Vertreibung in Bergkarabach 100.000 Menschen weg – Aufnahmen zeigen Geisterstadt
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Stepanakert war die pulsierende Gebietshauptstadt von Bergkarabach. Jetzt ist sie fast menschenleer. Ein Experte berichtet von erschreckenden Szenen vor Ort.
Stepanakert ist verlassen. Seit aserbaidschanisches Militär die Enklave Bergkarabach zurückerobert hat, gibt es für die armenische Bevölkerung nur noch einen Ausweg: die Flucht.
Inzwischen ist der Exodus so gut wie abgeschlossen. In der Gebietshauptstadt ist fast nichts mehr geblieben, erzählt ein Mitarbeiter des Roten Kreuzes, der vor Ort humanitäre Hilfe leistet.
Er berichtet unter anderem von fehlenden Ärzten und Bestattern. Aufnahmen, die im Netz kursieren, bestätigen diesen Eindruck.
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Nur noch wenige hundert Menschen sind hier zurückgeblieben: Stepanakert, die Gebietshauptstadt von Bergkarabach ist zu einer Geisterstadt geworden.
Es sind einige Kranke, Menschen mit Behinderung und Alte geblieben, heißt es. Das zeigen auch diese Aufnahmen: Die Stadt scheint wie leergefegt, zurückgelassene Habseligkeiten und Müll säumen die Straßen.
Marco Succi vom Internationalen Komitee des Roten Kreuzes ist als einer der wenigen Menschen vor Ort, um humanitäre Hilfe zu leisten. Im Videointerview mit der Nachrichtenagentur Reuters erzählt er:
“Die Stadt ist jetzt völlig verlassen. Die Krankenhäuser – von denen es mehrere gibt – sind nicht mehr funktionsfähig, das medizinische und administrative Personal ist weg. Auch die Wasserbehörde hat das Land verlassen. Genauso der Direktor der Leichenhalle. Also die Stakeholder, mit denen wir zuvor zusammengearbeitet haben, sind alle weg. Ich muss sagen, dieses Szenario ist ziemlich surreal.”
Ein Team des Roten Kreuzes läuft jetzt mit Megafonen durch die Geisterstadt und versucht, zurückgebliebene Bewohner ausfindig zu machen, um sie in Sicherheit zu bringen.
Aserbaidschanische Streitkräfte hatten vor zwei Wochen die von ethnischen Armeniern bevölkerte Enklave auf ihrem Territorium erobert. Damit lösten sie die Flucht der Bevölkerung aus.
Die Kinderhilfsorganisation UNICEF geht davon aus, dass in den vergangenen Tagen mehr als 100.000 Menschen von hier aus nach Armenien migriert sind. Darunter auch etwa 30.000 Kinder.
Die Bilder aus der eroberten Enklave und was der Militäreinsatz jetzt für die Bevölkerung heißt, sehen Sie hier oder oben im Video.
- Videomaterial der Nachrichtenagentur Reuters
- Videomaterial über die Plattform X (vormals Twitter)
- Eigene Recherchen