Heilfasten nach Buchinger: So funktioniert's
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1935 verfasste Dr. Otto Buchinger sein Werk "Das Heilfasten", welches als der Klassiker unter den Fastenanleitungen gilt. Doch was ist der Ursprung des Heilfastens, wie funktioniert es und für wen eignet sich die Methode?
Ob klassisches Essenfasten, Saftkuren oder der Verzicht auf einzelne Nahrungsmittel wie Schokolade oder Alkohol. Fasten ist inzwischen ein Trend, ausgeprägt in vielen Formen. Aber auch der Verzicht auf das Smartphone oder Social Media sind mittlerweile Teil des Trends. Doch woher stammt das Prinzip des Verzichts nach bestimmten Regeln?
Schon in Antike und im Mittelalter wurde aus medizinischen und spirituellen Gründen gefastet. Schriftlich mit eigenen Erfahrungen und Beobachtungen festgehalten, veröffentlicht und so der Welt bekannt gemacht haben es Otto Buchinger, sein Sohn und sein Enkel ab dem Jahr 1935.
Otto Buchinger: Die Grundlagen des Heilfastens
Als Buchinger, ein ausgebildeter Mediziner, durch eine nicht ausgeheilte Mandelentzündung an Rheuma erkrankte, unterzog er sich einer knapp dreiwöchigen Fastenkur und besiegte die Erkrankung. Dies legte den Grundstein zu seiner Forschung im Gebiet der Naturheilkunde mit Schwerpunkt auf Fasten.
1920 gründete er eine Heilfastenklinik, die seine Nachfahren in der vierten Generation noch heute in Bad Pyrmont aktiv weiterführen. Das 1935 veröffentlichte Hauptwerk "Das Heilfasten und seine Hilfsmethoden" wird noch immer regelmäßig neu aufgelegt und aktualisiert. 1966 starb Otto Buchinger im Alter von 89 Jahren.
Entgiften – missverständlicher Begriff
Buchinger stieß auf Kritik seitens der Schulmedizin, als er den Begriff "Entschlackung" oder "Entgiftung" einführte. Häufig wird der Begriff missverständlich gebraucht. Denn der gesunde Körper "entschlackt" sich selbst – auch ohne zu fasten, denn dafür sind die Organe wie Leber und Niere da. Der Begriff stelle aber nur eine Metapher für viele verstärkt vorkommende Vorgänge im Körper während des Fastens dar, so Buchinger.
Definition der Ärztegesellschaft Heilfasten und Ernährung e. V. Fasten ist immer freiwillig. Es ist die Fähigkeit, für eine begrenzte Zeit den Bedarf an Makro- und Mikronährstoffen bei ausbleibender oder minimaler Nahrungsaufnahme über den Verdauungstrakt aus körpereigenen Reserven zu decken. Richtig durchgeführt besteht eine gute Leistungsfähigkeit ohne Hungergefühl.
Anleitung: 7-Tage-Programm für zu Hause – wie funktioniert es?
Das Heilfasten nach Buchinger folgt festgelegten Regeln. Fastende sollten die Anleitung befolgen, um negative Effekte zu minimieren.
Für wen eignet sich das Heilfasten nicht?
Heilfasten sei nicht für diejenigen geeignet, deren Ziel das Abnehmen darstellt, erklärt Dr. Andreas Hans-Otto Buchinger, der Sohn Otto Buchingers, im Vorwort der 24. Auflage "Das Heilfasten". Die Gewichtsreduktion sei "nur ein netter Nebeneffekt".
Ziel des Fastens nach Buchinger: Hauptmotivation für diese Methode sollte es sein, dem Körper und vor allem auch dem Geist etwas Gutes zu tun. Dazu gehört auch, über seinen Lebensstil wie etwa Gewohnheiten, Ernährung und Bewegung nachzudenken. Das Fasten solle einen Anreiz schaffen, bewusster und gesünder zu leben.
Außerdem sei es nicht für diejenigen geeignet, die "einfach so" fasten, ohne ausreichend Hintergrundwissen und vor allem, ohne mit einem Arzt gesprochen zu haben. Jeder sollte vorher mindestens einen Bluttest, ein EKG und ein Beratungsgespräch mit einem Arzt geführt haben, empfiehlt Buchinger.
Besonders bei Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen sollte geklärt werden, ob das Fasten in diesem Fall gesundheitsfördernd wäre. Während des Fastens wird besonders in den ersten Tagen immer auch ein Teil der Muskeln abgebaut, darüber sollte man sich im Klaren sein. Besonders bei Übergewicht kann zusätzlich zu den genannten Tests auch eine Stoffwechselanalyse sinnvoll sein. Wann und warum Ihnen Fasten und Diäten wie Low Carb schaden können, erklärt Daniela Kielkowski im Interview. Sie ist Ärztin mit Schwerpunkt Ernährungsmedizin in Berlin.
Entlastungstage – Vorbereitung auf das Heilfasten
Haben Sie alle Tests bestanden, sollten Sie Ihren Körper auf die kommenden Tage oder Wochen vorbereiten. Die optimale Fastendauer liegt zwischen ein bis drei Wochen, kann aber auch kürzer oder länger gehalten werden – je nach ärztlicher Empfehlung.
- Kaufen Sie sich Gemüsebrühe, Honig und Direktfruchtsaft der Sorte ihrer Wahl. Auch verschiedene Kräutertees sollten für die kommenden Tage zu Ihrem Speiseplan gehören. Ingwer und Zitrone darf ebenfalls in Ihrem Einkaufswagen landen. Die Gemüsebrühe dürfen Sie auch selbst einkochen. Nur dürfen keine größeren Stückchen, die zerkaut werden müssten, enthalten sein.
- Besorgen Sie sich Glaubersalz. Denn am Anfang der Kur müssen Sie abführen – also Ihren Darm komplett entleeren.
- Essen Sie ein bis zwei Tage vor der Fastenkur keine schweren Gerichte wie beispielsweise Hackbraten, Pizza oder Burger – und verzichten Sie auf Fertigprodukte. Essen Sie viel Gemüse und trinken Sie klare Gemüsebrühe, um den Körper einzustimmen. Das sind die sogenannten Entlastungstage.
- Verzichten Sie auf Genussmittel wie Zigaretten und Kaffee – oder versuchen Sie, beides zu reduzieren. Auch Alkohol sollten sie nicht trinken.
- Stimmen Sie sich mental ein und bauen Sie mehr Bewegung in Ihren Alltag ein, etwa durch Spaziergänge.
- Einen Tag vor Beginn – dem Tag der Darmentleerung – sollten Sie am besten nicht mehr als 1.000 kcal essen.
Die Darmentleerung mit Glaubersalz
Um in die Kur zu starten, entleeren Sie Ihren Darm. Dazu trinken Sie innerhalb von 20 Minuten einen halben Liter Wasser mit 30 bis 40 Gramm des Salzes. Der Geschmack ist gewöhnungsbedürftig – nicht umsonst heißt es auch Bittersalz. Nach 30 bis 60 Minuten trinken Sie noch einmal einen halben Liter Wasser nach, um den Vorgang anzukurbeln.
Tipp: Um die bittere Note zu dämpfen, können Sie den Saft einer Zitrone oder einen Schuss Himbeersirup dazugeben.
Sie brauchen mehr Informationen zur Darmreinigung mit Glaubersalz? Hier finden Sie eine ausführliche Anleitung.
Das dürfen Sie während der Fastenkur
In der Zeit des Fastens dürfen Sie über den Tag verteilt
- 250 Milliliter Gemüsebrühe ohne Einlage,
- 250 Milliliter Frucht- oder Gemüsesaft und
- zwei bis maximal drei Esslöffel Honig zu sich nehmen.
Besonders wichtig sind zwei bis drei Liter Flüssigkeit in Form von Kräutertee, Ingwertee oder am besten stillem Wasser, um den Körper und die Organe durchzuspülen. Sie können die Darmentleerung vom Anfang auch noch einmal während des Fastens wiederholen, wenn Sie das Gefühl haben, es sei nötig.
Die spirituelle Seite des Fastens nutzen
Nehmen Sie sich bewusst Zeit nur für sich. Otto Buchinger empfiehlt, Zeit mit Kunst, Musik, Lesen, Natur oder Meditation zu verbringen. Auch lange Spaziergänge oder leichtes Ausdauertraining tun nicht nur Ihrem Körper gut, sondern wirken befreiend für den Kopf und die Gedanken.
Das Buchinger Heilfasten sieht Massagen, Kneippanwendungen, Gymnastik und Saunagänge vor, um die Gesundheit und das Wohlbefinden zu unterstützen. Je nachdem wie viel Zeit Sie haben, können Sie versuchen, einiges davon – zum Beispiel am Wochenende – in Ihre Fastenzeit einzubauen.
Das sollten Sie nicht tun:
- Zwischendurch essen
- Zu wenig trinken: Genügend Flüssigkeit fördert die Nierentätigkeit.
- Zu wenig Bewegung: Bewegung regt den Blutkreislauf und die Zirkulation von beispielsweise Sauerstoff an. Sie verhindert außerdem einen zu starken Muskelabbau.
- Zu viel Bewegung: Verzichten Sie auf sportliche Höchstleistungen. Führen Sie stattdessen moderates Ausdauertraining durch oder gehen Sie spazieren. Am besten besprechen Sie auch das mit Ihrem Arzt.
- Nach dem Fasten den Magen und Darm mit zu üppigen oder schwer verdaulichen Mahlzeiten überfordern.
Fastenbrechen – Aufbautage nach dem Fasten
Um den tage- oder wochenlang stillgelegten Verdauungstrakt nicht zu überfordern, sollten Sie an Ihrem letzten Fastentag erst einmal nur einen Apfel essen. Kauen Sie ihn langsam und genießen Sie das Gefühl bewusst. Am Abend können Sie am besten eine dickflüssige Kartoffelsuppe zubereiten. Es ist deshalb so wichtig, langsam anzufangen, da sonst Magenschmerzen, Übelkeit oder Verstopfungen auftreten können.
Faustregel: Die Aufbautage sollten in der Regel ein Drittel der Fastenzeit ausmachen. Wenn Sie eine Woche lang gefastet haben, sollten Sie zwei bis drei Tage ihren Körper langsam an feste Nahrung gewöhnen.
Die nächsten Tage sollten Sie laut Ärztegesellschaft Heilfasten und Ernährung e. V. auf naturbelassene, vegetarische und faserstoffreiche Produkte setzen.
Dazu gehören beispielsweise:
- Vollkornprodukte
- Gemüse
- Leinsamen
- kaltgepresse Pflanzenöle
Steigern Sie von Tag zu Tag Ihre Kalorienzufuhr bis zur gewünschten Menge und vergessen Sie nicht, während und zwischen den Mahlzeiten weiterhin ausreichend zu trinken. Das ist wichtig, da der Magen nun wieder vermehrt Magensäfte für die Verdauung produzieren muss – so unterstützen Sie ihn dabei.
Neue Gewohnheiten einbinden
Wenn Sie vorher schon eine gesunde und ausgewogene Ernährung hatten, dann können Sie diese weiterführen. Haben Sie vorher eher ungesund, zu viel oder unregelmäßig gegessen, nutzen Sie die Zeit nach dem Fasten, sich an neue Essgewohnheiten zu gewöhnen und einen Grundstein zur gesunden und bewussten Ernährung zu legen.
Positive und negative Nebenwirkungen und Effekte
Das Fasten kann positive Effekte mit sich bringen, aber ebenso – besonders in der Anfangsphase – negative Begleiterscheinungen aufweisen. Langzeitstudien, die belegen, dass Fasten Krankheiten dauerhaft heilt, gibt es bisher keine.
Allerdings wurden kleinere Studien zum Beispiel am Immanuel Krankenhaus für Naturheilkunde in Berlin durchgeführt, die zeitweise Verbesserungen bei Patienten unterschiedlicher Krankheitsbilder nachweisen konnten. Hier finden Sie eine Übersicht der möglichen nachgewiesenen Nebenwirkungen während der Fastenkur.
Positive Effekte:
- Höheres Bewusstsein: Sie beschäftigen sich mit den Fragen "Was tut mir gut?" und "Was brauche ich wirklich?". Sie nehmen Essen als etwas Wertvolles wahr und genießen es bewusster. Sie wollen Ihrem Körper durch Ernährung und Bewegung Gutes tun und Anreize für neue und langfristige Gewohnheiten schaffen.
- Serotonin und Endorphin: Glücksgefühle und eine positive Stimmung können sich einstellen, Spannungen werden abgebaut und die Libido kann gesteigert sein. Endorphine werden in Stresssituationen ausgeschüttet, um Schmerzen oder Unwohlsein zu überdecken. Fasten ist Stress für den Körper, weswegen sich der Fastende durch diese Hormone gut fühlt.
- Gewichtsabnahme: Sie sollte eine positive Begleiterscheinung sein und nicht der Hauptgrund des Fastens. Wer abnehmen will, sollte auf andere Methoden setzen, sonst kann der Jo-Jo-Effekt drohen.
- Schlafveränderung: Tiefer, erholsamer Schlaf kann ein positiver Effekt sein.
- Energieschübe: Leistungsfähigkeit und Konzentration durch bestimmte Hormonausschüttung sind möglich.
Negative Effekte:
- Kreislaufdysregulation: Sie zeigt sich unter anderem in Schwindelattacken.
- Unterzuckerung: Sie zeigt sich unter anderem durch Kopfschmerzen oder Zittern.
- Migräneanfälle: Sie können durch Unterzuckerung vorkommen.
- Akuter Lumbago: Ein Hexenschuss, also Schmerzen im unteren Rücken, sind eine mögliche Begleiterscheinung.
- Muskelkrämpfe: Sie können durch einen Mangel an Magnesium entstehen.
- Schlafveränderungen: Schlafstörungen durch Unterzuckerung sind möglich.
- Mundgeruch: Er entsteht, da durch die geringe Energiezufuhr im Körper Ketone gebildet werden. Der Abbau dieses Stoffes erzeugt einen unangenehmen Geruch.
- Gichtanfall: Kann durch einen zu hohen Harnsäurewert ausgelöst werden, da die Nieren geschwächt sind. Lassen Sie diesen Wert vorher überprüfen und trinken sie während der Fastenkur ausreichend.
- Jo-Jo-Effekt: Der unter Stress geratene Körper kann die nun wieder normalisierte Nahrung in Fettdepots einspeichern, um sich zu schützen. Dies ist evolutionär bedingt und passiert, wenn Ihr Fettstoffwechsel durch beispielsweise zu langes Fasten oder durch häufige Diäten verändert wurde.
Sollten Sie starke negative Nebenwirkungen wie Migräneattacken oder Herz- und Kreislauf-Probleme bekommen, wenden Sie sich besser an Ihren Arzt und brechen im Zweifelsfall die Fastenkur ab. Jeder Körper ist anders und reagiert auch nicht immer gleich gut oder schlecht auf bestimmte Veränderungen.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Immanuel Krankenhaus: Studien zum Heilfasten
- Eigene Recherche