Autoclub warnt Käufer ADAC-Test: Sind Autos aus China wirklich ihr Geld wert?

Sie kommen leise, elektrisch – und immer besser: Chinesische Autobauer wie Nio, BYD oder MG wollen den deutschen Markt erobern. Der ADAC hat sie getestet – mit erstaunlichen Ergebnissen, aber auch mit klaren Warnsignalen.
Als 2007 der chinesische Hersteller Brilliance in Deutschland debütierte, war das Desaster perfekt: Die Modelle fielen im Crashtest durch, die Marke verschwand vom Markt. Heute sieht es anders aus. Marken wie BYD, Nio und MG rollen mit Elektroautos auf deutsche Straßen – und schneiden im ADAC-Test besser ab als je zuvor.
Das testet der ADAC
Im ADAC-Autotest werden jährlich über 100 aktuelle Autos auf Umweltfreundlichkeit, Sicherheit, Komfort und Wirtschaftlichkeit geprüft. Dabei werden unter anderem Schadstoffausstoß, Reichweite, Fahrverhalten, Platzangebot und Unterhaltskosten gemessen. Die Ergebnisse fließen in Schulnoten ein.
Oftmals sicher, aber nicht perfekt
Die Zeit der Desaster ist längst vorbei: In Crashtests erhalten aktuelle Modelle regelmäßig Bestnoten. Die chinesischen Hersteller haben bei der Sicherheit und der Akkutechnik enorm aufgeholt. Reichweiten und Verarbeitung sind solide – ein Niveau, das man ihnen vor wenigen Jahren noch nicht zugetraut hätte.
Selbst die Verarbeitung wirkt inzwischen erstaunlich reif – ein Qualitätsniveau, das mancher europäische Hersteller nicht immer erreicht. Auch die Ausstattung ist oft üppig, lange Garantien sollen zusätzlich Vertrauen schaffen.
Besonders Nio glänzt: Vier von sechs getesteten Modellen bekamen im ADAC-Test eine 1 vor dem Komma. Doch die Qualität hat ihren Preis. 50.000 bis 95.000 Euro kosten die Fahrzeuge. Für deutsche Käufer ist das Oberklasse. Hoffnung macht eine geplante günstigere Modellreihe namens Firefly.
Schwachstellen treten dennoch auf, werden aber meist schnell beseitigt: Beim Smart #1 etwa griff das ESP anfangs zu spät ein, wenn das Auto abrupt ausweichen musste. Beim Ora Funky Cat – inzwischen als GWM Ora 03 unterwegs – zeigte sich im Test Funkenflug beim Laden. Beide Schwachstellen wurden nachgebessert. Das ist gut für die Kunden, aber es offenbart auch, dass den Newcomern gelegentlich der letzte Feinschliff fehlt, über den Traditionsmarken längst verfügen.
Assistenzsysteme: Noch zu oft ein Glücksspiel
Daneben deckt der ADAC einige Schwächen auf, die der Autoclub an chinesischen Autos weniger vermutet hätte. Fahrerassistenzsysteme etwa arbeiten oft unzuverlässig. Spurhalter und Abstandsregeltempomaten reagieren verzögert oder ruckelig – und mindern so das Vertrauen. Hier hinken die Chinesen europäischen Herstellern hinterher.
Ein weiteres Manko: die Bedienung. Der ADAC bemängelt zu kleine Schriften, unklare Übersetzungen, Softwarebugs. Schwachpunkte, die überraschen – schließlich gelten chinesische Hersteller in puncto Software als stark. Doch im Alltag nerven solche Details.
Marke | Modell | ADAC-Testnote |
---|---|---|
Aiways | U5 | 2,5 |
U6 | 2,4 | |
BYD | Atto 3 | 2,1 |
Dolphin | 2,3 | |
Seal | 2,0 | |
Seal U | 2,3 | |
Great Wall Motors (GWM) | Ora 3 | 2,2 |
Lynk & Co | 01 | 2,4 |
MG Roewe | Marvel R | 2,4 |
MG 3 | 2,6 | |
MG 4 | 2,2 | |
MG 5 | 2,4 | |
Nio | ET5 | 1,8 |
ET5 Touring | 1,9 | |
EL6 | 2,0 | |
EL7 | 2,0 | |
ET7 | 1,9 | |
EL8 | 1,8 | |
Smart | Smart #1 | 1,9 |
Smart #3 | 1,9 | |
XPeng | G6 | 2,0 |
G9 | 2,1 | |
P7 | 2,2 |
Teils dicht, teils löchrig: Beim Händler- und Werkstattnetz zeigen sich große Unterschiede. MG, BYD und GWM sind gut vertreten, Aiways setzt nur auf Online-Vertrieb und ATU-Partnerschaften. Bei Ersatzteilen berichten Kunden von langen Wartezeiten – ein Risiko für Käufer, wenn Marken scheitern oder den Markt verlassen. Und das ist sehr wahrscheinlich. Denn schon heute stellt eine Untersuchung klar: Bis 2030 werden 90 Prozent der chinesischen Marken wieder verschwunden sein.
Wie kommen die enormen Preisunterschiede zustande?
Das Beispiel Nio zeigt: Nicht immer ist die Alternative aus China wirklich billiger. Oftmals aber doch. Einer der Schlüsselfaktoren ist die Batterieproduktion. China kontrolliert den Großteil der Rohstoffe und der Fertigung, wodurch die Batterien dort deutlich günstiger sind. Diese Einsparungen schlagen sich direkt im Endpreis nieder.
Zudem profitieren die chinesischen Hersteller von erheblichen Subventionen ihrer Regierung, etwa durch günstige Grundstückspreise für neue Fabriken. Dadurch können sie die Produktionskosten weiter senken. Außerdem sind Arbeits- und Energiekosten in China niedriger.
Auf ihrem Heimatmarkt kämpfen chinesische Autobauer hingegen mit harten Wettbewerbsbedingungen und bieten Fahrzeuge fast zum Selbstkostenpreis an. Umso wichtiger ist für sie der europäische Markt, denn hier können sie höhere Margen erzielen und so die Verluste im eigenen Land ausgleichen. Deshalb sind die Autos hier oftmals günstig, aber immer noch teurer als auf dem Heimatmarkt.
Die Zukunft: Große Chancen, große Fragezeichen
Der ADAC sieht deutliche Fortschritte – aber auch Unsicherheiten. Einige Hersteller könnten sich dauerhaft etablieren, andere im harten Wettbewerb scheitern. Unklar ist auch, wie sich die Werte bei Gebrauchtwagen entwickeln. Der ADAC warnt: Wer ein China-Auto kauft, sollte mögliche Restwertverluste einkalkulieren. Oder über Leasing nachdenken.
- adac.de: Chinesische Autos im Test: Wie gut BYD, MG, Nio und Co. wirklich sind
- businessinsider.de: Bis zu 24.000 Euro Unterschied: Warum E-Autos in China so viel günstiger sind als in Europa
- adac.de: ADAC Autotest: Das sind die Testkriterien