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Verbrenner-Aus bis 2035: Ist das Verbot der richtige Weg? – "Schnapsidee"


EU-Beschluss zum Verbrenner
"Das ist eine Schnapsidee"

  • Theresa Crysmann
  • Florian Schmidt
Pro & KontraVon T. Crysmann und F. Schmidt

Aktualisiert am 15.02.2023Lesedauer: 1 Min.
Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

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Schlange an einer Tankstelle: Die meisten Autos in Deutschland sind Verbrenner. (Quelle: Malte Ossowski/dpa)

Jetzt ist es amtlich: Der Verbrenner steht faktisch vor dem Aus. Ab 2035 dürfen in der EU keine Neuwagen mehr zugelassen werden, die CO2 ausstoßen. Ist das der richtige Weg?

Das EU-Parlament hat neue Regeln für den Autoverkehr beschlossen: Ab 2035 sollen in der EU nur noch Neuwagen verkauft werden, die keine Treibhausgase ausstoßen. Das heißt: Herkömmliche Verbrenner stehen damit vor dem Aus. Eine Ausnahme für den Betrieb mit synthetischen Kraftstoffen, die unter Einsatz von Strom aus CO2 und Wasser hergestellt werden, könnte die EU-Kommission noch prüfen. (Mehr zu synthetischen Kraftstoffen lesen Sie hier.)

t-online diskutiert: Ist das endgültige Aus für den Verbrenner im Jahr 2035 richtig?

Pro
Theresa CrysmannTheresa CrysmannRedakteurin für Nachhaltigkeit

Ja, sonst verheizt die Autoindustrie unsere letzte Chance

Auto ist nicht gleich Auto – auch die EU hat das endlich verstanden und die nötigen Konsequenzen gezogen: In knapp zwölf Jahren ist Schluss mit Verbrennern. Ab 2035 dürfen nur noch emissionsfreie Neuwagen auf die Straße. Gut so, auch für Atemluft und Lärmbelastung – doch die Frist müsste deutlich früher angesetzt werden.

Denn: Allein in Europa ist der Straßenverkehr für etwas mehr als ein Viertel aller Treibhausgase verantwortlich. Hauptschuldige sind Pkw und Motorräder, aus deren Abgasrohren knapp zwei Drittel des klimaschädlichen CO2 strömt. Der Fingerzeig geht hier bewusst auf die Fahrzeuge und nicht auf deren Fahrer – dass wir nicht längst alle sauber durch die Gegend rollen, liegt nämlich einzig an der Autoindustrie.

Bis zuletzt haben Europas Autobauer am Verbrennermotor als Verkaufsschlager festgehalten, mit betrügerischen Methoden die Emissionen kleingerechnet – Stichwort: Dieselgate – und ihre Muskeln in Brüssel und Berlin spielen lassen. Der Markt regelt? Mitnichten.

Als sich das EU-Parlament 2022 erstmals für ein Verbrenner-Verbot aussprach, stellten sich die Lobbyverbände auf die Hinterbeine. Vor dem Votum sollen Abgeordnete massiven Beeinflussungsversuchen ausgesetzt gewesen sein, danach geißelte die Präsidentin des deutschen Autobauerverbands VDA, Hildegard Müller, den Entscheid als technologie- und bürgerfeindlich.

Ehrlicher wäre gewesen, sie hätte "bequemlichkeitsfeindlich" gesagt. Investitionen in die Entwicklung innovativer Antriebe? Nein, danke, die Verbrenner rentieren sich doch so gut.

Geholfen hat all das nicht. Mit letzter Kraft klammern sich die Fahrzeugbauer jetzt an eine mögliche Ausnahme. Könnten Verbrenner auch nach Fristablauf weiterverkauft werden, wenn sie mit emissionsärmeren synthetischen Kraftstoffen laufen? Das ist eine Schnapsidee, der die EU eine klare Absage erteilen muss: Ein E-Auto könnte mit der gleichen Menge Strom 700 Kilometer fahren, mit der synthetischer Kraftstoff für gerade einmal 100 Kilometer Fahrtstrecke hergestellt wird. Zumal gerade grüner Strom dringend gebraucht wird, um die Schwerindustrie klimafreundlich zu machen.

Fakt ist: Es bleiben wenige Jahre, um eine weltweite Klimakatastrophe zu verhindern. Ohne ein gesetzliches Verbrenner-Aus würde die Autoindustrie aber auch diese letzte Chance noch in ihren Motoren verheizen.

Kontra
Florian SchmidtFlorian SchmidtLeiter Hauptstadtbüro

Nein, das kann der Markt besser regeln

Um es gleich vorwegzunehmen: Selbstverständlich muss sich auf der Straße etwas tun. Natürlich müssen die CO2-Emissionen der fast 250 Millionen Autos, die durch Europa fahren, runter. Und ja, bis zu einem gewissen Grad braucht es für mehr Klimaschutz auch Zwang. Denn von selbst, ganz ohne Anreiz, schränkt sich niemand gerne ein.

Ein Verbrenner-Verbot ist trotzdem der falsche Weg. Die EU gibt damit nämlich nicht nur das Ziel (Ende des CO2-Austoßes direkt am Auspuff), sondern zugleich auch noch den Weg vor, den die Industrie dafür einschlagen soll (Elektroantriebe ja, synthetische Kraftstoffe nein).

Auf diese Weise greift die EU stark in den freien Markt ein, genauer: in die Entwicklungsmöglichkeiten der Autobauer. Die Politik diktiert damit, wo's langgeht – und das, obwohl sie selbst gar nicht wissen kann, welche Technologie in zwölf Jahren die vielversprechendste sein wird.

Nach derzeitigem Stand ist das zwar tatsächlich der Elektroantrieb. Was aber, wenn sich synthetische Kraftstoffe in wenigen Jahren doch als die bessere Variante herausstellen, etwa weil der Ausbau des Ladesäulennetzes zu langsam geht?

Das Schlimme daran: Das EU-Parlament handelt gänzlich ohne Not.

Denn eigentlich wissen längst alle, dass es ein viel besseres Instrument gibt, um die CO2-Emissionen effizient zu begrenzen. Würde endlich auch der Verkehrssektor Teil des EU-CO2-Zertifikate-Handels, könnte Brüssel sagen: So viel CO2 dürfen alle Autos dieses Jahr ausstoßen. Wer ein Stück von diesem Schmutz-Kuchen haben will, muss dafür bezahlen – und das bestenfalls nicht zu knapp und von Jahr zu Jahr mehr. Deutschland macht das bereits mit dem CO2-Preis, eine ähnliche Steuer für die gesamte EU soll aber frühestens 2027 in Kraft treten.

Der so immer weiter steigende Preis für Diesel und Benzin würde nach und nach immer mehr Menschen davon abbringen, Verbrenner zu nutzen. Wer wirklich einen Wagen braucht, schafft sich früher oder später ein Auto an, das kein CO2 ausstößt. Die Entscheidung über den klimafreundlichsten Antrieb aber würde dann von Angebot und Nachfrage bestimmt, was in den allermeisten Fällen zum besten Ergebnis führt.

 
 
 
 
 
 
 
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