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Asthma: Wie Laurence (12) und Felix (6) das Leben mit Asthma meistern


Asthma
Wie Laurence (12) und Felix (6) das Leben mit Asthma meistern

Anja Speitel

03.12.2013Lesedauer: 9 Min.
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Asthma: Felix und Laurence haben Asthma, aber dank einer konsequenten Therapie schränkt es ihr Leben kaum ein.Vergrößern des Bildes
Felix (links) und Laurence haben Asthma, aber dank einer konsequenten Therapie schränkt es ihr Leben kaum ein. (Quelle: Privat)

Die Brüder Laurence (12) und Felix (6) haben seit ihrer frühesten Kindheit Asthma. In Deutschland leidet mindestens jedes zehnte Kind unter Asthma bronchiale - damit gehört die dauerhafte Entzündung der Bronchialschleimhaut zu den häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindesalter. Laurence und Felix leben gut mit ihrem Asthma, denn sie wurden frühzeitig richtig behandelt und halten sich konsequent an ihre Therapie. Was Eltern betroffener Kinder über Asthma wissen sollten.

"Eins, zwei, drei und los", rufen Laurence und Felix, drücken auf ihr Kortisonspray und atmen tief ein. Jeden Tag zweimal machen sie das, nicht immer zusammen, aber oft. Beide Brüder sind Asthmatiker. "Um ihre Dauermedikation machen die beiden gar keinen Zirkus, das wird einfach zweimal täglich gemacht wie Zähneputzen", sagt die Mutter Janine M. Sie und ihr Mann Thomas haben noch zwei Kinder, Jessy (14) und Sunny (10). Beide Mädchen haben kein Asthma, obwohl eine Überempfindlichkeit des Bronchialsystems genetisch bedingt sein kann.

Heuschnupfen nicht auf die leichte Schulter nehmen

Es gibt zwei Formen von Asthma: das allergische und das nicht-allergische Asthma bronchiale. Dem allergischen Asthma liegt nicht selten eine Allergie auf Pollen zugrunde. "Heuschnupfen wird oft als Bagatelle abgetan, weil er ja oft nur für ein paar Wochen oder Monate im Jahr Beschwerden verursacht. Dabei ist es extrem wichtig, eine Pollenallergie frühzeitig zu behandeln, damit es nicht zum 'Etagenwechsel' Richtung Bronchialschleimhaut und damit zu Asthma bronchiale kommt", warnt Ralph Köllges, Kinder- und Jugendmediziner, Allergologe und Umweltmediziner aus Mönchengladbach-Rheydt. Er behandelt Laurence und Felix seit ihrer Geburt.

Häufige Atemwegsinfektionen begünstigen Asthma

Das nicht-allergische Asthma, das oft im Kleinkindalter auftritt, wird häufig durch Infekte ausgelöst oder verstärkt. Wenn kleine Kinder mehrere Infektionen der Atemwege dicht hintereinander haben, könne das ein Zeichen für ein überreagierendes Bronchialsystem sein, sagt Köllges und erklärt: "Wir bezeichnen sie als Infektasthmatiker. Insbesondere, wenn sie Erkältungen nicht innerhalb von rund einer Woche durchmachen, sondern die Beschwerden nach ein paar Tagen in eine pfeifende, giemende Form des Hustens übergehen. Das bedeutet: Die Atemwege der Kinder machen dicht."

Dann sei eine intensive Behandlung notwendig, weil die Kinder unter Luftnot leiden und sich durch die vermehrte Atemarbeit erschöpfen. Es gelte, durch intensive Behandlung mit Inhalationen und anderen Medikamenten zu verhindern, dass sich der Allgemeinzustand verschlechtert und das Kind womöglich eine Sauerstoffgabe braucht und in die Klinik muss. "Wichtig ist dabei die konsequente Therapie durch die Eltern, damit wir die Entzündung der Bronchialschleimhaut gut behandeln können," betont der Facharzt.

Im weiteren Verlauf könne es notwendig sein, über einen gewissen Zeitraum, beispielsweise über die infektträchtigen Wintermonate, konsequent mit Kortisonspray zu inhalieren, um die Atemwege vor weiteren Infektionen zu schützen.

Weniger häufige Auslöser für nicht-allergisches Asthma sind chemische Reizstoffe wie Lösungsmittel und Duftstoffe, Witterungs- und Umwelteinflüsse wie Nebel, kalte Luft oder Zigarettenrauch, und ein Rückfluss von Magensaft in den Rachenraum. Gelangt Magensäure von dort aus in die Lunge, kann das eine dauerhafte Entzündung der Bronchialschleimhaut verursachen.

Typische Asthma-Beschwerden

Ist die Bronchialschleimhaut dauerhaft entzündet, schwillt sie an und es kommt zu übermäßiger Schleimproduktion. "Das hat eine Verengung der Bronchien zur Folge. Kinder haben sowieso engere Atemwege und zäheren Schleim als Erwachsene, deshalb sind sie für Asthma prädisponiert", erklärt Köllges. Neben zähem Schleim und pfeifender Atmung zählen ständiger Hustenreiz, Engegefühl in der Brust und anfallsweise auftretende Atemnot zu den typischen Beschwerden von Asthmatikern.

Felix klingt wie eine kaputte Trillerpfeife

Laurence hat sein Asthma gut im Griff. Bei Felix hingegen pfeift die Atmung oft ganz fies: "Wie eine kaputte Trillerpfeife hört sich der Kleine dann an", sagt Janine. Häufig passiert das durch Belastung. "Beim Fußball oder beim Toben verkrampfen sich Felix Bronchien schnell. Wenn ich oder mein Mann nicht da sind, passen seine Geschwister und Freunde gut auf ihn auf. Dann rufen sie an und sagen 'der Felix pfeift und bekommt schlecht Luft', und jeder weiß, wo sein Notfallspray liegt. Auch Felix selbst kann schon gut einschätzen, wann er sein bronchialerweiterndes Spray braucht."

Bremsen lässt sich Felix dennoch nicht von seinem Asthma. "Der flitzt ständig draußen mit den anderen Kindern herum und wird richtig sauer, wenn ich ihn bei Nebel nicht rauslassen will“, lacht Janine. Teenager Laurence hat sein Notfallspray selbst dabei, muss es mittlerweile aber nicht mal mehr beim Kickbox-Kurs anwenden. Er weiß schon genau, wie intensiv er sich körperlich belasten darf.

Dank frühzeitiger Diagnose das Asthma gut im Griff

Dass Felix und Laurence gut mit ihrer Krankheit leben können, liegt auch daran, dass ihr Asthma frühzeitig erkannt wurde. Beide Jungs machten schon als Kleinkinder zahlreiche Atemwegsinfekte durch: "Laurence war eineinhalb, als ich alle zwei bis vier Wochen bei Dr. Köllges in der Praxis stand, weil er wieder eine Bronchitis hatte", erinnert sich Janine. "Bei Felix häuften sich die Infekte schon in den ersten Lebensmonaten, und wieder waren wir Stammgäste bei Dr. Köllges."

Der Kinderarzt testete beide auf Allergien. Laurence reagiert auf Früh- und Spätblüher sowie Hausstaubmilben allergisch. Felix ebenso. Er leidet auch noch unter zahlreichen Nahrungsmittelallergien. Zudem entwickelten beide Brüder eine Neurodermitis. Der Arzt leitete sofort die Asthmatherapie ein.

"Goldstandard zur Sicherung der Asthmadiagnose ist die Überprüfung der Lungenfunktion. Hier liegt aber der Schwachpunkt für die Diagnostik im Kindesalter: Bei Kindern unter fünf Jahren bekommt man mit dem Lungenfunktionsmessgerät fast nie sichere Ergebnisse. Kleine Kinder schaffen es nicht, so fest und lange in das Gerät hineinzupusten, dass die Werte zuverlässig sind", gibt Köllges zu bedenken. "Dennoch kann man die Diagnose in diesem Alter anhand des klinischen Krankheitsverlaufes relativ sicher stellen."

Weitere Warnzeichen für Asthma

Bei Kleinkindern oder gar Babys wie damals bei Felix ist die Diagnose Asthma schwer zu stellen und erfordert viel Erfahrung vom Kinderarzt. Köllges erläutert: "Man muss verschiedene Hinweise auf die Erkrankung berücksichtigen: Liegen Allergien oder eine Neurodermitis beim Kind oder in der Familie vor? Wie ist der Allgemeinzustand des Kindes? Ist die Sauerstoffsättigung normal? Weiten sich Atemwegsinfekte immer zu maximalen Entzündungen aus? Wichtig ist natürlich auch, andere Erkrankungen auszuschließen, die Asthma vortäuschen können - etwa Mukoviszidose, bestimmte Herzkrankheiten oder eine entzündete Luftröhre."

Auch wenn Kinder sich zu Stubenhockern entwickeln, sei das ein Warnsignal. "Vielleicht zieht sich ein Kind lieber in sein Zimmer zurück, da es beim Toben oder Fangenspielen mit anderen Kindern immer den Kürzeren zieht - einfach weil seine Atemwege durch Belastung schnell zumachen."

Durch das Asthma des älteren Sohnes Laurence war Janine sensibilisiert: "Mit drei, vier Monaten war Felix oft sehr blass. Beim Schreien hat er sich häufig versteift oder nach Luft geschnappt. Oft hat er auch die Milch wieder ausgebrochen. Dazu kamen häufige Infekte. Er war einfach schlecht beieinander. Also bin ich ziemlich schnell mit ihm zum Kinderarzt gegangen." Der erkannte rasch, dass auch Felix Asthma hat.

Konsequente Asthmatherapie macht normales Leben möglich

Werden Asthmatiker nicht therapiert, ist die Bronchialschleimhaut dauerhaft entzündet. Das führt nicht nur zur Überempfindlichkeit und einer Verengung der Atemwege mit Luftnot, sondern zerstört die Oberfläche von Bronchien und Lunge. Viren und Bakterien können dann leicht eindringen, die Kinder sind ständig schwer krank und müssen oft Antibiotika einnehmen. "Deshalb ist es so wichtig, Asthma rechtzeitig richtig zu therapieren", appelliert Köllges. "Dann können die Kinder meist ein ganz normales Leben führen."

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Die Asthmatherapie folgt einem Stufenplan, je nach dem Schweregrad der Entzündung wird sie individuell festgelegt. "Grundsätzlich stehen zwei Wirkstoffgruppen zur Verfügung", erklärt Köllges: "Entzündungshemmende Medikamente, die Controller genannt werden, weil sie die Entzündung kontrollieren. Und bronchienerweiternde Medikamente, so genannte Reliever. Sie entspannen die verkrampfte Bronchialmuskulatur bei Luftnot unmittelbar, wirken also nur symptomatisch. Die Reliever sollten nicht häufiger als drei- bis viermal am Tag benötigt werden. Ein höherer Bedarf zeigt eine ungenügende entzündungshemmende Therapie an oder eine Verschlechterung des Asthmas. Dann muss die Controller-Therapie angepasst werden."

Standard bei Asthma ist als Dauermedikation inhalatives Kortison. Dazu kommt ein kurzwirksamer, bronchienerweiternder Wirkstoff als Bedarfsmedikation bei Luftnot. Da Laurence und Felix beide Pollenallergiker sind, bekommen sie außerdem jedes Jahr ab Januar für rund zwei Monate einmal wöchentliche eine Spitze zur Hypersensibilisierung. So kann die überschießende Reaktion ihres Immunsystems auf die Allergene immer weiter abgeschwächt werden.

Keine Angst vor Kortison

Viele Eltern bekommen Angst, sobald sie das Wort Kortison hören und denken an einen "Hammer" mit starken Nebenwirkungen. "Als Kortison im letzten Jahrhundert entdeckt wurde, galt es als Wundermittel. Deshalb wurde es viel in hoher Dosierung geschluckt. Schwere Nebenwirkungen waren die Folge. Die Medizin weiß nun, dass große Mengen Kortison nur für kurze Zeit unbedenklich sind", erklärt Köllges. Die Asthmatherapie folgt heute immer dem Grundsatz so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig.

Zur Langzeitbehandlungen bei Asthma sei es nur sehr geringe Mengen nötig. In den meisten Fällen reiche die lokale Anwendung als Inhalation oder Spray aus. Dadurch wirke das Kortison nur dort, wo der Asthmatiker es braucht - auf der Bronchialschleimhaut und nicht im ganzen Körper. Nebenwirkungen gebe es deshalb gar nicht oder nur geringfügig.

Wachstumskurven haben gezeigt, dass gut behandelte Kinder mit Asthma genauso groß wurden wie gesunde. Schlecht behandelte Asthmatiker hingegen blieben im Wachstum durch die dauerhafte Entzündung deutlich zurück. Die Menge macht das Gift: "Wenn man zum Beispiel bei Krupp nur ein einziges Kortisonzäpfchen gibt, führt man dem Körper dieselbe Menge zu, als würde man Wochen bis Monate mit Kortison inhalieren", vergleicht Köllges.

"Felix brauchte einige Zeit abends hochdosierte Kortisonzäpfchen, damit er schlafen kann, keine Asthmaanfälle bekommt und nachts am Ende noch erstickt. Bevor mein Kind ständig krampfhaft versucht Luft zu bekommen, sich dadurch ständig überanstrengt, immer müde ist und am Ende sogar ersticken kann, gebe ich ihm lieber Kortison. Meinen Kindern geht es dank der Medikamente sehr gut. Keines von beiden hatte bislang einen richtigen Asthmaanfall", betont Janine.

Asthmaschulung ist extrem wichtig

Bei guter Kontrolle des Asthmas sind Betroffene in ihrem Leben nicht eingeschränkt. Die Lungenfunktion zeigt normale Werte. Neben Medikamenten gehört zur Behandlung auch eine Asthmaschulung. Für Kinder wird sie spielerisch durchgeführt. "Ich rate allen Eltern mit ihren Kindern dazu. Die Asthmaschulung ist Bestandteil im Disease-Management-Programm, in das die Eltern ihr Kind bei der Krankenkassen einschreiben lassen sollten", so Köllges, der 1994 die Arbeitsgemeinschaft Asthmaschulung im Kindes- und Jugendalter mitbegründet hat.

In Asthmaschulungen lernen Patienten ihre Krankheit zu verstehen, anzunehmen und gut zu managen: die richtige Inhalier-Technik, um möglichst wenig Kortison zu verschlucken, richtiges Handeln bei Atemnot, Vermeidung von Asthmaanfällen und Notfallpläne, falls es doch dazu kommt. "Laurence und ich haben die Schulung gemacht, sobald er in der Grundschule war. "Felix hat sich viel bei Laurence abgeguckt. Der schult seinen kleinen Bruder", sagt Janine, die selbst Krankenschwester ist.

Sport ist Teil der Asthmatherapie

Körperliche Belastung kann zwar ein Auslöser für asthmatische Beschwerden sein, aber Sport ist dennoch ein wichtiger Teil der Therapie. "Für Kinder ist ausreichende Bewegung unverzichtbar für eine gesunde Entwicklung. Kinder, deren Asthma durch Medikamente ausreichend stabilisiert ist, dürfen und sollen alles machen", sagt Köllges.

Felix und Laurence treiben viel und gerne Sport. Nur Felix bekommt dann noch manchmal Atemnot, weil er wild tobt oder beim Fußball zu starke Sprints hinlegt. "Dann will er sein Notfallspray, setzt sich eine Weile in entlastenden Stellungen hin und weiter geht's", erzählt Janine.

Wichtig ist, dass Asthmatiker ihr Sportpensum an die Erkrankung anpassen. "Man muss den Kindern mehr Zeit zum Aufwärmen geben. Wenn Asthmatiker erstmal ein paar Kilometer gelaufen sind, haben sie ihre Atemwege befreit und dann macht ihnen auch ein Sprint nichts mehr aus. Die Kurzbelastung darf nur nicht am Anfang der körperlichen Aktivität sein", rät der Arzt.

Sportlehrer wissen zu wenig über Asthma

Er bedauert, dass noch zu wenige Sportlehrer entsprechend geschult sind. Laut einer Umfrage des Deutschen Allergie- und Asthmabundes wird jedes dritte Kind mit Asthma vom Schulsport ausgeschlossen. Die Lehrer hätten Angst, dass das Kind einen Asthmaanfall bekommt und ließen es lieber auf der Bank sitzen. Das könne schnell zur Ausgrenzung führen. "Außerdem ist Sport so wichtig für diese Kinder", ärgert sich Köllges. "Manche Lehrer denken auch, das Kind will sich drücken. Wenn es eine Pause braucht und dann gezwungen wird, mitzumachen, kann das schlimm enden."

"Felix ist noch im Kindergarten, da klappt das klasse mit den Erziehern. Sie gehen gut auf ihn ein und haben sein Notfallspray parat“, erzählt Janine. "Laurence hatte nur einmal Probleme in der Schule. Da hatte er sein Spray in der Jackentasche vergessen und der Lehrer hat es ihn nicht holen lassen. Wirklich Schlimmes ist Laurence Gott sei Dank nicht passiert. Ich habe dem Lehrer hinterher erklärt, was Laurence braucht und seitdem läuft auch alles wunderbar."

Weitere Infos über Asthma

Der Deutsche Allergie- und Asthmabund (www.daab.de) informiert Betroffene und setzt sich für die Belange von kleinen und großen Patienten mit Allergien, Asthma/COPD und Neurodermitis ein. Weitere Informationen und eine Asthmaschulung in ihrer Nähe finden Eltern betroffener Kinder auch über die Arbeitsgemeinschaft Asthmaschulung im Kindes- und Jugendalter (www.asthmaschulung.de).

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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