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Nico Rosberg und Marco Voigt zum Greentech Festival: "Kein Science Fiction mehr"


Nico Rosberg und Marco Voigt
"Flugtaxis sind keine Science Fiction mehr, das wird schon bald Realität"

InterviewVon Juliane Wellisch

Aktualisiert am 13.09.2020Lesedauer: 7 Min.
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Marco Voigt und Nico Rosberg auf dem Greentech Festival 2019: Auf der Veranstaltung werden unter anderem Innovationen im Bereich Nachhaltigkeit vorgestellt.Vergrößern des Bildes
Marco Voigt und Nico Rosberg auf dem Greentech Festival 2019: Auf der Veranstaltung werden unter anderem Innovationen im Bereich Nachhaltigkeit vorgestellt. (Quelle: Robert Schlesinger/Getty Images for Greentech Festival)

Auf dem Greentech Festival in Berlin werden Innovationen aus dem Bereich Nachhaltigkeit vorgestellt. Mitbegründer Marco Voigt und Nico Rosberg sprechen über nachhaltige Technik und die Corona-Krise.

Um die Klimakrise zu bewältigen, braucht es vieler Maßnahmen – und technischer Innovationen, mit denen sich beispielsweise CO2-Emissionen bei der Energiegewinnung, dem Verkehr oder der Nahrungsmittelproduktion reduzieren lassen. Auf dem Greentech Festival in Berlin werden einige dieser Neuerungen zu sehen sein. Im Gespräch mit t-online erzählen Mitbegründer Marco Voigt und Nico Rosberg, welche Innovationen sie persönlich faszinieren und wie die Corona-Krise ihren Blick auf nachhaltige Politik verändert.

t-online: Das Greentech Festival gibt es seit letztem Jahr. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine Nachhaltigkeitskonferenz zu gründen?

Nico Rosberg: Ich hatte die Ehre, den Greentech Award 2018 im Bereich Entrepreneur of the Year für meine Aktivitäten in der E-Mobilität zu gewinnen. So haben Marco, Sven (Krüger, Co-Founder des Greentech Festivals, Anm.d.Red.) und ich uns kennengelernt und kamen ins Diskutieren. Was wäre, wenn man ein Konzept wie die Formel E, bei der es ja auch stark um neue Technologien geht, neben eine Veranstaltung wie die Technikmesse CES packt – und das Ganze unter die Prämisse der Nachhaltigkeit stellt. Und auf einmal hatten wir hier in Berlin-Tempelhof 35.000 Teilnehmer – nach nur acht Monaten Vorbereitungszeit.

Marco Voigt: Wir wollten natürlich möglichst viele Menschen erreichen – wir wussten allein über das Rennen ziehen wir schon eine Menge an… was wir dann aber im Laufe des ersten Festivals gesehen haben ist, dass wir teilweise ein ganz unterschiedliches Publikum haben, nicht nur Menschen erreichen, die sich für Motorsport interessieren, sondern Leute, die das Thema Nachhaltigkeit hinterfragen. Im Vorfeld haben wir sicherlich nicht mit 35.000 Menschen gerechnet…

Rosberg: Ich schon.

Voigt: Aber Nico ist auch Formel-1-Weltmeister geworden.

Auf dem Festival sind nicht nur Privatleute unterwegs, die sich für die Umwelt interessieren. Zu den Ausstellern und Teilnehmer gehören große Unternehmen und kleine Startups. Die werden sicherlich nicht alle in diesem Jahr die eine große Innovation zur Rettung des Klimas verkünden können?

Rosberg: Oh, es werden schon eine ganze Reihe Innovationen und Neuigkeiten in den nächsten Tagen bekanntgegeben werden. Sundar Pichai, CEO von Google, wird sehr spannende Dinge dazu sagen können, wie ein Mega-Unternehmen wie Google sich zukünftig im Sinne der Nachhaltigkeit verhalten will. Einige Aussteller gerade aus dem Bereich E-Mobilität werden Neuheiten vorstellen. Und letztlich geht es auch darum, die Leute und Unternehmen zu verknüpfen.

Voigt: Es geht ja auch nicht nur um die fertigen technischen Lösungen. Wir sind zum Beispiel seit Jahren mit der Deutschen Bahn im Gespräch und die fragen sich und andere unentwegt: Wie können wir uns in Sachen Nachhaltigkeit noch verbessern? Wo können wir ansetzen? Und auf dem Festival gibt es dann vielleicht ein Startup, das neue Wege der Energiespeicherung vorstellt. Das muss nicht die passende Lösung für die Deutsche Bahn sein, aber daraus erwächst vielleicht eine neue Idee.

35.000 Menschen werden in diesem Jahr nun nicht vor Ort sein. Durch die Corona-Pandemie mussten Sie Ihre Pläne zurückfahren bzw. das Festival neu aufstellen.

Rosberg: Zurückfahren mussten wir zum Glück nicht. Inhaltlich hat sich nichts geändert und gleichzeitig haben wir Maßnahmen getroffen, die uns erlauben, dass wir dennoch eine Live-Veranstaltung im Kraftwerk Berlin haben können. Statt mehrere zehntausend Menschen auf einmal, sind es nun zeitgleich jeweils 750 Teilnehmer, die wir in Rotation auf dem Gelände haben. In gewisser Weise werden sogar mehr Menschen am Festival teilnehmen können – nur eben nicht vor Ort, sondern via Stream aus allen Teilen der Welt.

Voigt: Wenn wir über Nachhaltigkeit reden, stellt sich uns ja ohnehin die Frage, ob wir wollen, dass Menschen aus allen Kontinenten mit dem Flugzeug nach Berlin kommen, um an dem Festival teilzunehmen. Das widerspricht ja dem Gedanken und trägt eher zur Klimakrise bei. Also muss man sich zwangsläufig überlegen, welche anderen Lösungen es gibt. Durch Corona mussten wir jetzt eben das, was wir ohnehin geplant hatten – nämlich eine Verlagerung ins Virtuelle – schneller umsetzen.

Das Greentech Festival findet vom 16. bis 18. September in Berlin statt. Ein Großteil der Veranstaltung, unter anderem die Auftaktveranstaltung am 16. September um 17 Uhr mit Stimmen von Robert Redford, Sting, Jane Goodall, Ursula von der Leyen und weiteren Persönlichkeiten, wird live gestreamt.

Ströer ist einer der Premium-Partner des Greentech Festivals

Der CO2-Abdruck der Veranstaltung dürfte sich dadurch ja auch verbessert haben.

Rosberg: Das ist natürlich ein großes Thema für uns. Wir waren auch schon im letzten Jahr CO2-neutral, das ist uns natürlich sehr wichtig und für die Glaubwürdigkeit unserer Veranstaltung elementar. Dadurch, dass in diesem Jahr ein signifikanter Teil des Festivals online stattfindet, sind wir noch umweltfreundlicher unterwegs als wir es bisher sowieso schon waren.

Welchen Innovationen finden Sie denn persönlich in diesem Jahr spannend?

Voigt: Wie schon erwähnt, gerade bei den Autoherstellern passiert gerade eine Menge. Audi stellt beispielsweise die Produktion auf klimaneutral um. Vor ein paar Jahren wäre das noch undenkbar gewesen und selbst heute ist das noch immer ein unheimlicher Kraftakt. Das finde ich schon beeindruckend. Aber nachhaltige Innovationen ziehen sich durch wirklich jeden Lebensbereich… wir haben Aussteller aus dem Food-Sektor, die zeigen, dass etwa vegane Lebensmittel für jeden etwas sind – und das auch nichts mehr mit Verzicht zu tun hat. Das kommt ja immer wieder in der Debatte auf – müssen wir auf Fleisch verzichten, um das Klima zu retten? Dabei kann man den Spieß auch umdrehen: Warum sollte bei jeder Mahlzeit Fleisch auf meinem Teller landen, wenn es inzwischen tolle Alternativen gibt? Und auch wie wir uns bewegen, wird sich in den nächsten Jahren ändern, Stichwort Volocopter.

Rosberg: Ja, für mich ist es auch das Flugtaxi. Volocopter zum Beispiel wird auf dem Festival ein paar Neuigkeiten verkünden, über die ich noch nichts sagen kann, aber so viel sei verraten: Flugtaxis sind keine Science Fiction mehr, das wird schon bald Realität. Und ja, so etwas begeistert mich.

Sie haben über das Festival Kontakt zu vielen etablierten Unternehmen, die sich neuen Technologien verschrieben haben, aber auch zu vielen kleineren Startups. Befürchten Sie angesichts der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise negative Auswirkungen im Bereich der nachhaltigen Entwicklung?

Voigt: Von Seiten der Aussteller haben wir da zum Glück nicht allzu viel gemerkt. Aber es steht außer Frage: Das ist eine schwierige Situation und jedes Unternehmen muss sehen, wie es mit der Pandemie umgeht. Da wird sicherlich an der einen oder anderen Stelle auch Budget, das zum Beispiel für die Umstellung auf klimafreundliche Prozesse oder nachhaltige Wertschöpfungsketten vorgesehen war, verwendet, um Mitarbeitergehälter zu zahlen. Das ist verständlich, auch wenn eine Entscheidung dann mal auf Kosten der Nachhaltigkeit geht. Andererseits glaube ich, dass mittlerweile fast jeder begriffen hat, dass Nachhaltigkeit nicht nur ein Trend ist, der in ein, zwei Jahren wieder verschwindet. Das wird uns und muss uns weiter begleiten. Deshalb gibt es vielleicht Rückschritte durch die Pandemie, aber das ist kein Abschied von der Nachhaltigkeit, im Gegenteil.

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Dabei wird nun aber ausgerechnet über eine Verbrennerprämie diskutiert… Das ist aus Sicht vieler Klimaschützer schon ein massiver Rückschritt.

Voigt: Aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ergibt das natürlich keinen Sinn. Aber wenn darüber gesprochen wird, wie sich die Mobilität verändern muss, dann haben die Menschen fast immer nur die Städte im Sinn. Viele Menschen auf dem Land sind absolut abhängig von ihren Autos – und ja, das sind in der Regel Verbrenner. Aber nicht jeder hat von jetzt auf gleich so viel Geld auf dem Konto, um sich ein neues Elektroauto zu kaufen. Dann wird der Einkauf oder der Weg zur Arbeit eben mit dem Diesel oder Benziner erledigt. Bei der Prämie jetzt geht es aber um neue Verbrenner, da würde ich mir schon von der Politik mehr Mut wünschen und dass lieber in den Bereich der Infrastruktur, wie es zum Beispiel im Fall von Ladesäulen passiert ist, investiert wird.

Rosberg: Das ist natürlich immer ein Kompromiss. Das Rückgrat unserer Wirtschaft ist unsere Automobilindustrie und diese verdient ihr Geld aktuell überwiegend noch mit Verbrennungsmotoren. Deshalb müssen wir die Industrie unterstützen, aber gleichzeitig vorausschauen, damit wir die Wende zu einer nachhaltigen Mobilität schnellstmöglich verwirklichen. Von außen ist es schwer zu beurteilen, was da gerade der richtige Weg ist. Was wir nicht vergessen dürfen: Gerade in den letzten Monaten gab es eine Reihe politischer Entscheidungen, die die E-Mobilität enorm unterstützen und vorantreiben. Doch erst mal muss die Autoindustrie die Krise überleben.

Beim Interview-Format "Meet my Green +1" des Greentech Festivals auf Youtube (deutsch- und englischsprachig) sprechen wechselnde Gäste über Herausforderungen angesichts der Klimakrise und Möglichkeiten, selbst etwas zu einer grüneren Zukunft beizutragen.

Sie kommen beide aus dem Automobilbereich, Herr Voigt, Sie waren Ingenieur bei Porsche, Herr Rosberg, Sie sind bekanntlich Formel-1-Weltmeister. Wenn wir über die Wende in der Mobilität und der Autoindustrie sprechen – wie hat sich denn Ihr persönlicher Wandel hin zur Nachhaltigkeit vollzogen?

Voigt: Bei mir war es eher Zufall, ich war Ingenieur, dann Mitgründer der Pin AG. Ich habe mich aber in beiden Rollen nicht richtig zuhause gefühlt und habe dann bei einer Unternehmensberatung im Bereich Technologie gearbeitet. Und irgendwann kam mein Chef auf mich zu und erzählte mir von mehreren Anfragen der Grünen zu Elektromobilität. Damals war uns das Wort noch gar nicht wirklich geläufig – das ist etwa zwanzig Jahre her – und plötzlich befasste ich mich mit der Zukunft der Autoindustrie und wie sich diese entwickeln muss. Zu dem Zeitpunkt konnte ich mir noch nicht vorstellen, dass Elektrofahrzeuge bei jemandem irgendeine Emotion auslösen können – geschweige denn Begeisterung hervorrufen, aber ich wurde schnell eines Besseren belehrt.

Rosberg: Bei mir hat es tatsächlich erst nach der Weltmeisterschaft begonnen – davor lag mein Fokus auf meiner Familie und auf dem Gewinnen. Doch danach bin ich durch die Innovationen im Bereich Mobilität nach und nach in das Thema eingestiegen. Und jetzt in meinem zweiten Leben will ich auch noch mehr Sinn in meinem Unternehmertum finden. Vielleicht kann ich damit auch meine beiden Kinder inspirieren – denn für ihre Generation sind die Klimaveränderungen noch bedrohlicher.

Vielen Dank für das Gespräch.

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