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Corona: Was uns die aktuellen Zahlen verraten und was nicht


Rekord-Inzidenzen, mehr Impfdurchbrüche
Was uns die Corona-Zahlen verraten – und was nicht

  • Melanie Rannow
Von Melanie Rannow

10.11.2021Lesedauer: 6 Min.
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Je dunkler die Farbe, desto höher ist die Sieben-Tage-Inzidenz: Die Corona-Zahlen steigen stark an.Vergrößern des Bildes
Je dunkler die Farbe, desto höher ist die Sieben-Tage-Inzidenz: Die Corona-Zahlen steigen stark an. (Quelle: T-Online-bilder)

Neuinfektionen, Todesfälle, Impfdurchbrüche und Co.: Alle blicken auf diese Zahlen. Doch welche eignen sich wirklich, um die Pandemielage zu bewerten? Und wo liegt die Dunkelziffer deutlich höher?

Seit Beginn der Corona-Pandemie dreht sich alles um Zahlen: Wie viele Menschen haben sich mit dem Virus infiziert, wie viele erkranken an Covid-19 und müssen stationär behandelt werden? Wie viele Menschen sind gegen Corona geimpft und wie häufig sind Impfdurchbrüche? t-online versucht, den Zahlenwust zu ordnen und die Corona-Lage verständlich abzubilden.

Neuinfektionen

Die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Deutschland ist nicht mehr wegzudenken. Seit dem Anfang der Krise werden täglich die neuen Werte durchgegeben. Aktuell gibt es laut dem Robert Koch-Institut (RKI) 39.676 neue Corona-Fälle (Stand 10. November 2021).

Doch wie aussagekräftig ist der Wert?

Fakt ist: Er spiegelt nicht das tatsächliche Infektionsgeschehen wider. Experten meinen, dass die tatsächliche Zahl an Infizierten um ein Vielfaches höher liegt als die Zahl der offiziellen Fälle. Denn schließlich beziehen sich die offiziellen Fallzahlen nur auf die Zahl der Menschen, die mittels PCR-Test positiv auf das Coronavirus getestet wurden.

Die Dunkelziffer ist also deutlich höher als die bekannten Neuinfektionen. Das liegt auch daran, dass viele Corona-Infizierte keine Symptome zeigen und nichts von ihrer Ansteckung wissen. Folglich gehen sie auch nicht zum Arzt und werden daher auch nicht getestet.

Ein weiterer Punkt, der die Zahlen verzerrt darstellt: Die täglich gemeldeten Neuinfektionen schwanken stark im Wochenverlauf. Weil die Gesundheitsämter die Daten zu unterschiedlichen Zeitpunkten an das RKI weitergeben, liegen die Zahlen am Wochenende und am Montag oft niedriger als in der Mitte der Woche.

Sieben-Tage-Inzidenz

Die Sieben-Tage-Inzidenz der Corona-Neuinfektionen beträgt aktuell 232,1 Fälle pro 100.000 Einwohner und ist damit im Vergleich zum Vortag (213,7) weiter gestiegen (Stand 10. November 2021).

Der Wert gibt an, wie viele neue Infektionen mit dem Coronavirus pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche den Behörden gemeldet wurden. Und somit zeigt die Sieben-Tage-Inzidenz deutlich, wie stark einzelne Städte oder Landkreise von Corona betroffen sind.

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Wichtiger Hinweis: Die in den Grafiken dargestellten Zahlen spiegeln nicht das tatsächliche Infektionsgeschehen wider. Es ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Die Werte basieren zudem häufig auf unvollständigen Meldedaten und werden in der Regel eher als zu niedrig angegeben. Bitte informieren Sie sich zusätzlich auf den offiziellen Seiten Ihrer Stadt oder Ihres Landkreises über aktuelle Daten und Maßnahmen.

Bereits seit 2020 gilt die Sieben-Tage-Inzidenz als wichtigster Indikator für die Ausbreitung der Pandemie und somit als Frühwarnung für steigende oder fallende Krankenhauseinweisungen.

Dennoch: Einige Experten merken an, dass der Inzidenzwert der Neuinfektionen nun weniger aussagekräftig ist. Grund dafür sind die Impfungen gegen Covid-19. Da viele besonders gefährdete Altersgruppen geimpft sind, ist für sie die Wahrscheinlichkeit gesunken, mit einer Corona-Infektion im Krankenhaus zu landen oder daran zu sterben. Der Anteil jüngerer, weniger vulnerabler Menschen am gesamten Infektionsgeschehen ist nun gestiegen.

Intensivmediziner warnen aber: Es gebe weiterhin eine lineare Beziehung zwischen der Corona-Inzidenz und der Intensivbettenbelegung.

Hospitalisierungsrate

Intensivbetten sind auch ein Stichwort beim nächsten Corona-Parameter: Die Hospitalisierungsrate liegt aktuell laut RKI bei 4,3. Das bedeutet, dass von 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen mehr als vier wegen Covid-19 im Krankenhaus behandelt werden müssen (Stand 10. November 2021).

Warum ist dieser Wert so wichtig?

Die Hospitalisierungsrate kann dabei helfen, die Belastung des Gesundheitssystems zu messen. Doch sie zeigt nur eine Richtung und bietet keinen Echtzeit-Blick. Denn zum einen vergehen laut RKI zwischen Infektion und Krankenhauseinweisung im Schnitt weiterhin etwa zehn Tage. Die vollständigen Werte liegen also oft erst nach etwa zwei Wochen vor.

Zum anderen wird bei den Hospitalisierungs-Inzidenzen die Einweisung erfasst, nicht aber zum Beispiel eine baldige Entlassung. Andere Statistiken, wie beispielsweise die Anzahl der freien und belegten Intensivbetten, geben ebenfalls Aufschluss darüber, wie stark das Gesundheitssystem aktuell belastet ist.

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So gibt es dem Register der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) zufolge insgesamt 22.101 Betten auf den Intensivstationen in Deutschland. Aktuell sind 19.574 belegt und 2.527 frei (Stand 9. November 2021). Covid-19-Patienten belegen 2.687 davon.

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Nicht nur die Zahl der Betten kann Aufschluss darüber geben, wann das System an seine Grenzen gerät, sondern auch die des Personals. Viele Pflegekräfte und Ärzte haben inzwischen die Arbeitsstelle gewechselt. Die Folge ist, dass die Betten zwar frei wären, aber nicht versorgt werden können.

Das bedeutet, dass die Aufnahmekapazitäten in den Krankenhäusern viel schneller erschöpft sind. Hinzu kommt, dass vermehrt auch jüngere, meist ungeimpfte Menschen auf den Intensivstationen liegen, die zwar höhere Überlebenschancen als die Älteren haben, die Betten deswegen aber länger belegen.

Todesfälle

Im Zusammenhang mit dem Coronavirus sind bereits 96.963 Menschen im Deutschland gestorben – das sind 236 mehr als am Vortag (Stand 10. November 2021). Die Zahl der gemeldeten Todesfälle ist aber nur bedingt geeignet, um die aktuelle Entwicklung der Corona-Pandemie einzuschätzen. Denn bei einem tödlichen Verlauf von Covid-19 liegen zwischen Infektion und Tod im Mittel zwei Wochen.

Hinzu kommt das Problem mit der richtigen Erfassung: Das RKI etwa macht keinen Unterschied, ob Patienten "mit Covid-19" oder "an Covid-19" sterben. Ob ein Mensch an der durch das Coronavirus verursachten Krankheit gestorben ist oder an einer etwaigen Vorerkrankung, lässt sich oft nicht zweifelsfrei klären – entscheidend für das RKI ist daher der positive PCR-Test.

Mitunter kann es also zu einer Übererfassung der Corona-Todesfälle kommen. Doch auch eine Untererfassung ist möglich: Nicht bei jeder potenziell infizierten, verstorbenen Person wird auch ein Corona-Test durchgeführt. Zudem könnte bei Obduktionen das Virus nicht mehr nachweisbar sein, obwohl der Mensch an der Infektion gestorben ist.

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Und auch an Langzeitfolgen von Covid-19, wie etwa akutem Lungenversagen, versterben Menschen Monate nach der Erkrankung. Sie werden dann aber nicht immer in die Statistik aufgenommen.

Impfquote

Das Bundesgesundheitsministerium meldet täglich die Impfzahlen. Demnach sind inzwischen mindestens 55,9 Millionen Menschen in Deutschland (67,2  Prozent der Gesamtbevölkerung) vollständig gegen Covid-19 geimpft (Stand 9. November 2021). 2,8 Millionen Personen haben zusätzlich eine Auffrischungsimpfung erhalten.

Tatsächlich könnte die Impfquote höher liegen – das hatte eine Umfrage des Robert Koch-Instituts Anfang Oktober nahegelegt. Es sei beispielsweise davon auszugehen, dass Ärzte im Praxisalltag nicht alle Impfungen melden.

Der Anteil der geimpften Personen in der Bevölkerung ist in jedem Fall ein bedeutender Faktor, um das Infektionsgeschehen und seine Auswirkungen auf das Gesundheitssystem einzuordnen. Denn laut RKI steigt der Anteil der geimpften Personen seit Wochen nur langsam.

Und solange etwa ein Drittel der Bevölkerung ungeimpft ist, bedeutet dies, dass sich zwangsläufig immer mehr Personen mit dem Coronavirus infizieren werden. Wer die Ungeimpften sind, lesen Sie hier.

Impfdurchbrüche

Laut dem aktuellen RKI-Wochenbericht vom 4. November wurden insgesamt "145.185 wahrscheinliche Impfdurchbrüche mit Meldedatum seit der 5. KW identifiziert". Das klingt zunächst einmal viel. Doch angesichts der Impfzahlen ist dies keineswegs überraschend.

Das RKI erklärt dazu: "Mit steigender Impfquote sind unter den Erkrankten auch anteilsmäßig immer mehr Geimpfte zu erwarten. Die Anzahl der Impfdurchbrüche ist auch von der Anzahl aktiver Fälle abhängig. Je mehr aktive Fälle es gibt, desto höher die Wahrscheinlichkeit, sich als Geimpfter zu infizieren."

Setzt man die Anzahl der Impfdurchbrüche in Bezug zur Anzahl der Geimpften, ergibt sich folglich eine Quote von nur 0,26 Prozent. Doch auch hier ist von einer noch viel höheren Dunkelziffer auszugehen.

Der Knackpunkt: Impfdurchbrüche, die asymptomatisch verlaufen, fallen meist nicht auf und gehen somit auch nicht in die Statistik ein. "Das große Problem ist, dass sich Geimpfte im Normalfall überhaupt nicht mehr testen lassen", sagte der Bonner Virologe Hendrik Streeck dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Nur bei Symptomen würden Geimpfte noch einen Test machen.

Geimpfte können sich genauso wie Ungeimpfte mit dem Coronavirus infizieren – das geschieht allerdings weniger häufig. Zudem zeigen sie oft keine Symptome und sind vor einem schweren Verlauf geschützt. Dennoch können auch sie weiterhin andere Personen anstecken.

Auf welche Zahlen sollte man also aktuell schauen?

Die Zahl der Neuinfektionen bietet nur eine Orientierung, wo wir gerade in der Pandemie stehen. Die tatsächliche Höhe ist nicht bekannt. Sie bleibt aber genauso wie die Sieben-Tage-Inzidenz ein wichtiger Anhaltspunkt, denn hohe Inzidenzen bedeuten auch mehr schwere Verläufe und Todesfälle. Die Inzidenz läuft also der Belegung in den Krankenhäusern voraus und zeigt so an, wie sich die Hospitalisierungsrate entwickeln wird.

Die Zahl der Covid-Neueinweisungen ist erst etwa drei Wochen im Nachhinein wirklich belastbar. Vorher unterschätzt die Hospitalisierungsrate die Realität. Dennoch ist sie für viele Experten die wichtigste Größe, um das Pandemiegeschehen zu verstehen. Und auch das Infektionsschutzgesetz sieht vor, dass die Hospitalisierungsrate als Messlatte für Beschränkungen herangezogen werden soll. Auch die Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus zeigen den Schweregrad der Pandemie.

Generell bleibt es ratsam, immer mehrere Indikatoren im Blick zu behalten, um die Corona-Lage einzuschätzen. Denn sie bedingen sich untereinander.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) e.V.
  • Nachrichtenagentur dpa
  • rbb: "Was man aus den aktuellen Corona-Zahlen lesen kann – und was nicht", 9. November 2021.
  • Spiegel: "FAQ zu Corona-Daten", 29. Oktober 2021.
  • Eigene Recherche
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