Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr fĂŒr Sie ĂŒber das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Kein Geld fĂŒr Benziner und Diesel â das sagen Experten
Jeder kriegt etwas ab beim groĂen Konjunkturpaket der Bundesregierung. Aber die deutsche Autoindustrie hat ihren Willen nicht durchsetzen können. Was sagen Hersteller, Anleger, Experten und UmweltschĂŒtzer?
Das gröĂte Konjunkturpaket der Nachkriegszeit ist beschlossene Sache. Es enthĂ€lt eine Reihe groĂer Posten und kleinerer Pöstchen. Aber eines fehlt: Die von der Autoindustrie vehement geforderte KaufprĂ€mie fĂŒr saubere Neuwagen aller Art wird es nicht geben. Stattdessen verdoppelt der Bund seinen bisherigen Anteil an der KaufprĂ€mie fĂŒr Elektroautos auf 6.000 Euro. Der Hersteller-Anteil an der PrĂ€mie (bis zu 3.000 Euro) bleibe davon unberĂŒhrt, heiĂt es in der Einigung. Demnach steigt die KaufprĂ€mie auf bis zu 9.000 Euro. FĂŒr Autos mit reinem Verbrennungsmotor gibt es kein Geld â aber fĂŒr Autos mit Plug-in-Hybrid. Die Reaktionen im Ăberblick.
Das sagen die Experten
"Bei der ElektromobilitĂ€t sind die 6.000 Euro fĂŒr die rein batterie-getriebenen Autos ein sehr krĂ€ftiger Impuls", meint Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer. Der Branchenexperte vom Institute Customer Insight (ICI) der UniversitĂ€t St. Gallen warnt aber: "Mal sehen, inwieweit die Autobauer ihre heutigen ZuschĂŒsse zu den ElektroautoprĂ€mien zurĂŒckfahren. Das wĂŒrde ich nicht ausschlieĂen." Es wĂŒrde bedeuten, dass nicht die gesamte mögliche PrĂ€mie von bis zu 9.000 Euro beim Kunden ankomme.
AuĂerdem wirke der Schub fĂŒrs Elektroauto nur auf einen kleinen Teilmarkt von vermutlich fĂŒnf oder zehn Prozent des Gesamtmarkts. "Es fehlt der groĂe Schub fĂŒr die restlichen 90 Prozent, und genau diese 90 Prozent bewegen unsere Wirtschaft und unser Sozialprodukt."
Ăhnlich sieht es die Branchenexpertin Ellen Enkel. Eine Förderung vor allem von E-Autos wĂŒrde deutschen Konzernen eher wenig bringen: "Davon profitieren in erster Linie auslĂ€ndische Hersteller." Der Grund: Nur jedes vierte der förderfĂ€higen Elektro-Modelle wĂ€re ein deutsches. Wie Deutschlands Top-Ăkonomen das Paket bewerten, erfahren Sie hier.
Das sagen die UmweltschĂŒtzer
Keine Förderung von Verbrennern â eine Entscheidung mit groĂen Schlupflöchern, kritisieren UmweltschĂŒtzer. "Die zusĂ€tzliche Förderung von Fahrzeugen mit Plug-in-Hybrid-Technologie ist eine KaufprĂ€mie fĂŒr Verbrenner durch die HintertĂŒr", sagt etwa Jens Hilgenberg von der Umweltorganisation BUND. Diese Autos kombinieren einen Benzinmotor mit einem Elektroantrieb â und fahren hĂ€ufig im Verbrennermodus.
Eine versteckte KaufprĂ€mie fĂŒr Verbrenner â dass es sie gibt, bestĂ€tigen selbst Teile der Branche. Dirk Vogel vom Netzwerk der Autobranche in Sachsen beispielsweise zeigt sich nicht etwa enttĂ€uscht ĂŒber eine fehlende Förderung fĂŒr Diesel und Benziner: "Durch die Senkung der Mehrwertsteuer gibt es ja einen Kaufanreiz", sagt Vogel im MDR.
Dennoch sei der Verbrenner der groĂe Verlierer, meint Greenpeace-Klimaexperte Tobias Austrup. "Dem technologischen Auslaufmodell ist die politische UnterstĂŒtzung abhanden gekommen." Auch Greenpeace kritisiert die aufgestockte PrĂ€mie fĂŒr Plug-in-Hybride als ökologisch unsinnig. "Bestenfalls blassgrĂŒn" nennen die UmweltschĂŒtzer das Konjunkturprogramm.
Das sagen die Autohersteller
Trotz aller Forderungen keine KaufprĂ€mie fĂŒr Verbrenner â die groĂe und sonst so verlĂ€ssliche Medien-Maschine der Autoindustrie hat versagt. Das lĂ€sst man sich tags darauf jedoch nicht anmerken. "Wir begrĂŒĂen das Konjunkturpaket und die gesamtwirtschaftliche Wirkung fĂŒr das Land", sagt etwa BMW-Chef Oliver Zipse. "Die befristete Absenkung der Mehrwertsteuer ist eine wichtige MaĂnahme, um die Nachfrage in Deutschland wieder in Schwung zu bringen", heiĂt es auch vom Verband der Automobilindustrie (VDA).
Und was vielen als selbstverstĂ€ndlich erscheinen dĂŒrfte, ist dem Verband eine Mitteilung wert: Die VDA-Mitglieder wollen den Preisvorteil aus der Mehrwertsteuersenkung komplett an die Kunden weitergeben.
Das sagen die Anleger
Analysten des Finanzmarkts werteten die Entscheidung gegen eine Verbrenner-Förderung als EnttĂ€uschung. Jose Asumendi von der US-Bank JPMorgan etwa sprach von einer negativen Ăberraschung. Wenig Begeisterung fĂŒr die schwerpunktmĂ€Ăige Förderung sauberer Antriebe zeigen auch die Anleger: Die Aktienwerte von Daimler, BMW und Volkswagen gingen um bis zu 6,7 Prozent zurĂŒck.