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Österreich: Heikle Corona-Phase – kippt die Stimmung im Nachbarland?


Hotspot in beliebtem Urlaubsort
Österreich in heikler Corona-Phase – kippt die Stimmung?

Von dpa
28.07.2020Lesedauer: 3 Min.
Wolfgangsee: In Österreich gibt es in St. Wolfgang einen Corona-Hotspot.Vergrößern des BildesWolfgangsee: In Österreich gibt es in St. Wolfgang einen Corona-Hotspot. (Quelle: Volker Preußer/imago-images-bilder)
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Eigentlich hat Österreich ein Programm, das für Sicherheit in der Corona-Krise sorgen soll. Doch aktuell hat Deutschlands Nachbar einen Hotspot in einem beliebten Urlaubsziel. Das Geschäft ist bedroht, Touristen besorgt.

Das könnte noch dramatische Folgen haben. Mitten in der Hochsaison hat sich St. Wolfgang am Wolfgangsee zu einem Corona-Cluster entwickelt. 56 Mitarbeiter, fünf Jugendliche aus der Umgebung und ein Tourist haben sich nach jüngsten Zahlen mit dem Virus angesteckt.

Die Schlagzeilen über die infizierten Saisonkräfte bedrohen das Geschäft im Rest der Saison zumindest in diesem kleinen Ort in Österreich mit seinen 2.700 Gästebetten. Die Entwicklung wirft auch ein Schlaglicht auf eine Strategie, die von der Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) Anfang Juli verkündet worden war: In Österreich sollten sich alle Tourismusmitarbeiter mit Gästekontakt freiwillig fast fortlaufend auf das Coronavirus testen lassen.

150 Millionen für Sicherheit und Corona-Tests

150 Millionen Euro stellt der Bund für die Initiative "Sichere Gastfreundschaft" zur Verfügung. 31.000 Mitarbeiter hätten sich dafür inzwischen angemeldet, hieß es aus dem Tourismusministerium am Dienstag. Die Zahl der Tests sei inzwischen dank zuletzt sehr dynamischer Entwicklung auf nun 20.000 gestiegen. Ursprünglich hatte man auf wöchentlich 65.000 Tests gehofft.

Das "europaweit einzigartige Präventionsprogramm" sollte nicht zuletzt deutsche Urlauber – die wichtigste Gästegruppe – anlocken. Denn im Juni ging die Zahl der Übernachtungen von Deutschen laut Statistik Austria um 65 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zurück. Und jetzt zeigt sich auch noch, dass die Umsetzung des Programms schwieriger ist als gedacht.

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Heikle Phase im Nachbarland

Viele Hoteliers und Gastwirte scheuten bisher das Risiko eines positiven Tests – und seine Folgen. Denn Kontaktpersonen eines Corona-Falls droht eine 14-tägige Quarantäne. "Das hindert die Betriebe massiv daran, an den Testungen teilzunehmen", sagt ein Hotelfachmann aus Oberösterreich der Zeitung "Kurier" (Dienstag). Das könne den ganzen Betrieb lahmlegen.

Die Regelung berücksichtige etwaig getroffene Schutzmaßnahmen wie zum Beispiel eine Plexiglasscheibe an der Rezeption nicht, pflichtet ihm ebenfalls im "Kurier" ein Branchenvertreter aus Tirol bei. "Die Sicherheit steht an erster Stelle. Aber wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben, und brauchen praktikable Lösungen." Er fordert die Möglichkeit, sich aus der Quarantäne freizutesten.

Österreich ist in der Corona-Krise seit wenigen Wochen in einer heiklen Phase. Dank des schnellen Lockdowns wurde die Ausbreitung des Virus im März und April erfolgreich bekämpft, die Wirtschaft konnte meist deutlich früher als anderswo in der EU wieder starten – zunächst ohne negative Folgen auf die Coronazahlen.

Risiskogebiet: Balkan

Doch ein Cluster im Umfeld einer Freikirche im Raum Linz, dem mehr als 200 Infizierte zugeschrieben wurden, deutete Mitte Juli an, dass die Gefahr nicht gebannt war. Rund 1.400 Menschen mussten in Quarantäne. Schulen und Kindergärten wurden vorübergehend geschlossen.

Die eigentliche Sorge der Regierung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gilt aber dem Reisen. Das Land hat engste Verbindungen zum Balkan. In der Alpenrepublik leben 530.000 Menschen mit familiären Wurzeln im ehemaligen Jugoslawien. Viele besuchen im Sommer regelmäßig Verwandte in der alten Heimat.


Der Balkan scheint jedoch inzwischen ein Hoch-Risikogebiet. Franz Allerberger, Leiter des Bereichs Humanmedizin der Agentur für Ernährungssicherheit (Ages) in Wien, geht von einer Durchseuchung von teils 50 Prozent aus.

Wahre Zahlen ums "Zehnfache höher"

Im Gegensatz zu den offiziellen Corona-Zahlen seien die wahren Zahlen wohl "ums Zehnfache höher", sagte er dem Nachrichtenmagazin "Profil". Entsprechend hat Österreich nicht nur die höchste Reisewarnung für die Region ausgesprochen, sondern verlangt verpflichtend einen negativen PCR-Test für Rückkehrer. Eine Durchreise bleibt erlaubt.

Um das Geschehen im Griff zu behalten, soll ab September eine Corona-Ampel auf Bezirksebene für Transparenz sorgen. Im Gegensatz zu Deutschland, wo allein die Infektionszahlen eine Rolle bei der Einschätzung der Gefahr spielen, sollen in Österreich laut Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) vier Kriterien zurate gezogen werden: die Infektionszahlen im jeweiligen Bezirk, die Klinikkapazitäten, das Verhältnis der positiven zu allen Coronatests sowie die Frage, ob alle Infektionscluster zurückverfolgt werden konnten. Je nach Ergebnis soll die Ampel dann nach dem Vorbild der Lawinenwarnstufen auf Grün, Gelb, Orange oder Rot schalten.

Wien und Oberösterreich betroffen

Aktuell sind vor allem Wien und Oberösterreich von der Zunahme der Fälle betroffen. Rund 1.000 der 1.600 Menschen, die derzeit mit dem Virus infiziert sind, leben in diesen beiden Bundesländern. In Tirol gibt es nur 50 Fälle, in Kärnten gerade einmal zwölf.

Wird das ursprüngliche Ziel aller Schritte zum Maßstab genommen, nämlich eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden, ist Österreich noch meilenweit von einem solchen Zustand entfernt. Am Dienstag lagen österreichweit wegen Corona 79 Menschen im Krankenhaus, davon 16 auf der Intensivstation. Die ausgewiesene Bettenkapazität: 10.662 Normalbetten und 785 Intensivbetten.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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