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Bank Run: Definition & Bedeutung – was ist ein Bankansturm?


Krisen im Finanzsystem
Bank Run: So sicher ist Ihr Vermögen


Aktualisiert am 19.06.2024Lesedauer: 5 Min.
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Eine Bank geht pleite: In Zeiten von Social Media und digitalen Banking-Apps könnte das massenhafte Abheben von Geld den Zusammenbruch des Finanzsystems beschleunigen. (Quelle: wildpixel)

Auf einen Bank Run folgt der rapide Zusammenbruch einer großen Bank. Das könnte der Beginn der größten Finanzkrise aller Zeiten sein. Wie Sie Ihr Geld schützen.

Ein Bank Run, auch als "Anstürme auf Banken" oder "Bankenpanik" bezeichnet, ist eine Situation, in der viele Bankkunden gleichzeitig versuchen, ihre Einlagen von einer Bank abzuheben, weil sie befürchten, dass die Bank zahlungsunfähig werden könnte.

Dieser Vorgang kann sich selbst verstärken und die Bank in eine Liquiditätskrise stürzen – mit dem verheerenden Ergebnis, dass nicht nur die betroffene Bank in die Pleite schlittert, sondern auch Firmen- und Privatkunden sowie weitere Banken, die in den Strudel hineinrutschen.

Dass solche Ereignisse heutzutage eher selten, aber nicht unmöglich sind, zeigt das Beispiel der Silicon Valley Bank (SVB) aus den USA im vergangenen Jahr, als Kunden an nur einem Tag 42 Milliarden Dollar abzogen.

Jüngster Bank Run 2023

Die amerikanische Silicon Valley Bank musste 2023 Konkurs anmelden. Grund: Sie besaß hohe Einlagen von rund 30.000 Start-ups und Risikokapitalfirmen aus der Tech-Branche, unter anderem von Roku, Etsy, Secret Escapes, Pinterest und Trustpilot.

  1. Mit der Erhöhung der Leitzinsen in den USA durch die amerikanische Zentralbank Fed stiegen für viele dieser Unternehmen die Kredit- und Finanzierungskosten, sodass sie schnell an ihre Einlagen kommen mussten.
  2. Doch die SVB konnte in kürzester Zeit nicht genügend Liquidität bereitstellen, denn sie hatte das Geld der Unternehmen in langfristige Anleihen investiert. Mit steigenden Zinsen verloren diese Anleihen zudem massiv an Wert, was zu enormen Buchverlusten bei der Bank führte.
  3. Ein Versuch, das Grundkapital durch die Ausgabe neuer Aktien zu erhöhen, schlug fehl und führte zu Verunsicherung bei Anlegern und Kunden.
  4. Ein massiver Bank Run folgte. Kunden zogen in Panik ihre Einlagen ab, was zum Zusammenbruch der Bank führte.

Früher standen die Menschen in einer Schlange vor den Bankschaltern oder an Geldautomaten, daher auch der Begriff "Bank Run", um ihr Geld abzuheben. Im Fall der SVB griffen die Kunden zum Handy und transferierten in der App ihre Einlagen in Echtzeit auf sichere Konten.

Selbst Finanzexperten waren von der Geschwindigkeit des Zusammenbruchs überrascht. Die Pleite der SVB gilt als erster digitaler Bank Run der Geschichte, schreibt "derstandard.de". Und es war die zweitgrößte Bankenpleite in der Geschichte der USA.

Ablauf eines Bank Runs

Zunächst verbreiten sich Gerüchte oder Zweifel über die Zahlungsfähigkeit einer Bank, zum Beispiel aufgrund schlechter Quartalszahlen oder von Liquiditätsengpässen. Dies führt dazu, dass einige Kunden beginnen, ihre Einlagen abzuziehen. Wenn immer mehr Kunden diesem Beispiel folgen, entsteht ein sich selbst verstärkender Effekt.

  1. Die Bankkundschaft verliert das Vertrauen in die Stabilität der Bank und letzten Endes an die Sicherheit ihres dort verwahrten Vermögens.
  2. Viele Kunden versuchen gleichzeitig, ihre Einlagen abzuheben.
  3. Die Bank hat nicht genügend liquide Mittel, um alle Auszahlungen sicherzustellen.
  4. Dadurch fühlen sich die Kunden in ihrem Misstrauen gegenüber der Bank bestätigt und beschleunigen den Abzug ihrer Einlagen.
  5. Kann die Bank die Auszahlungen weder durch frisches Geld von Investoren noch durch Kapitalbeschaffungsmaßnahmen sicherstellen, könnte sie zahlungsunfähig werden.

Einfluss sozialer Medien

Soziale Medien spielen im Finanzsystem eine immer größere Rolle. Nicht nur dann, wenn sich Kleinanleger in Internetforen verabreden, welche Aktien sie kaufen oder verkaufen, sondern auch wenn Tweets von einflussreichen Managern oder Investoren millionenfach geteilt werden. So hatte Elon Musk 2018 auf Twitter (jetzt: X) verkündet, Tesla von der Börse nehmen zu wollen, was den Aktienkurs des Elektroautobauers in die Höhe trieb.

Laut der Studie "Social Media as a Bank Run Catalyst" der Universität Paris-Dauphine haben bei der SVB soziale Medien einen großen Anteil daran, dass es zu einem Bank Run kommen konnte. Die Auswirkungen waren im gesamten US-Bankensektor zu spüren. Die Autoren der Studie stellten außerdem fest, dass die über Twitter verbreiteten negativen Nachrichten zusätzlich zu einem Einbruch der Kurse von Bankaktien geführt haben – was den Effekt des Bank Runs noch weiter verstärkte.

Gerüchte und Fehlinformationen

Bank Runs können verschiedene Ursachen haben: Gerüchte, Fehlinformationen, aber auch tatsächliche Probleme einer Bank. Diese Informationen auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen, gehört zu den Aufgaben eines seriösen Journalismus – findet aber in sozialen Netzwerken nicht statt.

Soziale Medien können Fehlinformationen unkontrolliert und mit hoher Geschwindigkeit verbreiten, was die Gefahr eines Bank Runs erhöht. Die Folgen können katastrophal sein: Geht eine Bank pleite, kann das das gesamte Finanzsystem in Schieflage bringen. Regulatoren und Zentralbanken versuchen daher, Bank Runs durch Einlagensicherung, Transparenz und Aufsicht zu verhindern.

Maßnahmen, die Banken vor einem Bank Run schützen können

Nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) 2023 und der Insolvenz von Lehman Brothers während der Finanzkrise 2008 haben Regierungen und Finanzsysteme verschiedene Maßnahmen ergriffen, um künftige Bank Runs zu verhindern:

  • Stärkung der Einlagensicherung: Im Falle der SVB Bank hat die US-Regierung alle Einlagen über die gesetzliche Einlagensicherung hinaus bis zu einer Höhe von 250.000 US-Dollar abgesichert. In Deutschland gibt es eine Einlagensicherung von bis zu 100.000 Euro pro Kunde und Bank für den Fall, dass die Bank insolvent wird. Nach der Finanzkrise 2008 wurden die Einlagensicherungssysteme in vielen Ländern ausgebaut. Damit soll das Vertrauen in das Bankensystem gestärkt werden.
  • Erhöhte Kapitalanforderungen: Wenn eine Bank mit ausreichend Eigenkapital einen Verlust erleidet, kann sie diese verwenden, um den Verlust aufzufangen, ohne zahlungsunfähig zu werden. Nach der Finanzkrise wurden die Kapitalanforderungen für Banken deutlich erhöht, um deren Widerstandsfähigkeit zu stärken. Sie wurden verpflichtet, finanzielle Rücklagen zu bilden für den Fall von sogenannten zyklischen und nicht-zyklischen Systemkrisen. Die SVB war beispielsweise sehr stark im Tech-Sektor engagiert, als dieser aufgrund gestiegener Zinsen in eine Krise geriet.
  • Stresstest für Banken: Regelmäßige Stresstests sollen die Widerstandsfähigkeit von Banken gegenüber Krisen prüfen.

So können sich Bankkunden und Unternehmen schützen

Private Bankkunden können auch selbst Maßnahmen ergreifen, um sich vor einer Bankenpleite zu schützen. Zum einen sollten sie ihr Vermögen diversifizieren, indem sie ihr Geld beispielsweise auf verschiedene Kreditinstitute verteilen und in unterschiedliche Anlageklassen investieren.

Zudem profitieren Bankkunden in Deutschland von der harmonisierten Einlagensicherung der Europäischen Union. Dabei sind Guthaben auf dem Konto pro Kunde und Bank in Höhe von 100.000 Euro abgesichert. Im Falle einer Bankinsolvenz sollen spätestens ab 2024 Kontoinhaber ihre Einlagen innerhalb von sieben Tagen zurückerhalten.

Einlagensicherungssysteme tragen maßgeblich dazu bei, das Vertrauen in das Bankensystem zu erhalten und im Krisenfall einen massiven Abzug von Spareinlagen zu vermeiden.

Auch Unternehmen können sich vor einer Bankenkrise schützen. Nach der SVB-Pleite planen beispielsweise viele Start-ups und Investoren ihre Einlagen auf mehrere Banken zu verteilen, insbesondere auf große, diversifizierte Institute. Dies könnte das Risiko eines Bank Runs reduzieren.

Berühmteste Bank Runs in der Geschichte der Finanzsysteme

  • Great Depression (1929-1933): Die Große Depression war geprägt von zahlreichen Bank Runs, die zu Tausenden von Bankenzusammenbrüchen führten. Allein 1933 gingen 4.000 Banken in Konkurs, insgesamt verschwanden 9.000 der 25.000 Banken in den USA. Dies trug wesentlich zur Verschärfung der Wirtschaftskrise bei.
  • Northern Rock (2007): Die britische Bank Northern Rock erlebte 2007 einen klassischen Bank Run, als Kunden vor den Filialen Schlange standen, um ihre Einlagen abzuheben. Dies führte schließlich zur Verstaatlichung der Bank.
  • Bear Stearns (2008): Innerhalb von zwei Tagen zogen Anleger 2008 rund 15 Milliarden Dollar von der Investmentbank Bear Stearns ab, was zu deren Zusammenbruch führte. Die Fed musste eingreifen, um eine Übernahme durch JPMorgan Chase zu ermöglichen.
  • Washington Mutual (2008): Die Washington Mutual Bank war 2008 mit einem Vermögen von 310 Milliarden Dollar die größte Bankenpleite in den USA. Einer der Gründe war ein massiver Abzug von 16,7 Milliarden Dollar durch die Kunden innerhalb von zwei Wochen.
  • Silicon Valley Bank (2023): Der letzte große Bank Run ereignete sich bei der Silicon Valley Bank im März 2023. Innerhalb eines Tages zogen Kunden rund 42 Milliarden Dollar ab, woraufhin die Aufsichtsbehörden die Bank schließen mussten. Dies war der zweitgrößte Bankenzusammenbruch in den USA.
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