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Kinderwunsch: Richtungsweisende Entscheidung für künstliche Befruchtung


Nicht nur drei Eizellen
Richtungsweisende Entscheidung für Kinderwunschbehandlungen

Von dpa
05.08.2014Lesedauer: 3 Min.
Künstliche Befruchtung: Für viele Paare die große Hoffnung, den Kinderwunsch doch noch zu erfüllen.Vergrößern des BildesKünstliche Befruchtung: Für viele Paare die große Hoffnung, den Kinderwunsch doch noch zu erfüllen. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Bei der künstlichen Befruchtung lässt die Gesetzeslage in Deutschland mehr Spielraum zu als bisher angenommen. Die Staatsanwaltschaft München I stellte ein Verfahren gegen mehrere Kinderwunsch-Ärzte ein. Sie müssen sich bei künstlichen Befruchtungen nicht an eine starre Beschränkung bei der Zahl der zu befruchtenden Eizellen halten. Was die Entscheidung für die Reproduktionsmedizin in Deutschland und Paare mit Kinderwunsch bedeutet.

Aus ethischen Gründen sollen bei einer Kinderwunschbehandlung keine überzähligen Embryonen entstehen. Das deutsche Embryonenschutzgesetz schreibt vor, dass ein Arzt einer Frau innerhalb eines Zyklus maximal drei Embryonen einpflanzen darf. Mit dieser "Dreierregel" soll das Risiko von Mehrlingsschwangerschaften reduziert werden.

Grauzone der Reproduktionsmedizin in Deutschland

Bei strenger Auslegung folgt daraus, dass auch nur drei Eizellen befruchtet werden dürfen. Aber dies ist keine Garantie dafür, dass sich daraus drei lebensfähige Embryonen entwickeln. Experten gehen davon aus, dass die Erfolgsquote im Durchschnitt nur 20 bis 30 Prozent beträgt, zumal viele Frauen bei der Kinderwunschbehandlung schon deutlich über 30 Jahre alt sind. Deshalb tendieren manche Reproduktionsmediziner dazu, einige Eizellen mehr zu befruchten. Bisher war umstritten, ob diese Praxis, die als "deutscher Mittelweg" bezeichnet wird, rechtlich zulässig ist. Gegen einige Ärzte wurde deswegen bereits ermittelt.

Staatsanwaltschaft argumentiert mit "angemessener Behandlung"

Auch Kinderwunsch-Ärzte aus München hatten bei künstlichen Befruchtungen mehr als drei Eizellen in der Petrischale weiterwachsen lassen und waren deshalb von einem Kollegen aus Österreich angezeigt worden. Die Staatsanwaltschaft München hat das Ermittlungsverfahren gegen sie nun eingestellt. In diesen konkreten Fällen hätten sich die Ärzte nicht strafbar gemacht, hieß es. Der Gesetzgeber beschränke ausdrücklich nur die Zahl der Embryonen, die einer Frau eingepflanzt werden dürfen, nicht aber die Zahl der Eizellen, die befruchtet werden.

"Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft ist nur etwa jede fünfte Befruchtung erfolgreich, wobei dies natürlich von Fall zu Fall unterschiedlich sein kann und nicht exakt im Voraus bestimmt werden kann. Würden von vornherein nur drei Eizellen befruchtet werden, wären die Erfolgschancen derart gering, dass eine angemessene Behandlung nicht mehr möglich wäre", schreibt die Staatsanwältin in ihrer Begründung vom 28. Juli, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt.

Überschüssige Eizellen müssen nicht vernichtet werden

"Damit hat die Staatsanwaltschaft München I endlich Klarheit geschaffen", sagte der Anwalt der betroffenen Arztpraxis und Justiziar des bayerischen Berufsverbandes der Reproduktionsmediziner, Johannes Daunderer. Er hält die Entscheidung für "richtungsweisend" für die generelle Anwendung des "deutschen Mittelweges".

Die Entscheidung bedeutet für die Frauen, dass überzählige Eizellen nicht - wie bisher teils geschehen - vernichtet werden müssen. Stattdessen werden sie konserviert und können für weitere Befruchtungszyklen verwendet werden. Die Frauen haben damit bessere Chancen auf eine Schwangerschaft. Je nach Einzelfall kann ihnen ein erneute aufwendige, teure und belastende Hormonbehandlung samt Eingriff erspart bleiben.

Kein Freibrief für Kinderwunsch-Ärzte

Allerdings sei dies kein Freibrief für Ärzte, bei einer Kinderwunschbehandlung beliebige Mengen von Eizellen zu befruchten, erläutert Daunderer gegenüber t-online.de: "Eine Vorratsbefruchtung ist nicht zulässig." Es gehört zur Verantwortung der Ärzte, eine individuelle und nachvollziehbare Prognose zu erstellen, wie viele Eizellen befruchtet werden müssen, um drei entwicklungsfähige Embryonen zu erhalten. In diese Prognose fließt das "reproduktionsbiologische Potenzial" eines Paares ein, unter anderem das Alter der Frau. "Das können drei sein, oder sechs - unter Umständen sind auch mal 15 nötig", sagt Daunderer.

Der behandelnde Arzt muss also sorgfältig abwägen zwischen dem Schutz von Embryonen einerseits und den Chancen der Frau, schwanger zu werden, ohne sich unnötig häufigen Eingriffen unterziehen zu müssen.

Befruchtete Eizellen konservieren - oder spenden

Doch was geschieht mit befruchteten Eizellen, die nicht benötigt werden? "Das liegt in der Entscheidungshoheit der Frau und des Mannes", erklärt Dauderer. Diese Frage stellt sich aber nicht nur, wenn mehr als drei Eizellen erfolgreich befruchtet wurden, sondern auch dann, wenn eine Frau nur einen Embryo in die Gebärmutter übertragen bekommen will, weil sie keine Mehrlingsschwangerschaft riskieren will oder es aus gesundheitlichen Gründen nicht kann. Dass drei Embryonen auf einmal eingesetzt werden, ist inzwischen die Ausnahme, üblich sind zwei.

Paare müssen entscheiden, ob sie "überschüssige" befruchtete Eizellen vernichten lassen oder für weitere Kinderwunschbehandlungen durch Einfrieren in flüssigem Stickstoff konservieren wollen. Krykokonservierung heißt das Verfahren. Ein dritter Weg ist die so genannte Embryonenspende. Paare können die befruchtete Eizelle, beziehungsweise den Embryo, zur Vermittlung an ein anderes Paar mit unerfülltem Kinderwunsch freigeben. Dies ist legal, so lange dafür kein Geld fließt, also kein Handel getrieben wird. Die Non-Profit-Organisation "Netzwerk Embryonenspende" vermittelt zwischen Spendern und Empfängern.

Konkurrenzkampf der Reproduktionsmediziner

Das Ermittlungsverfahren gegen mehrere deutsche Ärzte war auf Anzeige eines Reproduktionsmediziners aus Österreich eingeleitet worden, der sich wiederum von deutschen Ärzten wegen seiner Behandlungsmethoden verunglimpft sah. Zwischen deutschen und österreichischen Praxen herrscht ein Konkurrenzkampf um die Patientinnen, denn in Deutschland ist der gesetzliche Rahmen künstlicher Befruchtungen enger gefasst als im Nachbarland.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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