Beginnt die vierte Corona-Welle jetzt so richtig?
Die Corona-Fallzahlen steigen, es werden mehr und mehr ImpfdurchbrΓΌche gemeldet, Intensivmediziner schlagen Alarm. Beginnt die vierte Corona-Welle erst jetzt so richtig?
Die Corona-Fallzahlen in Deutschland kΓΆnnten nach EinschΓ€tzung des Robert Koch-Instituts (RKI) in der kommenden Zeit dynamisch anwachsen. "Es ist damit zu rechnen, dass sich im weiteren Verlauf des Herbstes und Winters der Anstieg der Fallzahlen noch beschleunigen wird", schreibt das Institut in seinem neuen Wochenbericht zur Pandemie, der am Donnerstagabend erschienen ist.
Die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland steigt derzeit rasch an. Das RKI gab den Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche am Freitag mit 95,1 an. Er hat damit erstmals seit Mitte Mai die 90 ΓΌberschritten. Am Vortag hatte der Wert bei 85,6 gelegen, vor einer Woche bei 68,7 (Vormonat: 65,0). Die GesundheitsΓ€mter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 19.572 Neuinfektionen. Vor einer Woche hatte der Wert bei 11.518 Ansteckungen gelegen.
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach twitterte am Freitag: "Die 4. Welle wird weitergehen." Es fehle an einer systematischen Booster-Impfungs-Kampagne. Man mΓΌsse die Ungeimpften gezielt ansprechen. "Insbesondere auch Menschen mit Migrationshintergrund haben wir noch nicht genug erreicht, ist mein Eindruck", so Lauterbach.
Intensivmediziner in Sorge β EngpΓ€sse erwartet
Auch Intensivmediziner schlagen Alarm, weil mangels Pflegepersonals viele Intensivbetten nicht mehr betrieben werden kΓΆnnten. Die Zahl der in Kliniken aufgenommenen Corona-Patienten je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen β den fΓΌr eine mΓΆgliche VerschΓ€rfung der Corona-BeschrΓ€nkungen wichtigsten Parameter β gab das RKI am Freitag mit 2,68 an (Donnerstag 2,45).
Bei dem Indikator muss berΓΌcksichtigt werden, dass Krankenhausaufnahmen teils mit Verzug gemeldet werden. Ein bundesweiter Schwellenwert, ab wann die Lage kritisch zu sehen ist, ist fΓΌr die Hospitalisierungs-Inzidenz unter anderem wegen groΓer regionaler Unterschiede nicht vorgesehen. Der bisherige HΓΆchstwert lag um die Weihnachtszeit bei rund 15,5.
Die Deutsche InterdisziplinΓ€re Vereinigung fΓΌr Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) teilte am Donnerstagabend mit, es sei in der kommenden Zeit "mit einer spΓΌrbaren EinschrΓ€nkung in der Versorgung der BevΓΆlkerung zu rechnen". Derzeit seien 22.207 Intensivbetten als betreibbar gemeldet, zu Jahresbeginn seien es 26.475 gewesen. Die vergangenen Monate hΓ€tten zu einer Verschlechterung der Stimmung und zu weiteren KΓΌndigungen von StammpflegekrΓ€ften gefΓΌhrt, so die Divi.
RKI: Vermehrte ImpfdurchbrΓΌche "erwartbar"
Laut RKI-Bericht sind wieder vermehrt AusbrΓΌche in medizinischen Einrichtungen sowie in Alten- und Pflegeheimen bekannt geworden. Erstmals seit der Woche vom 3. bis 9. Mai sei die Sieben-Tage-Inzidenz bei Menschen ΓΌber 90 Jahren vergangene Woche wieder auf ΓΌber 50 gestiegen. Mit HygienemaΓnahmen und zunehmender Durchimpfung seien solche AusbrΓΌche zwar deutlich zurΓΌckgegangen, sie trΓ€ten aber weiterhin auf und betrΓ€fen auch Geimpfte, hieΓ es. Hochaltrige sind besonders gefΓ€hrdet, bei einer Corona-Infektion schwere und tΓΆdliche VerlΓ€ufe zu erleiden.
Deutlich hΓΆhere Inzidenzen als Senioren verzeichneten laut RKI-Bericht wie bereits in den Vorwochen jΓΌngere Altersgruppen, in denen die Impfquoten niedriger sind. Bei den Kindern und Jugendlichen von 10 bis 14 Jahren waren es vorige Woche 182 Ansteckungen pro 100.000 Einwohner. Aber auch bei Menschen im mittleren Alter (35 bis 44) lagen die Inzidenzen ΓΌber dem Durchschnitt.
Allgemein schreibt das RKI, es sei "erwartbar", dass mit der Zeit mehr ImpfdurchbrΓΌche verzeichnet werden, Erkrankungen bei vollstΓ€ndig Geimpften mit Corona-Nachweis durch einen PCR-Test. Das liege daran, dass immer mehr Menschen geimpft seien und sich das Virus derzeit wieder vermehrt ausbreite. "Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, als vollstΓ€ndig geimpfte Person mit dem Virus in Kontakt zu kommen." Schwere KrankheitsverlΓ€ufe sind laut RKI bei Geimpften sehr selten.
- Nachrichtenagentur dpa