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Impfgegner in der Pflege – "Da herrscht nur noch Widerstand"


Impfgegner in der Pflege
"Da herrscht nur noch Widerstand. Nach dem Motto: Jetzt erst recht"


Aktualisiert am 14.03.2022Lesedauer: 3 Min.
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Eine Pflegerin führt eine gehbehinderte Frau: Pflegende müssen nun ihren Impfstatus melden. (Symbolbild)Vergrößern des Bildes
Eine Pflegerin führt eine gehbehinderte Frau: Pflegende müssen nun ihren Impfstatus melden. (Symbolbild) (Quelle: Sina Schuldt/imago-images-bilder)

Ab morgen gilt die Impfpflicht in der Pflege. Doch wer hat die Pikse schon bekommen und wer nicht? Droht ein Versorgungsengpass in den Heimen, wenn Personal nun ausfällt?

Ab dem 15. März gilt die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht. Beschäftigte im Gesundheitswesen und im Pflegebereich müssen nachweisen, dass sie gegen das Coronavirus geimpft sind.

Doch wie hoch ist die Quote der Impfverweigerer und was droht, wenn diese Personen nicht mehr arbeiten dürfen oder kündigen? t-online fragte die Präsidentin des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe, Christel Bienstein. Ihre Organisation ist zuständig für die Menschen, die über vier Millionen Pflegebedürftige betreuen.

t-online: Frau Bienstein, was passiert am 16. März in den Pflegeeinrichtungen? Ab dem 15. also morgen gilt die Impfpflicht in der Pflege.

Christel Bienstein: Am 16. März übermitteln die Einrichtungen die Daten zu den Pflegenden, die geimpft und ungeimpft sind. Alles Weitere liegt dann bei den Gesundheitsämtern. Die prüfen diese Daten, laden die Ungeimpften eventuell zu einem Gespräch und entscheiden dann weiter.

Das böse Wort Betretungsverbot steht im Raum …

Ja, aber das müssen letztendlich die Gesundheitsämter entscheiden.

Meinen Sie, dass Gespräche mit den Pflegenden, die sich bislang nicht für die Impfung entschieden haben, noch etwas bringen?

Ich vermute, eher nicht. Auch die Vorgesetzten und Kollegen haben mit diesen Kolleginnen und Kollegen schon sehr viele Gespräche geführt. Viele, die auf den Impfstoff Novavax gewartet haben, werden ihn auch nutzen.

Mein Eindruck ist aber, dass bei den dann noch vorhandenen Impfgegnern nur noch Widerstand herrscht. Nach dem Motto: Jetzt erst recht. Dagegen kann man kaum ankommen.

Rechnen Sie denn damit, dass diese Leute dann ausfallen werden, weil sie kündigen? Studien zeigen, dass etwa 15 Prozent der Pflegenden ungeimpft sein könnten.

Ja, diese Zahlen decken sich mit unseren maximalen Ermittlungen, aber ich habe da keine große Sorge, dass die letztlich alle davonlaufen. Es wird eine überschaubare Gruppe sein. In Frankreich hat man gesehen: Letztlich haben 3.000 Menschen ihre Arbeit in der Pflege verlassen.

Eine verkraftbare Zahl?

Natürlich, weil schon vor Corona ein eindeutiger Mangel an Pflegefachpersonal bestand. Die Pandemie machte nun deutlich, dass es so nicht mehr weitergehen kann.

Sie zeigt, dass es schlimmer und weniger verkraftbar ist, wenn das Personal dann auch noch durch immer wiederkehrende Ausbrüche oder das allgemein hohe Infektionsgeschehen in Quarantäne muss. Dann kommt es zu Versorgungsengpässen in den Einrichtungen, aber auch in der ambulanten Pflege.

Prof. Christel Bienstein
Prof. Christel Bienstein (Quelle: Gudrun Arndt)


Prof. Christel Bienstein ist Pflegewissenschaftlerin an der Universität Witten/Herdecke und Präsidentin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK).

Wo ist der Widerstand gegen die Impfung am größten?

Wir sehen, dass in Ostdeutschland da eine höhere Hemmschwelle ist als im Westen. Aber noch ein anderer Faktor zählt hinein: Wir haben immer weniger Pflegefachpersonal, also Menschen mit einer guten Allgemeinbildung oder einer Fähigkeit der anspruchsvollen Ausbildung Rechnung zu tragen.

Hinzu kommen sprachliche und kulturelle Unterschiede durch die Anwerbung ausländischer Hilfskräfte. Diese Personengruppe steht den Impfungen auch skeptisch gegenüber. Der Mangel an Fachpersonal ist letztlich das Ergebnis des jahrzehntelangen Sparkurses in der Pflege.

Gibt es eigentlich auch andere Impfungen, die in der Pflege vorgeschrieben sind?

Nein, es gibt nur empfohlene Impfungen in besonders gefahrengeneigten Bereichen, wie Hepatitis. Aber viele der jetzt Impfunwilligen sind zum Beispiel auch gegen Tetanus oder Polio geimpft.

Und selbst bei Skepsis gegen mRNA-Impfstoffe gibt es ja nun mit Novavax eine Alternative. Aber wie gesagt: Das ist meiner Meinung nach bei einigen eher Trotz, dass sie sich nicht impfen lassen.

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Nun endet meine persönliche Freiheit ja da, wo sie die Freiheit eines anderen einschränkt. Damit wird dieser Trotz auf dem Rücken von Hilflosen ausgetragen, die darauf angewiesen sind, dass die Personen, die sie versorgen, sie nicht gefährden.

Ja, und das steht auch ganz klar in den Richtlinien unseres Ethik-Kodex. Wir haben den Schutz der uns anvertrauten Menschen zu gewährleisten.

Und das heißt ja auch, dass diese Menschen auch psychisch gesund gehalten werden, oder? Es geht hier ja nicht nur um das Risiko einer physischen Erkrankung. Wenn immer wieder Ausbrüche in den Pflegeheimen stattfinden, werden gerade die Alten und Schwachen immer wieder isoliert und haben kaum noch menschlichen Kontakt.

Ja, und das ist grausam. Die Vereinsamung dieser Menschen in den ersten Wellen darf nicht mehr zugelassen werden.

Was ist Ihre Hoffnung?

Ich wünsche mir, dass nach der Impfpflicht für die Mitarbeiter in Gesundheitseinrichtungen auch die allgemeine Impfpflicht kommt. Ich hoffe, dass sie jetzt nicht zerredet wird. Es wird sicher schwieriger, diese bei allgemein niedrigeren Inzidenzen im Sommer durchzusetzen. Aber wir brauchen sie sicher zum Herbst.

Frau Bienstein, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Interview mit Christel Bienstein
  • Eigene Recherche
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