 11 Prozent – und Börsenhändler klagten.

Also interessierte sich die US-Börsenaufsicht genauer für die Hintergründe des Tweets. Elon Musk erklärte, dass er wegen Produktionsproblemen völlig überlastet war, als er die Nachricht tweetete. Letztlich blieb das Unternehmen an der Börse. Mit der Aufsicht einigte man sich auf einen Vergleich: Tesla und Musk zahlen je 20 Mio. US-Dollar. Und: Musk räumt seinen Stuhl als Chairman (Vorsitzender) für drei Jahre. Er bleibt aber CEO.

Das ist Elon Musk
Als Mitgründer von Paypal verdiente Musk sein erstes großes Geld. Als Ebay den Bezahldienst 2002 übernahm, wurde daraus ein Vermögen. Musks riskante Geschäfte führen immer wieder zu Kontroversen. Mancher nennt ihn sogar einen Hochstapler. Häufig hat Musk mit Tesla seine Ziele verfehlt oder nur mit großer Verspätung erreicht. Ein Jahresgewinn steht bis heute nicht in den Büchern. Kritiker geht Musk gerne hart an, am liebsten per Twitter. Empfindlich reagiert er auf unangenehme Medienberichte und Nachfragen.

Rätselhafte Unfälle

Eine Reihe tödlicher Unfälle rief immer wieder die Ermittler der US-Behörde NTSB auf den Plan. Der erste von ihnen ereignete sich im Mai 2016.

Damals überquerte ein Lkw eine Straßenkreuzung, als ein Tesla Model S unter dem Anhänger hindurchfuhr und erst einige hundert Meter später stehenblieb. Der Fahrer kam dabei ums Leben.


Damals erklärte Tesla, dass möglicherweise das "Autopilot"-System des Herstellers den weißen Anhänger vor hellem Himmel nicht erkannte oder für ein Autobahn-Schild hielt. Eine Untersuchung der NTSB hatte ergeben, dass das System wie angekündigt funktionierte. Die Behörde bemängelte aber: Die Technik habe es zugelassen, dass der Fahrer nicht auf den Verkehr geachtet habe. Daraufhin verschärfte Tesla die Sicherheitsvorkehrungen. Es folgten jedoch weitere Unfälle, bei denen Tesla-Autos mit eingeschaltetem "Autopilot"-Assistenzsystem auf andere Autos auffuhren.

Die Modelle

Eines muss man Tesla aber lassen: Seit ihrer Gründung vor nun 16 Jahren haben die Kalifornier nicht einen einzigen Verbrennungsmotor verbaut. Mit vollem Recht gelten sie als Pioniere des Elektroautos. Die Modell-Chronik.

Tesla Roadster

Als erster Tesla kam 2008 der Roadster auf den Markt. Er entstand in einer Kooperation mit der britischen Sportwagenmarke Lotus und wurde bis 2012 verkauft. Der Roadster beschleunigt in 3,9 Sekunden auf Tempo 100 und hat eine Reichweite von 340 km.

Tesla Model S

Die Sportlimousine ist Teslas erste komplette Eigenentwicklung und kam 2012 auf den Markt. 2015 bis 2017 war es das beliebteste E-Auto der Welt. Bis heute wurden weit über eine Viertelmillion Stück verkauft. In Deutschland kostet das Model S ab 86.800 Euro.

Tesla Model 3

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Das Einstiegsmodell kam 2017 und kostet ab 44.390 Euro. Zum Start gab es hunderttausende Vorbestellungen. Die Produktion lief aber nur äußerst schleppend an, was Elon Musk eine Nervenkrise einbrachte und seinem Unternehmen einige negative Schlagzeilen. Trouble gab es auch wegen des Namens. Das Auto sollte eigentlich Model E heißen. Dieser Name gehört aber bereits Ford. Deshalb entschied sich Tesla für die 3 – quasi ein gespiegeltes E.

Tesla Model X

Der Crossover ist seit 2015 zu haben. Er hat die Technik des Model S, ist aber 24 cm höher. Außerdem hat er einen Allradantrieb, sieben Sitze und Flügeltüren. Sein Preis in Deutschland: ab 91.700 Euro.

Tesla Model Y

Ein Ableger des Model 3, aber etwas größer und geräumiger. Erst im März 2019 wurde die Limousine vorgestellt. Das Model 3 soll ein kompakter SUV werden, der sich wie ein Sportwagen fahren lässt, sagte Tesla-Boss Elon Musk damals. Und es soll einigermaßen bezahlbar sein. Heißt: Bei 39.000 US-Dollar soll es losgehen, Preise für den deutschen Markt sind noch nicht bekannt. Im Herbst 2020 sollen die ersten Kunden ihr Model Y erhalten.

Kurz nochmal zum Model 3: Dass es eigentlich Model E heißen sollte, ist kein Zufall. Alle aktuellen Modelle aneinander gereiht lauteten dann nämlich: S, E, X, Y – so sieht Elon Musk seine Marke.

Auto- und Motorenwerke in Europa

Die Berliner Tesla-Fabrik – es wäre Nummer 44 in Deutschland. Mit 43 Werken sind wir der größte EU-Standort für den Autobau. Und die Werke von Zulieferern und Kleinserienherstellern sind hier noch nicht mit eingerechnet. Insgesamt hat die EU 229 Produktionsstandorte, in ganz Europa sind es 309 Werke.

Platz Land Anzahl
1 Deutschland 43
2 Frankreich 37
3 Großbritannien 33
4 Italien 23
5 Polen 16
6 Spanien 13
7 Niederlande 10
8 Tschechien 8
8 Schweden 8
9 Belgien 7
10 Portugal 6
11 Ungarn 5
11 Österreich 5
12 Slowakei 4
13 Rumänien 3
13 Finnland 3
13 Kroatien 3
14 Bulgarien 1
14 Slowenien 1
Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • forbes.com
  • nytimes.com
  • Statista
  • handelsblatt.de
  • finanzen.net
  • gruenderszene.de
  • Eigene Recherche
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