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Kurz-Clan und Reichelt-Boss: Österreichs Ex-Kanzler gewinnt Einfluss


Deutsch-österreichische Geschäfte
Der Kurz-Clan und der Reichelt-Boss

  • Jonas Mueller-Töwe
Von Jonas Mueller-Töwe und Michael Bonvalot

03.08.2025 - 09:41 UhrLesedauer: 4 Min.
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Österreichs Altbundeskanzler Sebastian Kurz (M.) mit Vertrauten: Der Polit-Clan um Kurz ist nun im Geschäft – auch Ex-Finanzminister Gernot Blümel (2.v.r.). (Quelle: photonews.at/Georges Schneider/imago-images-bilder)
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Schleichend gewinnen enge Vertraute des österreichischen Ex-Kanzlers Sebastian Kurz Einfluss auf Geschäfte des Investors hinter dem deutschen Krawallportal "Nius". Dessen Vordenker Julian Reichelt war schon zu "Bild"-Zeiten eng mit Kurz.

Fünf Stockwerke hoch erhebt sich das über hundert Jahre alte Gebäude an der Prachtstraße Wiens. Einst stand hier die Stadtmauer und umfasste die Innenstadt, heute reihen sich monumentale Bauten, berühmte Hotels und teure Büros aneinander. Alle Machtzentren der Alpenrepublik stehen rund um "den Ring", wie die Wiener ihn nennen: das Parlament, das Bundeskanzleramt, die Präsidentschaftskanzlei und viele Ministerien. Und auch eine Büroetage im Prunkgebäude an der Ecke zur Fichtegasse könnte ein kleines Machtzentrum sein.

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Dünne Trennwände zur Politik

Zumindest befürchteten vor einiger Zeit nicht wenige in der ÖVP, sie könne eines werden. Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz hat nach seinem Rücktritt 2021 an der Wiener Nobeladresse versammelt, wer ihm über Jahre die Stange hielt. Und zumindest eine Zeit lang schien nahezuliegen, dass dort die feindliche Übernahme der Partei geplant werden solle.

Doch statt um Österreich soll es dort nun vornehmlich ums Geschäft gehen, um Beratung und Investments des Kurz-Clans. Dabei sind die Trennwände zur Politik und zum Boulevard, der von ihr lebt, allerdings dünn. Derzeit werden sie noch dünner.

Denn Kurz ist nicht nur ein politisches Ausnahmetalent, er hat auch die Fähigkeit, Verbündete zu Freunden zu machen. Fotos von ihm in ausgelassener Runde mit dem heutigen CDU-Fraktionschef Jens Spahn machen seit Jahren die Runde – dieser Männerfreundschaft zugerechnet wurde auch stets der damalige Chef der "Bild"-Zeitung, Julian Reichelt, der beide seit Jahren duzt.

Kurz-Vertraute führt "Nius"

Nun gewinnen laut Informationen von t-online enge Vertraute des österreichischen Altkanzlers zunehmend Einfluss auf die Geschäfte des Multimillionärs hinter dem deutschen Krawallportal "Nius", das Reichelt den Weg zurück ins Mediengeschäft ebnete, und einen strikten Rechtskurs der CDU befeuert.

Frank Gotthardt, der viele Millionen in das Portal steckt und es kontrolliert, hat dabei mittlerweile drei zentrale Entscheiderposten in seinen Unternehmen engen Weggefährten des österreichischen Ex-Kanzlers anvertraut, die bei Kurz an der Fichtegasse in Wien residieren. Das zeigen t-online vorliegende Unterlagen aus den deutschen, österreichischen und italienischen Handelsregistern. Das beschränkt sich nicht nur aufs Mediengeschäft.

Da ist zum einen Gotthardts Österreich-Investment "Express", das sozusagen zum Schwesterportal des deutschen "Nius" umgebaut werden soll.

Einstieg ins Österreich-Geschäft

Das rechte Portal wurde von langjährigen Kurz-Spendern aufgebaut, dem Ehepaar Eva Schütz-Heblinger und Alexander Schütz – nach desaströser Geschäftsentwicklung und sinkender Reichweite 2024 aber binnen eines Jahres fast vollständig an Gotthardt übertragen. Der deutsche Investor hält mittlerweile 75 Prozent der Anteile über sein Medienunternehmen "Vius", das auch "Nius" kontrolliert.

Einher geht das mit einer Personalie, die Gotthardt nah an den Kurz-Clan anbindet: Neue Geschäftsführerin sowohl des "Exxpress" als auch der Vius Management SE ist eine langjährige Vertraute des Ex-Kanzlers. Dieser kennt Vera Regensburger seit gemeinsamen Tagen in der ÖVP-Jugend, in seinem Kanzleramt am Ballhausplatz war sie Abteilungsleiterin für "Politik und Strategie".

Zu Gast bei Freunden

So wurde sie wohl Teil einer im Kurz-Clan ausgeheckten Neuausrichtung der ÖVP nach rechts: Intern "Projekt Ballhausplatz" genannt, sollte die Partei künftig "FPÖ-Themen, aber mit Zukunftsfokus" bedienen, wie das Wochenmagazin "Falter" schließlich aufdeckte. Ziel war offenbar eine rechte Sammelpartei.

Als das Projekt aber scheiterte, Kurz im Korruptionsskandal zurücktreten musste, verließ auch Regensburger die Politik – und ging stattdessen in die Geschäftsführung seines Investmentunternehmens, das Kurz gemeinsam mit seinem ehemaligen Spender Alexander Schütz an der Fichtegasse gründete. Regensburger leitet es noch immer, auch parallel zu ihren Posten bei "Exxpress" und "Nius".

Die Wege werden damit für den Altkanzler Österreichs zunehmend kurz. Immer wieder tauchen seit 2024 exklusive Zitate von ihm im neuen Medium seines Duzfreunds Reichelt auf. Zur US-Wahl war er dort Studiogast. Das ist recht prominenter Besuch für ein Medium, das laut kürzlich von Hackern geleakten Nutzerdaten über kaum mehr als 400 Abonnenten verfügt.

Gemeinsame Visionen

Zum anderen scheint die Österreich-Connection aber auch für Gotthardts eigentliches Geschäftsfeld wichtig zu werden: Der Multimillionär hat sein Vermögen mit der Compugroup Medical (CGM) gemacht, die Software für Arztpraxen, Apotheken und Krankenhäuser bereitstellt. Sie bietet auch elektronische Gesundheitsakten an. Künftig will der Konzern dabei verstärkt auf Künstliche Intelligenz setzen.

Künstliche Intelligenz im Gesundheitssektor ist genau jenes Geschäftsfeld, das auch Kurz für seine Investments in den Blick genommen hat. Da scheint es etwas mehr als zufällig, dass ausgerechnet Gotthardts vermutlich größtes Projekt in dem Bereich in die Bürogemeinschaft des Altkanzlers an der Fichtegasse in Wien führt.

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Dort sitzt nämlich nicht nur Kurz' Weggefährtin Regensburger, sondern auch sein ehemaliger Kabinettschef Bernard Bonelli, mit dem er gemeinsam in Start-ups investiert. Außerdem Elisabeth Köstinger, ehemalige Landwirtschaftsministerin unter Kurz. Und schließlich Gernot Blümel, der ehemalige Finanzminister, der österreichischen Medien wie dem "Standard" erzählt hat, dass seine Geschäfte über das Büro hinaus mit Kurz nichts zu tun haben.

Diese Klarstellung scheint auch erforderlich, denn ausgerechnet dort führt er ein Unternehmen für Gotthardt, das ein KI-Leuchtturm-Projekt in Italien umsetzen soll. In Venedig soll unter Blümels Führung auf einem verfallenen Krankenhausgelände ein Technologiepark für Künstliche Intelligenz im Gesundheitssektor entstehen. Ziel ist ein Trainingszentrum für KI. Beworben wird es mit der Expertise der Compugroup. Ende 2025 sollen die Bauarbeiten beginnen.

Verwendete Quellen

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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