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Susanne Gaschke "bockig"? Björn Engholm tritt nach Rücktritt nach


Nachtritt zum Rücktritt
Björn Engholm bezeichnet Gaschke als bockig

Von dpa, afp, t-online
Aktualisiert am 29.10.2013Lesedauer: 3 Min.
Susanne GaschkeVergrößern des Bildes
Susanne Gaschke konnte nicht gehen, ohne auszuteilen (Quelle: dpa-bilder)
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Ein leiser Abgang ist der zurückgetretenen Kieler Oberbürgermeisterin Susanne Gaschke (SPD) nicht gelungen. Den hatte sie aber offenbar auch nicht im Sinn, was ihr nun Kritik aus den eigenen Reihen einbringt. Der ehemalige schleswig-holsteinische Ministerpräsident und Kanzlerkandidat Björn Engholm tritt nach: Die 46-Jährige habe sich im Laufe der Affäre "bockig" gegeben.

"Es ist respektabel, dass sie diesen Schritt gegangen ist", sagte Engholm der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" und brachte allgemein empfundene Erleichterung über Gaschkes Rücktritt zum Ausdruck: "Das bereinigt die Lage. Die Leute sehen: Da trägt jemand Verantwortung."

Testosteron-Debatte

Viele Genossen hätten sich eine solche Entscheidung jedoch früher gewünscht. Durch ihr Verhalten habe Gascke den Schaden vergrößert, statt eigene Fehler frühzeitig einzuräumen. Im Übrigen sei es falsch, im Moment des Abgangs von Testosteron gesteuerten Typen in der Politik zu sprechen.

Gaschke bekannte sich dazu, in einer Rede den Tränen nahe gewesen zu sein. "Die testosterongesteuerten Politik- und Medientypen, die unseren Politikbetrieb prägen und deuten, fanden, das sei weich", rügte sie.

Zukunft verbaut?

"Ich wage zu bezweifeln, ob es klug ist, so was zu sagen", meinte Engholm, der gescheiterte frühere Hoffnungsträger der SPD. Fast hämisch belehrend ergänzte er: "Ich würde mir mit solchen Äußerungen weitere Engagements in der Zukunft nicht erschweren." Auch die frühere Regierungschefin Heide Simonis (SPD) ist der Meinung, dass Gascke in erster Linie an sich selbst gescheitert sei.

Gascke, die nur elf Monat im Amt war, blieb ihrer Verteidigungsstrategie bis zuletzt treu. Als die SPD-Politikerin ihren Rücktritt verkündete und damit den Schlusspunkt unter die seit Wochen schwelende Steueraffäre setzte, sparte sie nicht mit Vorwürfen und Verdächtigungen. "Hass" sei ihr aus Politik und Medien entgegengeschlagen. Eine Hetzjagd auf ihre Person habe sie in den vergangenen Wochen erlebt, die sie "fassungslos" zurücklasse.

Gaschke sah sich als Opfer

Mit ähnlichen Aussagen hatte sich Kiels scheidendes Stadtoberhaupt im Strudel der Erregung um einen von ihr zu verantwortenden Steuerentscheid schon einmal mächtig Ärger eingehandelt. Da hatte sie ihrem Amtsvorgänger, Schleswig-Holsteins jetzigem Ministerpräsidenten Torsten Albig (SPD), vorgeworfen, sich in das laufende Prüfverfahren der Kommunalaufsicht einzumischen. Sich selbst stellte die Sozialdemokratin als Opfer einer Art Intrige dar.

Das wiederum machte aus dem anfangs eher lokalpolitischen Fall eine auch bundesweit viel beachtete Angelegenheit. Die Reaktion der SPD-Parteispitze war entsprechend frostig, die Opposition eher erfreut. Es wurde einsam um Gaschke, wenngleich sie sich zunächst noch im Amt hielt.

Ermittlungen wegen Untreue

Inzwischen allerdings liegt das Ergebnis der rechtlichen Prüfung ihres Erlasses vor. Er besagt, dass Gaschkes Entscheidung rechtswidrig war. Sie hatte einem Mediziner angeboten, 3,7 Millionen Euro Zinsen und Säumniszuschläge zu erlassen. Dieser sollte im Gegenzug endlich eine 15 Jahre alte Steuerschuld in Höhe von 4,1 Millionen Euro an Gewerbesteuern abstottern.

Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt in dem Fall gegen Gascke wegen des Anfangsverdachts der Untreue in einem besonders schweren Fall. Damit wurde der auf ihr lastende Druck endgültig zu groß, ein Rücktritt war unausweichlich.

Auf die Fachleute verlassen

Auf den Steuerbescheid selbst geht Gaschke bei ihrer Rücktrittserklärung gleichwohl nur relativ kurz ein. Zwar räumt sie ein, dass ihre Entscheidung ein Fehler gewesen sein könne. Aber sie habe sich damals nach gerade sechs Monaten im Amt einfach ganz auf die Einschätzung ihrer Fachleute verlassen: "Mir erschien ihre Argumentation plausibel." Sie will den Eindruck erwecken, in eine Falle gelockt worden zu sein.

Die tiefere Ursache dafür sieht die ehemalige Journalistin in ihrem angeblich neuen Politikstil. Sie habe nicht den "kleinlichsten Interessenausgleich zwischen Mandatsträgern" zum Maßstab genommen. Das aber habe vielen eben nicht gepasst. "Es gab politische Gegenkräfte, die diesen Politikansatz von Anfang an nicht dulden wollten."

Aus Rücksicht auf Gaschke und den anstehenden Neuanfang in Kiel sollten ihre neuen Vorwürfe "unkommentiert" bleiben, forderte SPD-Landesvorsitzender Ralf Stegner vergeblich. Die Sozialdemokraten müssen befürchten, bei der Neuwahl in der Landeshauptstadt ihre Hochburg zu verlieren.

Björn Engholm war von 1988 bis 1993 schleswig-holsteinischer Ministerpräsident. Im Zuge der "Barschel-Affäre" trat er als Landesfürst, SPD-Bundesvorsitzender und Kanzlerkandidat zurück. Später war Engholm unter anderem als Berater beim Energiekonzern "PreußenElektra" tätig und unterstützt den Gedanken einer "Neuen Hanse" im Ostsee-Raum. In seiner Partei ist er nach wie vor aktiv, öffentliche Auftritte und Stellungnahmen sind sehr selten.

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