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Drohendes Dieselfahrverbot in Berlin: Das müssen Sie wissen


Werden Dieselwagen aus der Innenstadt verbannt?
Drohendes Dieselfahrverbot in Berlin: Das müssen Sie wissen

Von dpa-afx
Aktualisiert am 09.10.2018Lesedauer: 4 Min.
Leipziger Straße in Berlin: Aus Umweltschutzgründen gilt hier eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Kilometer pro Stunde.Vergrößern des BildesLeipziger Straße in Berlin: Aus Umweltschutzgründen gilt hier eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Kilometer pro Stunde. (Quelle: Fabian Sommer/dpa-bilder)
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In Deutschland könnte in der nächsten Großstadt ein Fahrverbot kommen – und zwar in der Hauptstadt. Das Verwaltungsgericht Berlin verhandelt darüber, wie es für Tausende Dieselbesitzer weitergeht. Nach Hamburg, Stuttgart und Frankfurt könnten nun auch Autofahrer in Berlin Probleme bekommen. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Was kommt auf Autofahrer in Berlin zu?

Es gibt mehrere Szenarien. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) will durchsetzen, dass ältere Diesel im S-Bahn-Ring und auf einigen anderen Straßen nicht mehr fahren dürfen. Die rot-rot-grüne Landesregierung hofft, dass die Luft auch ohne Verbot besser wird. Verkehrssenatorin Regine Günther bereitet sich aber auch darauf vor, dass womöglich Fahrverbote auf einigen Straßen kommen. Ein Fahrverbot in der ganzen Innenstadt hält sie nicht für verhältnismäßig.

Wie viele Menschen wären betroffen?

Auf jeden Fall Zehntausende. Im Detail hängt das davon ab, was das Gericht entscheidet. Die Umwelthilfe will weiträumig Fahrverbote für Diesel der Abgasnormen Euro 1 bis Euro 4 durchsetzen – und das am liebsten von Anfang 2019 an. Von September 2019 an sollen auch Diesel mit der Abgasnorm Euro 5 nicht mehr überall fahren dürfen. Manche dieser Autos sind erst drei, vier Jahre alt.

Wie viele Fahrzeuge wären das also konkret?

Das deuten Daten des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) an: In Berlin waren Anfang 2018 mehr als 200.000 Diesel-Pkw zugelassen, die unter Euro 1 bis Euro 5 fielen. Das entspricht etwa jedem sechsten Auto. Hinzu kommen größere Fahrzeuge wie Lkw und Busse, Autos von Besuchern oder Pendlern. Aus Brandenburg kommen täglich Tausende – längst nicht nur per Bahn. Denkbar wären Ausnahmeregeln, etwa für Handwerker.

Welche Strecken könnten in Berlin gesperrt werden?

Fahrverbote könnten dort kommen, wo zu viele Schadstoffe in der Luft sind. Nach einer internen Modellrechnung der Senatsverwaltung wird im Jahr 2020 an mindestens 20 Straßen ein wichtiger Grenzwert noch überschritten – trotz Gegenmaßnahmen. Dazu gehören wichtige Achsen wie die Leipziger Straße, die Hermannstraße, der Spandauer Damm, der Mariendorfer Damm und die Sonnenallee. Laut Senatsverkehrsverwaltung geht es um insgesamt fünf bis zehn Kilometer. Die Umwelthilfe warnt, Leute würden dann einfach Slalom um die gesperrten Strecken herumfahren.

Warum wird so ein Bohei um Dieselmotoren gemacht?

Das liegt an der schlechten Luft in vielen Städten. Der Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) wird oft überschritten. Der Stoff kann die Lungenfunktion stören oder zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Gesetzlich erlaubt ist im Jahresmittel eine Belastung von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. In Berlin lag der Wert laut Umweltbundesamt vergangenes Jahr bei 49 Mikrogramm. Die Werte müssen also runter – und Autoabgase sind ein wichtiger Faktor.

Gibt es keinen anderen Weg, um die Luft zu verbessern?

Seit ihrem Antritt habe die Landesregierung "systematisch Maßnahmen zur Luftverbesserung auf den Weg gebracht", schrieb Senatorin Günther im "Tagesspiegel". Busse sollen neue Abgasfilter bekommen und bis 2030 elektrisch fahren. Radwege werden für Millionensummen ausgebaut. Autos dürfen auf einigen Hauptstraßen testweise nur Tempo 30 fahren – in der Hoffnung, dass sie seltener bremsen und anfahren und weniger Schadstoffe ausstoßen. Ob das reicht, muss das Gericht entscheiden.

Die Bundesregierung hat einen neuen Plan vorgelegt – was bringt der?

Der Bund hat bereits ein Milliardenprogramm für bessere Luft in Städten auf den Weg gebracht – etwa um den öffentlichen Nahverkehr attraktiver zu machen oder Busse zu erneuern. Dazu kommt ein neues Paket: Es sieht Kaufanreize der Hersteller vor, um von alten auf neuere und sauberere Diesel umzusteigen. Daneben soll es Hardwarenachrüstungen geben, also Umbauten am Motor. Die Hersteller ziehen aber nicht mit, weil sie alle Kosten übernehmen sollen.

Zählen Autofahrer in Berlin überhaupt dazu?

Das neue Programm der Bundesregierung zielt auf bisher 14 Städte, in denen die Luft am schlechtesten ist. Berlin könnte dazukommen, wenn das Gericht Fahrverbote anordnet. Aber es ist höchst umstritten, was das Paket wirklich bringt – ob also die Schadstoffwerte entscheidend gesenkt werden können. Zum einen ist unklar, wie viele Kunden die "Umtauschprämien" nutzen. Und nicht nur Umweltverbände sagen, dass selbst Autos mit der neuen Abgasnorm 6 nicht sauber genug sind. Fahrzeuge mit der neuesten Norm 6d-Temp seien außerdem noch gar nicht ausreichend auf dem Markt. Und bis mögliche Hardwarenachrüstungen kommen, kann es noch lange dauern.

Haben die Autokonzerne den Autobesitzern den Ärger eingebrockt, weil sie bei den Abgaswerten betrogen haben?

Die Bundesregierung hat mehrfach betont, der Abgasskandal habe mit den Dieselfahrverboten eigentlich nichts zu tun. Denn es gehe zum großen Teil nicht um manipulierte Fahrzeuge, sondern um ordnungsgemäß zugelassene Kfz-Typen. Daher sieht die Regierung auch keine Rechtsgrundlage für Hardwarenachrüstungen. Die Hersteller hatten für Millionen von Autos "freiwillige" Softwareupdates zugesagt.

Manipulationen etwa bei VW bei Abgasabschalteinrichtungen und die Debatte um Fahrverbote hängen aber dennoch zusammen – es geht vor allem darum, politischen Druck auf Hersteller aufzubauen. In der Autoindustrie sei in der Diskussion um Schadstoffreduzierungen gelogen und betrogen worden, sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erst vor Kurzem auf dem Deutschlandtag der Jungen Union. Etliche in der Branche hätten sich "sehr schuldig gemacht und Vertrauen verspielt". Auch andere Politiker betonen, Autobauer hätten die Chance, Vertrauen zurückzugewinnen, indem sie bei Hardwarenachrüstungen mitziehen.

Wie haben Gerichte in anderen Städten entschieden?

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte im Februar erklärt, dass Fahrverbote grundsätzlich zulässig sind – sie müssen aber verhältnismäßig sein. Als Folge sind in Hamburg bereits zwei Straßenabschnitte für ältere Diesel gesperrt. In Stuttgart ist 2019 ein großflächiges Einfahrverbot für Euro 4 und schlechter geplant. Kürzlich hatte ein Gericht auch Fahrverbote für die Innenstadt der Pendlermetropole Frankfurt/Main von 2019 an angeordnet. Die Umwelthilfe rechnet in den kommenden Monaten neben Berlin auch für Bonn, Darmstadt, Köln, Dortmund, Gelsenkirchen, Essen, Mainz und Wiesbaden mit ähnlichen Gerichtsentscheidungen.

Wie soll man ein Fahrverbot kontrollieren?

Das fragen sich viele. In Hamburg macht die Polizei Großkontrollen – das heißt, sie hält Fahrzeuge an und prüft Papiere. Autofahrer müssen bei einem Verstoß 20 Euro zahlen und Lkw-Fahrer 75 Euro. Das ist aber alles sehr aufwendig. Die Berliner Landesregierung fordert eine blaue Plakette – die könnte bundesweit regeln, wer wo fahren darf. So etwas gibt es auch schon mit der grünen Plakette für die Umweltzone. Die Bundesregierung lehnt die blaue Plakette aber bislang ab.

Gelten diese Fahrverbote denn ewig oder gehen die wieder weg?

Das Ziel ist es, mit Fahrverboten die Luft schnellstmöglich zu verbessern – also Grenzwerte einzuhalten. Ist dies der Fall und wirken Streckensperrungen, können sie wieder aufgehoben werden.

Verwendete Quellen
  • dpa-AFX
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