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Aiwanger: "SZ"-Journalist räumt ein – "Haben danebengelegen"


Fall Aiwanger
"Wir haben in der Tonalität danebengelegen"


Aktualisiert am 11.09.2023Lesedauer: 3 Min.
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Hubert Aiwanger hält eine Rede am Keferloher bei München (Archivbild).Vergrößern des Bildes
Hubert Aiwanger hält eine Rede am Keferloher Sonntag bei München (Archivbild). (Quelle: IMAGO/Frank Hoermann / SVEN SIMON)

In der ersten Ausgabe nach der Sommerpause griff Anne Will die Affäre Aiwanger auf. Ein "SZ"-Journalist räumte in einem Punkt Fehler der Berichterstattung ein.

Die politischen Protagonisten sagten zuletzt nichts mehr zu der Affäre um das antisemitische Flugblatt, das in den 1980er Jahren in der Schultasche Hubert Aiwangers gefunden worden war: Auf einer Sondersitzung des bayerischen Landtags am vergangenen Donnerstag äußerten sich weder der Wirtschaftsminister und Freie-Wähler-Chef Aiwanger noch sein Chef, der CSU-Ministerpräsident Markus Söder, zu dem Thema.

Anne Will aber brachte es bei ihrer Rückkehr aus der Sommerpause noch mal aufs Tapet: "Wie groß ist der Schaden für die politische Kultur?", lautete die Leitfrage der Sendung.

Die Gäste

  • Günther Beckstein, ehemaliger bayerischer Ministerpräsident (CSU)
  • Florian Streibl, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im bayerischen Landtag
  • Nicole Deitelhoff, Politikwissenschaftlerin
  • Marina Weisband, Publizistin
  • Roman Deininger, Journalist („Süddeutsche Zeitung“)

Ziemlich groß, ließe sich die Einschätzung der Publizistin Marina Weisband zusammenfassen. Die ehemalige Politikerin der Piratenpartei und heutige Grüne monierte die Unklarheit von Aiwangers Entschuldigung („Ich bereue, wenn ich durch mein Verhalten in der Jugendzeit Gefühle verletzt habe“): "Wofür hat er sich entschuldigt? Er sagt es nicht."

Beckstein zu Aiwangers Entschuldigung: "Herumgeeiere"

Außerdem wies sie auf den Widerspruch zwischen seiner Angabe, der Vorfall sei ein "einschneidendes Erlebnis" für ihn gewesen, und seinen vielen Erinnerungslücken hin. Und sie verurteilte, dass er sich selbst zum Opfer stilisiere, was eine Respektlosigkeit gegenüber den tatsächlichen Opfern der Shoa darstelle. Wobei die Jüdin Weisband nicht fand, dass sich Aiwanger speziell bei jüdischen Gemeinden entschuldigen sollte: "Er sollte sich bei der Allgemeinheit entschuldigen. Antisemitismus ist kein Problem der Juden. Antisemitismus ist ein Problem der deutschen Kultur."

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Das sah Florian Streibl, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im bayerischen Landtag, etwas anders: Man müsse in der Sache schon "mit unseren jüdischen Mitbürgerinnen und -bürgern ins Gespräch kommen", und ja, auch "mit der ganzen Gesellschaft". Der Sohn des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Max Streibl hatte aber auch eine Erklärung dafür parat, warum sein Parteichef sich im Moment so schwer damit tut: Es sei gerade Wahlkampf in Bayern, und "das Bierzelt ist kein Beichtstuhl". Es sei kein Ort, wo "man sich Asche aufs Haupt streut". Die Aufarbeitung müsse "woanders geschehen".

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Schlicht "blöd" nannte der ehemalige bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein das Pamphlet und kritisierte Aiwangers Umgang damit als "nicht vernünftig und professionell". Dessen Entschuldigung sei eher ein "Herumgeeiere". Dennoch sei Markus Söders Handling der Affäre – sowohl die 25 Fragen als auch die Entscheidung, Aiwanger im Amt zu belassen – "genau richtig" gewesen.

Dem stimmte die Politikwissenschaftlerin Nicole Deitelhoff zu: "Aufgrund der Datenlage" sei es "richtig, dass der Mann noch im Amt ist". Wie Marina Weisband sah aber auch sie ein Problem in Aiwangers Versuch, die Affäre in eine mediale Kampagne gegen ihn selbst umzumünzen. Dieses Freund-Feind-Schema sei eine rechtspopulistische Strategie, die das demokratische Miteinander gefährde.

Was ist dran am Vorwurf "Medienkampagne"?

Den Kampagnen-Aspekt wollte Anne Will der Ausgewogenheit halber natürlich ebenfalls beleuchten. Hier gingen die Meinungen der Diskutanten vielleicht am weitesten auseinander, und hier gelang eine über den Fall Aiwanger hinausweisende Analyse populistischer Narrative.

Während sowohl Beckstein als auch Streibl Kritik an der "Süddeutschen Zeitung" übten, die "den ersten Stein geworfen" (Streibl) und "am Anfang nicht seriös" (Beckstein) berichtet habe, verteidigte deren Chefreporter Roman Deininger sein Blatt. Es sei "sauber gearbeitet" und mit "an die 20 Quellen gesprochen" worden, so der Journalist.

Der Fall habe ans Licht gehört, Verdachtsberichterstattung sei "legitim", und der Verdacht, dass Aiwanger als Jugendlicher rechtsextremes Verhalten gezeigt habe, habe sich erhärtet. Dazu müsse sich der 52-jährige Staatsminister verhalten. Nur in einem Punkt wollte Deininger "Demut zeigen": "Wir haben in einem Artikel in der Tonalität daneben gelegen."

Der "SZ"-Mann war sich mit Deitelhoff und Weisband einig, dass Aiwanger nach dem "Spielbuch der Populisten" agiere, indem er sich als "Ein-Mann-Bollwerk gegen den Wandel" inszeniere.

Wie dieses toxische, Donald-Trump-artige 'Wir gegen die'-Politikverständnis durchbrochen werden könnte? Die Geschichte vom "starken Onkel", der es "denen da oben zeigt", sei nun mal sehr wirkungsvoll und emotionalisierend, analysierte Marina Weisband. Dem müssten Demokratinnen und Demokraten wieder leidenschaftlicher entgegentreten. Sie sagte, "wir sind zu sehr ins Verwalten gekommen". Es gelte, den Menschen zu vermitteln: "Unsere Probleme sind so komplex, wir brauchen alle!"

Positiv über demokratische Werte sprechen statt immer nur den Gegner schlechtzureden, forderte sie – dazu wollte auch Florian Streibl nicht nein sagen: "Das hat mir jetzt gut gefallen", erklärte der FW-Politiker in Richtung Marina Weisband.

Verwendete Quellen
  • ARD: "Anne Will" vom 10.09.2023
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