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Arzt kritisierte Spahn: "Skandal" um fehlende Corona-Spritzen? Problem ist anderes


Arzt kritisierte Spahn
"Skandal" um fehlende Spritzen? Das Problem ist ein anderes

  • David Schafbuch
Von David Schafbuch

Aktualisiert am 05.06.2021Lesedauer: 3 Min.
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Ein Helfer zieht in einem Impfzentrum in Niedersachsen eine Biontech-Spritze auf: Mit einer speziellen Spritze lassen sich aus einer Ampulle des Stoffes sieben statt nur sechs Dosen aufziehen.Vergrößern des Bildes
Ein Helfer zieht in einem Impfzentrum in Niedersachsen eine Biontech-Spritze auf: Mit einer speziellen Spritze lassen sich aus einer Ampulle des Stoffes sieben statt nur sechs Dosen aufziehen. (Quelle: Fotostand/imago-images-bilder)

Ein Arzt in einem Impfzentrum beklagt sich über fehlende Spezialspritzen. Sein Vorwurf: Impfstoff wird verschwendet. Industrie und Kollegen können das nicht bestätigen, hadern aber dennoch mit der Politik.

Immer wieder scheint etwas zu fehlen: Waren es zu Beginn der Corona-Pandemie Schutzmasken, folgte darauf der Mangel an Impfstoffen oder Schnelltests. Rolf Mützenich, Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag, nannte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bereits den "Ankündigungsminister", der viel verspricht, aber selten seine eigenen Fristen einhalten kann.

Die Klage von Dr. Jörn Jepsen passte dabei ins Bild: Jepsen ist ärztlicher Leiter der Impfzentren im niedersächsischen Buchholz in der Nordheide und in Winsen. Unzufrieden sei er mit der bisherigen Impfkampagne, verriet er dem "Spiegel". Nach zu wenig bestelltem Impfstoff bahne sich jetzt der nächste "Skandal" an. Sein Impfzentrum könne derzeit keine Spezialspritzen mit feineren Kanülen auftreiben: "Damit könnten wir problemlos aus jeder Ampulle Biontech/Pfizer-Impfstoff sieben statt sechs Impfdosen aufziehen. Warum schafft es das Bundesgesundheitsministerium nicht, dieses einfache Werkzeug zur Verfügung zu stellen?", beschwert sich der Impfarzt.

Lieferfähigkeit "ist gegeben"

Konkret geht es dabei um sogenannte Feindosierungsspritzen: Anders als bei Standardspritzen sorgen sie dafür, dass bei jeder Impfung keine Reste in der Spritze zurückbleiben. Dadurch ist es möglich, aus einer Ampulle des Mittels von Biontech/Pfizer sieben statt sechs Spritzen aufzuziehen. Beim Hersteller Astrazeneca lässt sich nach der zehnten auch eine elfte Dosis verimpfen.

Droht Deutschland also der nächste Engpass und wird gar wertvoller Impfstoff verschwendet?

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Ein Produktionsproblem gibt es laut den Herstellern nicht. "Die Lieferfähigkeit von Spritzen und Kanülen ist derzeit gegeben", sagte Manfred Beeres, Sprecher des Bundesverbandes für Medizintechnologie, t-online. Nach seinen Informationen bemühe sich etwa der größte deutsche Hersteller, der Pharmakonzern B. Braun Melsungen, gerade darum seine Kapazitäten zu vergrößern, um noch mehr Spritzen zu produzieren.

Wirrwarr an Regeln

Dass es Schwierigkeiten gibt, verneint Beeres aber nicht. Er spricht von einem "Verteilungsproblem". Die Bestellungen müssen etwa "im Rahmen der Impfkampagne durch die Länder intelligent gesteuert werden". Stellenweise komme es aber zu "unkoordinierten Mehrfachbestellungen", was den Herstellern Probleme bereite.

Sind die Bundesländer also nicht in der Lage, die Spezialspritzen sinnvoll zu verteilen? Hier wird es kompliziert: Denn offiziell ist von der europäischen Arzneimittelagentur Ema weder eine elfte Dosis Astrazeneca noch eine siebte Dosis Biontech überhaupt zugelassen.

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Das Bundesgesundheitsministerium sieht es anders, bleibt aber schwammig: Grundsätzlich sei die Entnahme der zusätzlichen Impfdosen "gesetzlich nicht verboten, erfordert aber auf Seiten der Anwender eine besondere Umsicht und Sorgfalt", teilt das Gesundheitsministerium t-online mit. Die sichere Entnahme der Impfdosen liege zudem grundsätzlich in der Verantwortung des medizinischen Personals. Von Engpässen in den Impfzentren will das Ministerium aber nichts wissen und verweist auf die Länder.

Impfen auf eigene Verantwortung

Die haben aufgrund der unklaren Vorgaben ihre eigenen Regeln für die Impfreste gemacht: Rheinland-Pfalz etwa erlaubt das Verimpfen der siebten Dosis genauso wie Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen. Hamburg scheut sich dagegen, eine Empfehlung auszusprechen. Deshalb verzichten die Impfzentren darauf, die Hausärzte impfen dort auf eigene Verantwortung.

So verfährt auch Wolfgang Kreischer: Er verimpft mit den Spezialspritzen alle Reste an seine Patienten. "Wenn ich nicht einiges auf die eigene Kappe nehmen würde, würde beim Impfen überhaupt nichts funktionieren", sagte der Allgemeinmediziner und Vorsitzende des Hausärzteverbandes Berlin-Brandenburg t-online.

In seiner Praxis seien noch ausreichend Feindosierungsspritzen vorhanden, Kreischer habe schon vor Beginn der Kampagne größere Mengen bestellt. Ähnlich seien viele seiner Kollegen vorgegangen, von Engpässen habe er bisher in den beiden Bundesländern nichts gehört. Zudem seien Insulinspritzen für Diabetiker für die Impfungen genauso geeignet. Kreischer bemängelt dementsprechend nicht eine Materialknappheit, sondern fehlende Vorgaben aus der Politik: "Es zeigt, dass in Deutschland wieder nichts richtig geplant wurde."

Verwendete Quellen
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