Vertrauliches Papier Bundesregierung setzt wohl auf die Südkorea-Strategie

Medienberichten zufolge planen Bund und Länder die Tests auf Covid-19 erheblich zu verstärken. Vorbild sei Südkorea. Doch es gibt erhebliche Zweifel an der Strategie: Die sei "undurchführbar".
Im Kampf gegen das Coronavirus setzen Bund und Länder laut Medienberichten auf eine massive Ausweitung der Tests. Nach Informationen von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR dringt das Bundesinnenministerium in einem vertraulichen Strategiepapier auf größtmögliche Erhöhung der Testkapazitäten. Vorbild sei Südkorea.
Den dortigen Behörden war es mit Massentests und der Isolierung von Erkrankten gelungen, die Ausbreitung des neuartigen Erregers stark zu verlangsamen, ohne das öffentliche Leben zum Stillstand zu bringen. Dem "Spiegel" zufolge wird im selben Dokument ein "Worst Case"-Szenario mit wenigen Beschränkungen des öffentlichen Lebens skizziert, in dem die Todeszahlen in Deutschland die Millionengrenze überschreiten.
Kritik: "Corona-Tests wie in Südkorea undurchführbar"
Mit Massentests könnten hingegen die Todeszahlen auf rund 12.000 minimiert werden. Die bei weitem wichtigste Maßnahme gegen das Virus sei den Experten zufolge "das Testen und Isolieren der infizierten Personen", berichtete die "SZ". Getestet werden sollen demnach "sowohl Personen mit Eigenverdacht als auch der gesamte Kreis der Kontaktpersonen von positiv getesteten Personen". Für breit angelegte Tests seien innovative Lösungen erforderlich, heißt es laut "SZ".
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Noch vor wenigen Tagen hatte die Vorsitzende des Bundesverbands der Ärzte und Ärztinnen des öffentlichen Gesundheitsdienstes eine solche Strategie für Deutschland als "undurchführbar" bezeichnet. "Flächendeckende Corona-Tests wie in Südkorea sind in Deutschland undurchführbar", sagte Ute Teichert t-online.de. "Dafür haben wir zu wenig Personal und zu wenig Laborkapazität." Der öffentliche Gesundheitsdienst sei "runtergespart" worden, die Politik habe weggesehen.
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Um das medizinische Personal vor Infizierten zu schützen, sollten Bürgerinnen und Bürger den notwendigen Rachenabstrich selbst erledigen, zum Beispiel in Drive-in- oder Telefonzellen-Teststationen, heißt es nun laut "SZ" in dem Strategiepapier des Bundesinnenministeriums. Um die Suche nach Kontakten von positiv getesteten Personen zu erleichtern, sollten längerfristig computergestützte Lösungen und sogar das Location Tracking von Mobiltelefonen zum Einsatz kommen.
Die Boulevard-Zeitung "Bild" zitierte derweil einen angeblichen Beschluss aus einem internen Protokoll einer Telefonkonferenz zwischen Kanzleramtsminister Helge Braun und den Chefs der Staatskanzleien der Länder. Die Ausweitung der Tests solle durch eine "Hochdurchsatz-Methode" aus der Pharmaforschung oder durch die Nutzung von Laboren aus der Tiermedizin erreicht werden. Weiter hieß es, im Robert Koch-Institut sei eine neue Arbeitsgruppe zur Ausweitung der Testkapazitäten eingerichtet worden.
- Nachrichtenagenturen AFP, dpa
- Süddeutsche Zeitung: "Innenministerium dringt auf massive Ausweitung von Corona-Tests"