Verdacht auf Veruntreuung Auch AfD betroffen – Ermittlungen gegen Rechte im EU-Parlament

Nach Enthüllungen über veruntreute EU-Gelder nahm die EU-Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Rechtsaußenpolitiker auf. Auch die AfD steht im Fokus.
Die Europäische Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen die mittlerweile aufgelöste Rechtsaußen-Fraktion Identität und Demokratie (ID) im Europaparlament eingeleitet. Das bestätigte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Nach Medienberichten verdächtigen Ermittler die ehemalige Fraktion, der auch die AfD angehörte, zwischen 2014 und 2019 EU-Gelder in Höhe von etwa 4,3 Millionen Euro veruntreut zu haben.
Das Geld stammte Recherchen der Wochenzeitung "Die Zeit" und der französischen Tageszeitung "Le Monde" zufolge aus einem Haushaltsposten, aus dem die Fraktionen Dienstleister für ihre Arbeit im Parlament bezahlen sollten. Profitiert haben sollen hingegen "politische Buddys" der ID-Fraktion, wie "Die Zeit" in der vergangenen Woche berichtete. Darunter sollen demnach Unternehmen gewesen sein, die der AfD und der französischen Partei Rassemblement National (RN) nahestanden.

Die ID-Fraktion und ihre Skandale
Politische Gruppierungen mit ähnlichen Zielen schließen sich im Europaparlament länderübergreifend zusammen. In der Fraktion "Identität und Demokratie" waren zwischen 2019 und 2024 Rechtsaußenpartei wie die AfD, die österreichische FPÖ und die französische Rassemblement National versammelt. Neben der Veruntreuung von EU-Geldern machte die Fraktion Schlagzeilen, als ein Vertrauter des deutschen AfD-Abgeordneten Maximilian Krah wegen des Verdachts der China-Spionage aufflog. Nach mehreren Abspaltungen hat sich die Fraktion nach der Europawahl 2024 aufgelöst. Auch t-online hatte über das China-Gate des AfD-Spitzenkandidaten berichtet.
AfD-Unternehmer in Fulda erhielt Auftrag aus Brüssel
Die inzwischen aufgelöste Fraktion steht den Berichten zufolge im Verdacht, die Pflicht zu Ausschreibungen missachtet und befreundete Firmen bezahlt zu haben. So soll eine Medienagentur aus Fulda, deren Besitzer ein AfD-Lokalpolitiker ist, insgesamt 64.000 Euro erhalten haben, ohne dass andere Angebote eingeholt worden seien. Die AfD-Abgeordnete Christine Anderson, deren Website von dem Fuldaer Unternehmen gestaltet wurde, wies die Vorwürfe nach Angaben der "Zeit" zurück.
Deutlich höhere Beträge von insgesamt mehr als drei Millionen Euro sollen den Medienrecherchen zufolge an Unternehmen geflossen sein, welche dem französischen RN nahestehen. Auch in diesen Fällen sei auf Ausschreibungen verzichtet worden, auch seien Beträge ohne erkennbare Gegenleistung gezahlt worden.
Die RN-Fraktionsvorsitzende in der französischen Nationalversammlung, Marine Le Pen, war erst im März gemeinsam mit mehreren weiteren prominenten Parteimitgliedern wegen der Veruntreuung von EU-Geldern in Höhe von 4,5 Millionen Euro verurteilt worden. Die neuen Vorwürfe kamen den Medienberichten zufolge auf, nachdem die ID-Fraktion sich im Juli 2024 aufgelöst hatte und ihre Schlussabrechnung überprüft worden war.
Prüfbericht wird in Kürze vorgelegt
Nach Angaben von "Le Monde" soll der interne Prüfbericht in Kürze an den Parlamentsausschuss zur Haushaltskontrolle gehen. "Die Verwaltung geht davon aus, dass ein Gesamtbetrag von mindestens 4.333.635,78 Euro von der ID-Fraktion unrechtmäßig ausgegeben wurde", heißt es in dem Bericht. Dies könne "Korrekturmaßnahmen" zur Folge haben.
Falls es dazu kommen sollte, müsste zuerst die Rechtsnachfolge der aufgelösten Fraktion geklärt werden. RN-Chef Jordan Bardella argumentierte am Dienstag in Straßburg, es gebe "keine rechtliche Verbindung" zwischen seiner Partei und der ehemaligen Fraktion. Die RN-Abgeordneten – darunter auch Bardella – hatten bis zur Auflösung der ID die größte Delegation in der Fraktion gestellt.
Das Europaparlament teilte mit, es werde "vollständig mit nationalen und europäischen Behörden zusammenarbeiten, wenn es dazu aufgefordert wird".
- Nachrichtenagentur AFP