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Donald Trump: Katzen-Geschichte aus dem TV-Duell im Faktencheck


"Sie essen die Haustiere"
Faktencheck: Das passiert wirklich in Springfield


Aktualisiert am 15.09.2024Lesedauer: 4 Min.
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Seine falsche Behauptung, Migranten würden in Ohio Haustiere fangen und essen, ist Donald Trump mächtig um die Ohren geflogen. (Quelle: ASSOCIATED PRESS/dpa-bilder)

"In Springfield essen Einwanderer Haustiere!" Donald Trump hat diesen Satz im TV-Duell mit Kamala Harris beinahe geschrien und nicht nur seine Konkurrentin um die US-Präsidentschaft verblüfft. Was aber steckt hinter dieser Behauptung? Ein Faktencheck.

Es war vielleicht DER Moment der mit Spannung erwarteten TV-Debatte zwischen Donald Trump und Kamala Harris, in der nichts weniger auf dem Spiel stand als die Frage, wer der nächste Präsident der Vereinigten Staaten werden soll. Dass Trump ein ganzes Magazin an Behauptungen abfeuern würde, war erwartbar gewesen. Eine Behauptung aber rief besonders viel Aufsehen und Entrüstung hervor: seine Erzählung, in Springfield im US-Bundesstaat Ohio würden Einwanderer aus Haiti Jagd auf die Haustiere der dort lebenden Amerikaner machen, sie töten und verspeisen.

Woher stammt der Vorwurf? Schon zwei Tage vor dem TV-Duell hatte Trumps designierter Vizepräsident J. D. Vance mit einem entsprechenden Post auf dem Social-Media-Portal X Aufsehen erregt. Vance erinnerte daran, dass er schon vor Monaten darauf aufmerksam gemacht habe, die wachsende Zahl von Einwanderern aus Haiti führe in Springfield zu Engpässen in den sozialen Sicherheitssystemen und zu "Chaos". Nun gebe es sogar Berichte in der Stadt, dass Migranten, "die nicht in unserem Land sein sollten", Haustiere "entführen und essen" würden.

Welche Belege hatte Vance für diese Behauptung? Im Interview mit CNN unmittelbar nach der TV-Debatte blieb der Vizepräsidentschaftskandidat sehr im Ungefähren. Man höre solche Berichte auf den Straßen. Das amerikanische Factchecking-Portal "Snopes" hat als Primärquelle eine anonyme Facebook-Gruppe aus Springfield ausgemacht. In deren Post ist davon die Rede, dass "die Freundin der Tochter eines Nachbarn" ihre Katze vermisst habe und deren Kadaver schließlich im Garten des Hauses nebenan hat hängen sehen, tot und auf einen Zweig gespießt. Der einschlägig als rechtsextrem bekannte X-Account "End Wokeness" mit seinen 2,9 Millionen Followern teilte diesen Facebook-Ausriss und verhalf ihm so zu großer Reichweite.

Recherchen des Rundfunksenders NPR zufolge werden diese und ähnliche Geschichten in Springfield seit Längerem vor allem von rechtsextremen und rassistischen Gruppierungen bei Treffen und öffentlichen Aufmärschen geteilt, mitunter sogar unter Hakenkreuz-Fahnen.

Was sagt die Frau, die den Beitrag schrieb? Eric Lee hatte auf Facebook als eine der Ersten über angebliche Vorfälle geschrieben. Sie war es, die über eine vermisste Katze aus der Nachbarschaft schrieb und dann Aussagen des Nachbarn verbreitete, dass Leute aus Haiti die Katze attackiert haben könnten. Jetzt sagte Lee dem US-Sender NBC News", dass sie "keine Ahnung hatte, dass der Post Teil einer Gerüchteküche" würde und hat ihn auf Facebook gelöscht. "Ich bin keine Rassistin", sagte sie sehr emotional und fügte hinzu, dass ihre Tochter zur Hälfte schwarz ist und sie selbst gemischtrassig und Mitglied der LGBTQ-Gemeinschaft ist. "Jeder scheint das so zu sehen, und das war nicht meine Absicht.

Gibt es behördliche Berichte über derartige Vorfälle? Der Geschäftsführer der Stadtverwaltung von Springfield, Bryan Heck, hat bereits am Montag, dem Tag vor der TV-Debatte, in einem öffentlichen Statement unmissverständlich erklärt, es lägen keinerlei glaubwürdige Berichte darüber vor, dass "Haustieren von Mitgliedern der Haitianischen Gemeinde in der Stadt Schaden zugefügt worden sei, sie verletzt oder anderweitig missbraucht worden seien".

Warum zeigt ein in den sozialen Medien kursierendes Video trotzdem die Festnahme einer Frau, die eine Katze getötet haben soll? In Kreisen und Echokammern, die Trump, Vance und der republikanischen Partei nahestehen, wird tatsächlich ein Videoausschnitt geteilt, der die Geschichte von Haustiere essenden Migranten in Springfield zu stützen scheint: Die Bodycam-Aufnahmen eines Polizisten zeigen die Festnahme einer Frau, die augenscheinlich vor Zeugen eine Katze getötet und gegessen haben soll.

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Das Video wurde ursprünglich auf YouTube hochgeladen, namentlich von einem Kanal namens "Fake News Network". Es war betitelt mit "Haitianische Frau isst die Nachbarskatze in Springfield" und wurde dementsprechend in rechtskonservativen Kreisen weiterverbreitet. Nach Recherchen der "Columbus Dispatch", einer angesehenen Zeitung aus der Hauptstadt des US-Bundesstaates Ohio, wurde es am 16. August aufgenommen und zeigt in der Tat eine Frau, die wegen der Tötung einer Hauskatze von Polizisten festgenommen wird. Tatsächlich aber stammt es aus Canton, einer 70.000-Einwohner-Stadt, etwa zwei Stunden von Springfield entfernt. Die Beschuldigte ist aber keine Einwanderin aus Haiti, sondern die 27-jährige gebürtige US-Amerikanerin Allexis F.

Die Frau soll der Katze den Schädel zertreten und den Kadaver dann zubereitet und verspeist haben. Sie sitzt nach wie vor unter dem Tatvorwurf der Tierquälerei in Canton in Untersuchungshaft. Sie ist mehrfach wegen Diebstahls, Kreditkartenbetrugs und Kindeswohlgefährdung vorbestraft. Ihre Kaution ist auf 100.000 Dollar festgesetzt worden. Sie bestreitet die Vorwürfe nicht, ihr Anwalt plädiert allerdings auf Unzurechnungsfähigkeit.

Was ist mit dem Foto, das einen mutmaßlichen Migranten in Springfield mit einer toten Gans zeigen soll? Die Aufnahme existiert tatsächlich und ist wohl auch authentisch. Auf ihr ist, aus einem Bus heraus fotografiert, ein dunkelhäutiger Mann zu sehen, der einen leblosen großen Wasservogel trägt, vermutlich eine Kanadische Graugans, die unter Naturschutz steht. Ursprünglich wurde das Foto auf Reddit geteilt und fand später seinen Weg in die sozialen Medien, verbreitet vor allem von Pro-Trump-Accounts, unter anderem wiederum von "End Wokeness". Es wurde am 28. Juli aufgenommen – nur nicht in Springfield, sondern 40 Kilometer weiter östlich in Columbus, Ohio.

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Das lokale Nachrichtenportal "Columbus Navigator" hat den Fotografen ausfindig gemacht. Der Mann, der seine Identität nicht preisgeben will, bedauert inzwischen, es je gepostet zu haben: "Ich habe nicht erwartet, dass es solche Wellen schlägt, und ich hatte nie die Absicht, dass es gezielt gegen irgendeine Bevölkerungsgruppe verwendet wird."

Er will den Mann mit der Gans sogar angesprochen haben. Der soll zwar des Englischen nicht mächtig gewesen sein, aber nach Angaben des Zeugen keinesfalls haitianische Wurzeln gehabt haben. Von Mann wie Gans fehlt seitdem jede Spur. Ob sie getötet oder gar gegessen wurde, liegt völlig in Dunklen. Der Fotograf sagt selbst: "Der einzige Mensch, der wirklich weiß, was mit der Gans passiert ist, ist der Kerl, der sie in der Hand hatte."

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