t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeGesundheitKindergesundheit

Stillen: Ist Langzeitstillen "normal"?


Langzeitstillen
Mutter gibt ihrer achtjährigen Tochter immer noch die Brust

t-online, jz

Aktualisiert am 11.08.2016Lesedauer: 3 Min.
Langzeitstillen: Denise Sumpter lässt ihre achtjährige Tochter Belle noch regelmäßig an der Brust trinken.Vergrößern des BildesDenise Sumpter lässt ihre Tochter Belle auch mit acht Jahren noch an der Brust trinken. (Quelle: Screenshot RTL-Video)
Auf Facebook teilenAuf x.com teilenAuf Pinterest teilen
Auf WhatsApp teilen

Ein Kind zu stillen, das längst kein Baby mehr ist, ist in unserer Gesellschaft ein Tabuthema. Langzeitstillen spaltet sogar Mütter in zwei Lager.

In einem Beitrag des Senders RTL ist die Familie beim Abendessen zu sehen. Anschließend holen sich beide Kinder noch eine Portion Milch direkt bei Mama ab. Manchmal kabbeln sie sich darum, wer zuerst nuckeln darf. Der dreijährige Bo wird gestillt, wann und wo er Bedarf anmeldet, und sei es in der U-Bahn. Die achtjährige Belle kuschelt sich noch mehrmals pro Woche zum Stillen an Mutters Brust, allerdings nicht mehr in der Öffentlichkeit.

"Ich mache es, wenn ich mich krank fühle, oder wenn etwas Schlimmes passiert ist", erklärt sie dem TV-Team. Mutter Denise Sumpter will das vertraute Ritual beibehalten, solange die Kinder möchten. "Ich vertraue einfach darauf, dass sie mir schon signalisieren werden, wenn sie das Stillen nicht mehr wollen."

"Ich finde das ekelhaft"

Doch dafür erntet die Britin oft Unverständnis. In vielen westlichen Ländern, auch in Deutschland, ist Langzeitstillen nicht als normal akzeptiert. In sozialen Netzwerken werden emotionale Debatten geführt, wenn wieder ein besonders spektakuläres Beispiel die Runde macht. "Ehrlich gesagt, ich finde das ekelhaft", lautet der Kommentar einer jungen Mutter im TV-Beitrag. Auch eine Psychologin ist skeptisch und meint: "Irgendwann muss sich ein Kind ja auch abnabeln. Ich würde der Mutter dringend empfehlen, da selber den ersten Schritt zu machen."

Mutter und Kind entscheiden über das Abstillen

Dabei gibt es weder eine wissenschaftliche Empfehlung, bis zu welchem Alter ein Kind maximal gestillt werden sollte, noch Hinweise darauf, dass Langzeitstillen schadet. Sowohl die Nationale Stillkommission als auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfehlen lediglich die Mindestlänge des Stillens: vier bis sechs Monate nach der Geburt.

Darüber hinaus lautet der Konsens von Experten: "Gestillt wird, solange Mutter und Kind dies wünschen". Anthropologen geben an, dass Naturvölker im Schnitt bis etwa drei Jahre stillen, doch sie verweisen auch auf Völker, bei denen die Kinder bis zum siebten Lebensjahr gestillt werden.

Stillen stärkt das Immunsystem

Befürworterinnen des langen Stillens sind überzeugt, dass ihre Kinder seltener krank werden als abgestillte Kinder, und dass ihre Bindung zum Kind stärker ist als bei anderen Müttern. Sie verweisen auf die Einzigartigkeit der Stillbeziehung, in der nicht nur Nahrung gespendet wird, sondern auch Trost und Schutz.

Nachteile des Langzeitstillens sind medizinisch nicht belegt. In Gegenteil: Wissenschaftler wiesen nach, dass gestillte Kinder – zusätzlich zur Beikost – besonders wertvolles Eiweiß, Kalzium und verschiedene Vitamine und Spurenelemente in leicht verwertbarer Form bekommen. Wichtig ist, dass die stillende Mutter auf Alkohol und weitgehend auch auf Koffein verzichtet.

Wie lange hat eine Mutter überhaupt Milch?

Der Milchfluss versiegt nicht automatisch nach einer bestimmten Zeit. Ein hormoneller Regelkreis sorgt dafür, dass in den Brustdrüsen immer wieder Milch gebildet wird, wenn eine Frau regelmäßig stillt – vergleichbar mit dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Die Milchproduktion kann auch ohne vorangegangene Schwangerschaft angeregt werden. So ist es möglich, dass eine Amme das Kind ernährt.

2015 sorgte eine damals 52-jährige Australierin mit dem Stillen ihrer sechsjährigen Tochter für Aufsehen. Vermutlich ist sie eine der ältesten stillenden Mütter.

Unverständnis bei Männern und bei Frauen

Erfahrungsberichte von Müttern, die ihren Kindern bis ins Kleinkindalter die Brust geben, gibt es viele - und alle ähneln sich in einem Punkt: Entscheidet man sich für diese Form der Ernährung ihres Kindes, begibt man sich aus der Norm. Denn die meisten jungen Mütter in Deutschland stillen zwischen dem vierten und zwölften Monat ab.

Langzeitstillende Mütter berichten über negative Reaktionen sowohl von Männern als auch von Frauen. Viele Männer sehen die weibliche Brust eher als Sexobjekt und haben deswegen häufig Probleme mit dem Langzeitstillen. Kritische Frauen führen dagegen an, dass das Kind zu sehr verwöhnt werde, und fragen, ob die Mutter nicht endlich mal wieder für sich sein wolle.

Es gibt keine Belege dafür, dass sich zu lange gestillte Kinder schlechter von der Mutter lösen. Spätestens im Kindergartenalter wird sich das Kind ohnehin stärker von der Mutter abnabeln. Natürlich ist die Brust ein Trostfaktor für das Kind. Aber es sollte auch lernen, sich trösten zu lassen, ohne gestillt zu werden.

Kinder beobachten und selbst entscheiden

Wenn Mutter und Kind sich wohl damit fühlen, spricht nichts gegen langes Stillen. Mütter sollten regelmäßig reflektieren, ob ihr Verhalten dem Kind gegenüber noch dessen aktuellem Entwicklungsstand und Bedürfnissen entspricht. Sie müssen auch sensibel dafür sein, wenn das Kind signalisiert, dass es nicht mehr gestillt werden möchte.

Was andere Personen darüber denken, sollte kein Entscheidungsgrund sein. Für jede Frau gilt: Es ist ihr Körper, ihre Familie und ihr Kind.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website