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Umfrage: Mehr als jeder zweite Bürgermeister erlebt Hass und Gewalt


Forsa-Umfrage zu bedrohten Lokalpolitikern
Mehr als jeder zweite Bürgermeister erlebt Hass und Gewalt

Von afp, dpa, t-online, bb

29.04.2021Lesedauer: 3 Min.
Rathaus-Schriftzug in DüsseldorfVergrößern des BildesMehr als jeder Zweite betroffen: Gewalt und Hass gegen Bürgermeister in Deutschland. (Quelle: imago-images-bilder)
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Bedrohungen, Beleidigungen und sogar tätliche Angriffe gehören für mehr als die Hälfte der Bürgermeister in Deutschland zum Alltag. Wie schlimm das Problem ist, hängt dabei auch mit der Größe von Städten zusammen.

Schon lange klagen Deutschlands Lokalpolitiker über zunehmenden Hass gegen sie. Nun ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa, deren Ergebnisse t-online vorliegen, dass 57 Prozent der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Deutschland schon einmal beleidigt, bedroht oder sogar tätlich angegriffen worden sind. Damit wurde mehr als jeder zweite Ortsvorsteher schon einmal mit Hass und Gewalt konfrontiert.

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Eine große Mehrheit von 81 Prozent teilt die Einschätzung, dass die Gesellschaft in Deutschland zunehmend verroht und der Umgang untereinander rücksichtsloser wird. Befragt hat Forsa im Auftrag der gemeinnützigen Körber-Stiftung insgesamt 1.641 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im ganzen Bundesgebiet.

Aufhören aus Angst?

Die Bedrohungen haben demnach nicht nur Auswirkungen auf die Betroffenen, sondern auch auf die Demokratie. Der Umfrage zufolge haben 19 Prozent der Teilnehmenden aus Sorge um die eigene Sicherheit oder die der Familie schon einmal darüber nachgedacht, ganz aus der Politik auszusteigen. Mit 68 Prozent gaben über zwei Drittel der Stadtoberhäupter an, als Konsequenz der Bedrohungen ihr Verhalten bereits geändert zu haben. Mehr als ein Drittel verzichtet etwa darauf, soziale Medien zu nutzen. Fast ein Drittel teilte mit, sich seltener zu bestimmten politischen Themen zu äußern, als sie das früher getan haben.

Je größer die Gemeinde, desto häufiger sind die Bedrohungen: Zu den Ergebnissen schreiben die Autoren: "Während in kleineren Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern 52 Prozent bereits Opfer von Beleidigungen oder Übergriffen wurden, steigt der Anteil in Gemeinden und Städten mit 5.000 bis 20.000 Einwohnern auf 64 Prozent und in Städten mit mehr als 20.000 Einwohnern auf 75 Prozent."

Bürgermeister werden auch privat bedrängt

Der Hass und die Gewalt erreichen die Politikerinnen und Politiker auf vielen Wegen: Zu 35 Prozent gehen Bürger sie in sozialen Netzwerken an, zu 39 Prozent in Emails, per Fax oder Brief. Ein Viertel aller Betroffenen berichtete auch von Anfeindungen und Bedrohungen nahestehender Menschen aus dem privaten oder familiären Umfeld. Ein Drittel wurde in direkter Begegnung beleidigt oder bedroht. Von Sachbeschädigungen waren 7 Prozent betroffen. Körperlich bedrängt wurden 5 Prozent.

Nicht nur bei öffentlichen Veranstaltungen oder in ihren Diensträumen werden die betroffenen Bürgermeister Opfer von Hass und Gewalt. Insbesondere in den Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnern erleben sie laut Umfrage überdurchschnittlich häufig sogar Vorfälle, während sie privat unterwegs sind.

Egoismus und Frustration als Motive

Immer wieder waren Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Deutschland in den vergangenen Monaten und Jahren bedroht und verletzt worden, teils auch lebensgefährlich. So hatte ein rechtsextremistischer Täter die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Jahr 2015 bei einem Attentat schwer verletzt.

Laut Forsa-Umfrage nannten die Befragten ideologische Motive zwar vergleichsweise selten, Rechtsextremismus aber mit immerhin 6 Prozent noch am häufigsten. Unzufriedenheit mit der Corona-Politik von Bund oder Land gaben 4 Prozent als möglichen Hintergrund an.

Als Hauptgründe vermuten die deutschen Stadtoberhäupter mit 25 Prozent am häufigsten Egoismus und Anspruchsdenken der Täter. 21 Prozent glauben, dass die Anfeindungen in direktem Zusammenhang mit einer kommunalen Entscheidung standen – wie etwa einer Baumaßnahme, von der Täter betroffen waren, oder die Ablehnung eines Gesuchs oder Antrags. Häufiger nannten sie als Motiv, dass sie den Eindruck haben, Täter seien mit sich selbst unzufrieden (15 Prozent) oder unfähig, andere Sichtweisen zu akzeptieren und Konflikte friedlich auszutragen (15 Prozent).

Neues Portal soll Hilfestellung geben

Auch eine erst kürzlich veröffentlichte Studie der Kriminologin Britta Bannenberg von der Justus-Liebig-Universität Gießen unter hessischen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern hatte gezeigt, dass Aggressionen und Drohungen gegen Politiker oder ihr persönliches Umfeld weit verbreitet sind. In dieser Befragung zeigten sich ebenfalls bereits Auswirkungen auf die Demokratie: Auf die Frage, ob Anfeindungen und Gewaltdrohungen Auswirkungen auf eine erneute Kandidatur haben, hatte mehr als ein Viertel der Befragten mit "Ja" geantwortet.

Um Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern künftig bessere Hilfestellungen bei Bedrohungen geben zu können, startet am Donnerstag die Körber-Stiftung zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden das Onlineportal "Stark im Amt". Schirmherr der Aktion ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung die Webseite www.stark-im-amt.de am 29. April freischaltet.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen AFP, dpa
  • Eigene Recherchen
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