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Zwillings-Transfusionssyndrom: Lebensrettende OP im Mutterleib


Zwillings-Transfusionssyndrom
Lebensrettende Operation im Mutterleib

t-online, tze

10.07.2014Lesedauer: 4 Min.
Im Ultraschall können Ärzte Zwillingsschwangerschaften genau überwachen.Vergrößern des BildesUltraschallbild einer gesunden Zwillingsschwangerschaft. (Quelle: dpa-bilder)
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Eine Operation eines ungeborenen Kindes im Mutterleib - was für Laien nach einer medizinischen Sensation klingt, ist bei einer Reihe von Erkrankungen oder Entwicklungsstörungen ein Routineeingriff, der vielen Kindern das Leben rettet. So auch den Zwillingen Lea und Leila, deren Fall bei "Stern TV" geschildert wurde.

Bis zum fünften Monat war die Zwillingsschwangerschaft normal verlaufen. Dann kam die schlimme Diagnose für Trixi Cajkowksy: Die Ärzte stellten das fetale Zwillings-Transfusionssyndrom fest - Lebensgefahr für die ungeborenen Zwillingsmädchen.

Zwei Kinder hängen an einer Versorgungsstation

Das fetale Zwillings-Transfusionssyndrom ist eine seltene, aber schwerwiegende Komplikation. Sie betrifft lediglich eineiige Zwillinge, die sich eine einzige Plazenta teilen. Sehr häufig bilden sich dann in der Plazenta Verbindungen zwischen Blutgefäßen der beiden Babys. In zehn Prozent dieser Fälle kann es zum Transfusionssyndrom kommen.

Das ist gefährlich, weil dadurch das eine Kind zu wenig und das andere Kind zu viel Blut zugeleitet bekommt. Das unterversorgte Kind kann sich nicht richtig entwickeln und dem überversorgten droht Herzversagen durch die Überlastung des Kreislaufs. Zudem bildet sich übermäßig viel Fruchtwasser. Fast immer kommt es dadurch zu einer Fehlgeburt oder die Kinder sterben in der Gebärmutter.

Letzte Rettung für Lea und Leila

Insbesondere beim fetalen Zwillings-Transfusionssyndrom erweist sich eine Operation im Mutterleib als Segen der Medizin: Ohne Eingriff ist diese Störung für beide Kinder tödlich.

Für Lea und Leila war die OP die einzige Chance. Den Eltern blieben nach der Diagnose nur drei Tage Zeit, um sich auf den Eingriff in der Uniklinik in Hamburg-Eppendorf einzustellen. Dort ist Professor Kurt Hecher Spezialist für die Operation des Zwillings-Transfusionssyndroms.

Bei der endoskopischen Operation wird durch einen winzigen Schnitt in der Bauchdecke eine Sonde eingeführt. Mit einer Minikamera kann der Chirurg die Blutgefäße auf der Plazenta in Augenschein nehmen. Dann verödet er mit einer Laserfaser die die Krankheit versursachenden Blutgefäße auf der Oberfläche des Mutterkuchens. Danach hat jeder Zwilling seinen eigenen, geschlossenen Blutkreislauf und kann sich im besten Fall normal weiterentwickeln.

Außerdem wird überschüssiges Fruchtwasser abgesaugt, was die Schwangere deutlich entlastet und das Risiko einer Frühgeburt mindert.

"Man muss einfach nur in die Gebärmutter hinein"

Operationen im Mutterleib seien längst Routine, bestätigt Professor Thomas Kohl, Leiter des Deutschen Zentrums für Fetalchirurgie (DZFT) in Gießen und einer der führenden Experten auf diesem Gebiet. "Die grundlegenden Schritte sind immer gleich: Man muss in die Gebärmutter hineinkommen. Dann positioniert man ein Röhrchen, dünner als ein Bleistift, durch das per Endoskop operiert wird."

Natürlich muss das Werkzeug des Chirurgen auch die Fruchtblase durchdringen. Meistens sie nach dem Eingriff gar nicht verschlossen werden, weil sie aus zwei aneinander haftenden Hüllen besteht, die sich überlagern.

Jährlich rund 300 OPs an Ungeborenen

Allein am Gießener DZFT werden jährlich 150 bis 160 solcher Operationen vorgenommen, bundesweit seien es rund 300, schätzt Kohl. Die häufigsten Fälle seien das Zwillings-Transfusionssyndrom, eine Zwerchfellhernie, also ein Loch im Zwerchfell des Babys, Harnabflussstörungen und offener Rücken, in der Fachsprache Spina bifida genannt.

OP im Mutterleib ist oft die einzige Chance

Ob ein pränataler Eingriff nötig, sinnvoll und technisch machbar ist, wägen Ärzte sorgfältig ab. Sicher ist: Die Fetalchirurgie verhilft Kindern zum Leben, die sonst wegen Fehlbildungen abgetrieben worden wären oder nach der Geburt sehr schlechte Überlebenschancen hätten. "Bei den meisten Operationen geht es um das Überleben des Kindes. Der Nutzen überwiegt dann bei weitem das Risiko", betont Kohl.

Für die Mutter sei das Risiko minimal. Üblicherweise bekommt sie eine örtliche Betäubung der Bauch- und Gebärmutterwand und spürt nichts vom Eingriff. Nur bei komplizierteren Operationen, beispielsweise am offenen Rücken des Ungeborenen, ist eine Vollnarkose nötig. Nach Kohls Erfahrung treten Blutungen oder Infektionen kaum auf.

Risikofaktor Frühgeburt

Generell besteht ein höheres Risiko für Blasensprung und Frühgeburt - nicht zwingend durch den Eingriff, sondern oft schon aus dem Grund, dass manche Erkrankungen mit einer stark vermehrten Bildung von Fruchtwasser einhergehen. Das ist beispielsweise beim fetalen Zwillings-Transfusionssyndrom oder der Zwerchfellhernie der Fall. Sofern es die Schwere der Erkrankung zulässt, wird die Operation für eine möglichst späte Phase der Schwangerschaft geplant.

Acht von zehn Kindern, die im Mutterleib operiert wurden, kommen nach der 30. Schwangerschaftswoche zur Welt, der größte Teil von ihnen nach der 34. Woche. "In diesem Stadium bereitet die Versorgung von Frühgeborenen keine großen Probleme mehr", sagt Kohl.

Erst Embryos in Lebensgefahr, dann gesunde Zwillinge

Lea, Leila und ihre Mutter haben die Operation ohne Komplikationen überstanden, trotzdem wurden die Zwillinge sieben Wochen vor dem Geburtstermin per Kaiserschnitt geholt. Der Mutter ging es nach den Strapazen und der Sorge um die Babys nicht mehr so gut, was sich auch auf die Ungeborenen auswirkte.

Ein Restrisiko bleibt

Durch den "Siegeszug der Lasertherapie", wie es Experte Kohl nennt, liegt die Chance, dass eines der Kinder überlebt, bei rund 90 Prozent. In 70 Prozent der Fälle können beide gerettet werden.

"Die Kinder, die das überleben, habe eine sehr gute Entwicklungsprognose", sagt Kohl. Hirnschäden, Herzprobleme und Entwicklungsstörungen können allerdings in seltenen Fällen vorkommen. "Der große Vorteil der OP in der Gebärmutter ist, dass sich die Kinder dort wieder gut erholen können", erklärt Hecher.

Lea und Leila treffen ihren Lebensretter

Dass Trixi Cajkowksy schließlich alle zwei Babys im Arm halten konnte, ist trotz aller Operationsroutine ein zweifaches Wunder für die Familie. Drei Jahre nach der Laser-OP im Mutterleib treffen die beiden blonden Zwillingsmädchen gesund und munter im Studio von "Stern-TV" auf Professor Hecher, der in Hamburg-Eppendorf den rettenden Eingriff vornahm. Zuletzt hatte er Leila und Lea durch die Kamerasonde im Mutterleib gesehen.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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