Verbaut Tesla eine Todes-Software?
Ein Tesla rauscht in einen Truck, ein anderer in einen Fahrbahnteiler auf der Autobahn. Beide Fahrer tot. Und beide Male war eine Software beteiligt. Nach mehr als 100 UnfÀllen werden nun Ermittlungen ausgeweitet.
Die US-Verkehrsbehörde hat ihre Untersuchung von Teslas Fahrassistenzsystem "Autopilot" nach einer Reihe von AuffahrunfĂ€llen ausgeweitet. Seit Aufnahme der Ermittlungen im August stellte sie sechs weitere ZwischenfĂ€lle fest, bei denen Teslas mit eingeschaltetem "Autopilot"-System auf am StraĂenrand parkende Einsatzfahrzeuge auffuhren. UrsprĂŒnglich ging es um elf solcher UnfĂ€lle. Der jĂŒngste Crash passierte im Januar.
Erhöht Software die Fehlergefahr?
Die Ermittlungen sollen nun unter anderem mit der Auswertung zusĂ€tzlicher Daten ausgedehnt werden, wie die Verkehrsbehörde NHTSA mitteilt. Sie schaut sich auch gut 100 "Autopilot"-UnfĂ€lle an, an denen keine Einsatzfahrzeuge beteiligt waren. Dabei solle auch untersucht werden, inwieweit das System des Elektroauto-Herstellers das Risiko menschlicher Fehler verschĂ€rfe. Die NHTSA sieht Anzeichen dafĂŒr, dass in rund 50 der untersuchten UnfĂ€lle die Fahrer unzureichend auf die Verkehrssituation reagiert hĂ€tten.
Tesla weist die Kunden selbst darauf hin, dass "Autopilot" nur ein Assistenzsystem sei und deshalb der Mensch im Fahrersitz jederzeit die HĂ€nde am Lenkrad behalten mĂŒsse. Auch solle er stets bereit sein, die Kontrolle zu ĂŒbernehmen. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass Fahrer sich komplett auf das "Autopilot"-System verlassen. Tesla verschĂ€rfte vor einigen Jahren die SicherheitsmaĂnahmen: Die Software merke, wenn der Fahrer die HĂ€nde nicht am Steuer hat und gibt nach kurzer Zeit Warntöne ab.
Ein Bericht von Consumer Reports widerspricht dieser Aussage. Das einflussreiche US-Verbrauchermagazin hat im April 2021 nach eigenen Angaben gefĂ€hrliche MĂ€ngel beim "Autopilot" festgestellt. Auf einer Teststrecke sei es Ingenieuren beim Model Y gelungen, das Programm trotz leeren Fahrersitzes anzuwenden. Dabei habe das System keinerlei Warnungen oder Hinweise abgegeben. Auf öffentlichen StraĂen wĂŒrde ein solches Szenario eine "extreme Gefahr" darstellen, schrieb das Blatt damals.
Schon 2016 erstmals untersucht
Die NHTSA hatte das "Autopilot"-System bereits nach einem tödlichen Unfall 2016 untersucht. Damals starb ein Fahrer, nachdem sein Tesla unter den AnhĂ€nger eines Sattelschleppers raste, der die StraĂe ĂŒberquerte. Die NHTSA kam zu dem Schluss, das System habe im Rahmen seiner FĂ€higkeiten korrekt funktioniert, aber der Mensch am Steuer habe sich zu sehr darauf verlassen. Das "Autopilot"-System hatte den AnhĂ€nger mit seiner weiĂen Seitenfront nicht erkannt und nicht gebremst. Auch der Fahrer hatte nicht reagiert.
Bei der aktuellen "Autopilot"-Untersuchung geht es der NHTSA zufolge um schĂ€tzungsweise 830.000 Fahrzeuge aller vier aktuellen Modellreihen aus den Jahren 2014 bis 2022. Die NHTSA weist darauf hin, dass bei allen AuffahrunfĂ€llen die Feuerwehr- und Ambulanzfahrzeuge unter anderem dank eingeschaltetem Blinklicht klar ausgewiesen gewesen seien. Tesla veröffentlichte im September vergangenen Jahres ein Software-Update, dank dem der "Autopilot" die Fahrzeuge mit ihren markanten Blinklichtern auch bei schwierigen LichtverhĂ€ltnissen erkennen soll. Die NHTSA hinterfragte danach, warum das Update nicht als RĂŒckrufaktion deklariert wurde.
Tesla-Chef Elon Musk betonte stets, dass "Autopilot" das Fahren sicherer mache und UnfĂ€lle zu vermeiden helfe. Das Unternehmen lĂ€sst seit einigen Monaten die nĂ€chste Version der Software mit mehr Funktionen fĂŒr den Stadtverkehr von ausgewĂ€hlten Beta-Testern ausprobieren. Im Netz kursieren viele Videos, auf denen die Software Fehler macht. Die NHTSA forderte bereits Informationen zu dem Test auf öffentlichen StraĂen an.
Seit Februar prĂŒft die NHTSA Tesla auch wegen Berichten ĂŒber unvermitteltes Bremsen. Auslöser seien 354 Beschwerden binnen neun Monaten gewesen, weil das "Autopilot"-System plötzlich und unerwartet die Bremsen aktiviert habe. Die Behörde forderte auch bei anderen Autoherstellern Informationen zu deren Assistenzsystemen an.