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Berlin: Der russische Diplomat, der aus dem Fenster der Botschaft fiel


Spionage in Berlin
Der Diplomat, der aus der russischen Botschaft fiel

  • Jonas Mueller-Töwe
Von Jonas Mueller-Töwe

Aktualisiert am 09.11.2021Lesedauer: 3 Min.
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Kirill Z. bei einem Kulturtermin in Berlin Anfang Juni: Es ist eine der wenigen Spuren, die er im Internet hinterlassen hat.Vergrößern des Bildes
Kirill Z. bei einem Kulturtermin in Berlin Anfang Juni: Es ist eine der wenigen Spuren, die er im Internet hinterlassen hat. (Quelle: Bundesregierung/Freie Waldorfschule Berlin Mitte)

Arbeitete der Diplomat Kirill Z. für den russischen Geheimdienst FSB? Nach dem Tod des Russen in Berlin bleiben viele Fragen unbeantwortet. Die Botschaft jedoch gilt seit Langem als Spionagenest.

Das Leben von Kirill Z. hat wenige Spuren im Internet hinterlassen, nichts was man von einem jungen Mann Mitte 30 in seiner Position erwarten würde. Es gibt keine Partyfotos auf Seiten von Freunden, keine Abschlussarbeit von der Universität, keine Bilder von offiziellen Terminen, keine Mitteilung darüber, dass er seinen diplomatischen Dienst für Russland angetreten hat. Nur ein Bild zeigt den Mann, der Mitte Oktober aus einem Fenster der Botschaft in Berlin stürzte und starb.

Der "Kulturattaché" mit der Ledertasche

Es stammt aus dem Juni dieses Jahres, gemacht hat es die Sprecherin einer Schule bei einem gemeinsamen Termin mit dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung. Damals wurde ein Park eingeweiht und Kirill Z. schaut, als wäre er etwas unvorbereitet auf das Foto geraten. Die Pressemitteilung bezeichnet ihn als "Kulturattaché", eine Liste des Auswärtigen Amts als "Zweiten Botschaftssekretär".

Mittlerweile hat die russische Botschaft bestätigt, dass einer ihrer Diplomaten am 19. Oktober in Berlin starb. Da hatten der "Spiegel", das Enthüllungsportal "Bellingcat" und das russische Investigativmedium "The Insider" den Vorfall bereits öffentlich gemacht, den Polizei und Staatsanwaltschaft bis dahin verschwiegen hatten. Demnach hatte der Objektschutz der Polizei den Mann an jenem Morgen gegen 7.20 Uhr auf dem Bürgersteig der Behrensstraße gefunden. Offenbar war er aus einem der oberen Stockwerke gestürzt.

Geheimdienstler nutzen Diplomatenstatus aus

Ein Todesermittlungsverfahren sei aber nicht durchgeführt worden – schließlich habe der Mann Diplomatenstatus besessen. Die Botschaft habe einer Obduktion nicht zugestimmt. Ob sein Tod also fremdverschuldet gewesen sei, habe nicht geklärt werden können, berichtete der "Spiegel". Die Botschaft bestätigte anschließend, dass Z.s Leichnam nach Russland überführt worden sei. Spekulationen in den Medien darüber seien "absolut unzutreffend".

Denn für Aufsehen hatten bis dahin nicht nur die Umstände seines Todes gesorgt, sondern auch die Berichte über Z.s mögliche Tätigkeit für den russischen Geheimdienst FSB. Es ist kein besonders gut gehütetes Geheimnis, dass viele der für Russland akkreditierten Diplomaten in Deutschland Spione sind. Der Verfassungsschutz berichtet regelmäßig davon, dass russische Spionageaktivitäten "in erster Linie" von den Botschaften und Konsulaten ausgehen, wo die Mitarbeiter der Nachrichtendienste ihren Diplomatenstatus ausnutzen, um sich vor Strafverfolgung zu schützen.

Botschaftsrat, Botschaftssekretär, Kulturattaché – das galt schon zu Zeiten des Kalten Kriegs als Synonym für Geheimdienst. Damals achtete die deutsche Spionageabwehr besonders darauf, wer in den Botschaften ein- und ausging, wer für sein Alter unüblich hohe Positionen innehatte, wer übermäßig oder zu wenig qualifiziert schien für seine Position, wer sich besonders um Kontakte zu Deutschen bemühte, wer häufig zurück nach Moskau reiste oder besonders darauf bedacht war, möglicher Überwachung zu entgehen.

Z. allerdings hatte laut "Bellingcat" und "The Insider" neben seiner verdächtigen Position an der Botschaft auch familiäre Beziehungen in den FSB: Demnach sei sein Vater Alexey Z., und der leite die Abteilung des FSB, die für Morde und Mordversuche an Oppositionellen und Journalisten im In- und Ausland verantwortlich gemacht wird. Auch der mutmaßliche Attentäter vom Berliner Tiergarten habe in engem Kontakt zu Z.s Untergebenen gestanden.

Steht der Sturz seines Sohns aus einem Fenster der Botschaft in Berlin damit in Zusammenhang? Darüber können Medien derzeit nur spekulieren. Ein Verfahren in Deutschland zu den Umständen seines Todes gibt es schließlich nicht. In Russland sind die Chancen auf Aufklärung noch geringer. Die Botschaft nannte den Tod einen "tragischen Unfall".

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